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Räumliches Planen an den Rändern der Hauptstadt

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An den Rändern der deutschen Hauptstadt
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Zusammenfassung

Im Zuge metropolitaner Verflechtungs- und Suburbanisierungsprozesse erhöhen sich drastisch die Schwierigkeiten, die planerischen Kernaufgaben zu bewältigen — d. h. Nutzungsansprüche zu kanalisieren und Interessenkonflikte zu regeln. Die Steuerung der Entwicklungen an den Rändern der großen Städte (die dem Primat der Nachhaltigkeit systematisch zu widersprechen scheinen) gehört daher zu den exponiertesten, aber auch prekärsten Problemen der räumlichen Planung: Einerseits ist die Notwendigkeit planerischer Intervention weithin unstrittig, andererseits erweist sich die strukturelle Machtlosigkeit der Planungsinstanzen insbesondere an den Stadträndern - und die räumliche Planung wird typischerweise gerade bezüglich einer Regulierung der Inanspruchnahme von Flächen, die außerhalb bestehender Siedlungsbereiche (im städtischen Umland) liegen, der Wirkungslosigkeit geziehen. Dennoch dürfte unstrittig sein, dass es für die künftige Gestalt städtischer Peripherien nicht bedeutungslos ist, mit welchen Zielen und mit welchem Erfolg Verflechtungs- und Suburbanisierungsprozesse planerisch begleitet werden. Zwar ist es mit den Instrumenten der räumlichen Planung nur bedingt möglich, derartige Prozesse aufzuhalten oder in eine ganz neue Richtung zu lenken. Gleichwohl lassen sich mit ihrer Hilfe Rahmenbedingungen formulieren, die bei der Nutzung räumlicher Ressourcen nicht vollständig ignoriert werden können (vgl. z.B. Hatzfeld / Roters 1998). Große Bedeutung kommt dabei gerade auch dem Planungsgeschehen aufkommunaler Ebene zu (vgl. schon Boustedt 1978: 82f).

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Literatur

  1. Der vorliegende Beitrag stützt sich auf Fallanalysen (einzelner Planungsvorgänge und einzelner Planungsakteure) und dokumentiert damit eine Untersuchungsanlage, die sich von der der meisten ‘policy-Analysen ‘deutlich unterscheidet. Gerade weil sich das Planungsgeschehen an den Rändern der Hauptstadt unter besonderen Voraussetzungen vollzieht und daher nicht zuletzt auch überraschende Elemente birgt, erscheint jedoch ein fallanalytisches Vorgehen als das für seine Untersuchung geeignetste.

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  2. Die folgenden Ausführungen beruhen auf einer umfangreichen Sammlung und Analyse von empirischen Daten und Materialien ganz unterschiedlicher Provenienz: 1) Für die Gemeinden Otterstedt und Grünow wurde jeweils eine detaillierte ‘Planungs-und Konfliktanalyse ‘für die Zeit nach 1989 durchgeführt (Jäger 1997 bzw. Karl/Nothacker 1997). Diese Analysen verfolgten das Ziel, die Grundzüge der eingeschlagenen Richtungen der kommunalen Entwicklung zu charakterisieren, die wichtigsten Akteure und Interessengruppen innerhalb des jeweiligen Gemeindemilieus zu bestimmen und dann vor allem die für die weitere Entwicklung zentralen Probleme und Reibungsflächen zu identifizieren. Sie stützten sich ihrerseits auf vier Quellen: — erstens auf die (im Untersuchungszeitraum jeweils aktuellsten) Entwürfe und Endfassungen von Flächennutzungsplänen sowie von einzelnen Bebauungspläne der beiden Gemeinden,-zweitens auf in den Amtsblättern wiedergegebene Sitzungsprotokolle der Gemeindevertreterversammlungen von Otterstedt und Grünow,-drittens auf mehrere Interviews, die mit kommunalen Funktionsträgerinnen und Funktionsträgern sowie mit Vertreterinnen und Vertretern der Landes-und der Regionalplanung geführt wurden, sowie-viertens auf den Schriftwechsel zwischen Gemeinden und der von den Ländern Berlin und Brandenburg für die Koordination der überkommunalen Planung geschaffenen Behörde. 2) Unabhängig von den ‘Planungs-und Konfliktanalysen ‘wurden mehrere Interviews mit Personen geführt, die die Gemeindeentwicklung von Otterstedt oder von Grünow an zentraler Position mit steuern — in der planenden Verwaltung, in freien Planungsbüros, in Entwicklungsgesellschaften oder in der Kommunalpolitik. 3) Schließlich wurde auf ein kleines Pressearchiv zu den räumlichen Entwicklungen an den Rändern der Hauptstadt und ihrer politischen und planerischen Bewältigung zurückgegriffen, das für Projektzwecke angelegt wurde.

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  3. Bemerkenswert ist übrigens, dass andernorts dominierende Konflikte, die mit den Emissionen ansässiger oder ansiedlungswilligen Wirtschaftsunternehmen zusammenhängen, rund um Berlin — zumindest bislang — offensichtlich eine untergeordnete Rolle spielen.

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  4. Die große Bedeutung, die auf der Ebene der Planungsverfahren anzusiedelnde Konflikte im Planungsgeschehen im Verflechtungsraum von Berlin mit Brandenburg faktisch spielen, spiegelt auch die in der jüngeren planungstheoretischen Literatur hervorgehobene Relevanz (vgl. insbes. Seile 1996) wider, die soziale Intermediärstrukturen für die konkrete Gestalt von Planungsprozessen innehaben.

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  5. Anhand zweier, rund um Berlin vielerorts ‘prominenter ‘Planungsprobleme, anhand der ‘Nachverdichtungsfrage ‘und anhand der mit der suburbanen Ansiedlung eines Industriebetriebes verbundenen Schwierigkeiten, wird auch in zwei anderen Beiträgen dieses Bandes (vgl. II.5, VI.2) thematisch, durch welche Besonderheiten sich das Planungsgeschehen an den Rändern der Hauptstadt auszeichnen (kann).

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  6. Eine Planungskonflikte und Friktionen verschärfende Besonderheit besteht im Fall Otterstedt darin, dass der erste ‘Nachwende-Bürgermeister ‘König offenbar hart an der Grenze der Legalität operierte und dafür sorgte, dass Entscheidungsstrukturen intransparent blieben. Nicht zuletzt dank Königs Aktivitäten verfügt die Gemeinde Otterstedt heute zwar über eines der florierendsten Gewerbegebiete Brandenburgs, ist aber auch hoch verschuldet und leidet noch immer unter finanziellen Verpflichtungen, die König oft eigenmächtig und — dieser Verdacht steht im Raum — nicht ganz uneigennützig einging (vgl. Karl in diesem Band). Vor allem aber wurde Otterstedt damit langfristig auf eine expansive Entwicklungsstrategie festgelegt, die auf zunehmenden Widerstand stößt und zudem längst auch aus „übergeordneten“ Gründen (Flughafenausbau) illusionär geworden ist (vgl. V.1)

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  7. Seit seiner ersten Formulierung sieht sich das Leitbild der ‘Dezentralen Konzentration ‘dem stellenweise nicht nur von einzelnen expansionswilligen Gemeinden recht heftig vorgebrachten Vorwurf ausgesetzt, unrealistisch zu sein und durch die ‘Ü ber-‘Betonung des Ausgleichsziels die Entwicklung des Landes Brandenburg insgesamt zu gefährden (von Einem 1993), wobei die Front — grob gesprochen-zwischen den ‘Idealisten ‘und den ‘Pragmatikern ‘in Planung und Politik verläuft. Im Zuge der Mitte der neunziger Jahre geführten ‘Fusionsdebatte ‘hat dieser Vorwurf neue Nahrung erhalten. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass zu Beginn der neunziger Jahre, als es tatsächlich in größerem Umfang Investitionsinteressen rund um Berlin zu ‘verteilen ‘gab, die Absicht einer ‘Dezentralisierung ‘von Potentialen im Land Brandenburg fast gar keine Entscheidungswirksamkeit zu erlangen vermochte, geht der Vorwurf, mit der politisch-planerischen Fixierung dieser Absicht werde rund um Berlin eine ‘Verhinderungspolitik ‘initiiert (indem sich die einzelnen Entscheidungsträgerinnen und-träger zur Verfolgung dieser Absicht genötigt sehen), legitimiert und zementiert, weitgehend an der Realität vorbei.

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  8. Als Teilprodukt der Brandenburgischen Landesplanung, (das gemeinsam mit dem Land Berlin in Auftrag gegeben und abgestimmt wurde und) das das gesamte Berliner Stadtgebiet mit einbezieht, kommt dem Landesentwicklungsplan für den engeren Verflechtungsraum (LEP e. V.) besondere Bedeutung für die in unmittelbarer Nähe zu Berlin gelegenen Gemeinden zu. Obwohl der Ebene der Landesplanung zuzurechnen, trifft der LEP e. V. ‘regionalplanmaßstäbliche ‘Aussagen. Für die kommunale Entwicklungsplanung an den Rändern der Hauptstadt sind dabei vor allem zwei Typen von Aussagen des LEP e. V. wichtig: Zum einen werden potentielle Siedlungsbereiche (die z.T. auch Teilflächen der Berliner Randbezirke einschließen) bestimmt, in denen die suburbane Entwicklungsdynamik gebündelt werden soll. Zum anderen werden drei Typen von Gemeinden nach ihren jeweiligen Wachstumshorizonten unterschieden („Typ-I,-II-und-III-Gemeinden“). Die Zuordnung aller Gemeinden des engeren Verflechtungsraums zu einem dieser Typen wird der späteren Regionalplanung vorbehalten, die sich allerdings an den Aussagen des LEP e. V orientieren muss — das heißt, die Typ-I-Gemeinden, für die als Orientierungswert von einem 50-prozentigem Bevölkerungswachstum bis 2010 ausgegangen wird, dürfen sich nur in Ausnahmefällen nicht mit den potentiellen Siedlungsbereichen decken. (Weder Otterstedt noch Grünow sind im LEP e. V einem potentiellen Siedlungsbereich zugeordnet; beide Gemeinden werden als Typ-II-Gemeinden eingestuft.)

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  9. Aus Gründen der Anonymisierung wird die institutionelle Struktur des ‘Planungssystems ‘in Brandenburg (und Berlin) leicht verfremdet dargestellt. Die beschriebenen Aufgaben, Befugnisse und Interessen der einzelnen planenden Stellen entsprechen jedoch weitestgehend der Realität.

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  10. In welcher Form und in welcher Schärfe die Auseinandersetzungen um das künftige Wachstum einzelner Kommunen im Berlin-Brandenburgischen Verflechtungsraum geführt werden, steht freilich nicht von vornherein fest. So wird — wie im nächsten Abschnitt noch näher ausgeführt — die planerische Konstellation im Fall von Otterstedt dadurch noch zugespitzt, dass das zuständige Referat der Landesplanungsabteilung seine Aufgaben mit großem Engagement wahrnimmt und vehement versucht, zu einer stringenten planerischen Konzeption für einen großen Brandenburgischen Teilraum zu gelangen.

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  11. Zitate aus dem Otterstedt betreffenden Planwerk der Landesplanungsabteilung werden im folgenden aus Anonymisierungsgründen ohne Quellenangabe wiedergegeben.

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  12. Drastische Zielkonflikte zwischen landes-und regionalplanerischen Vorgaben auf der einen Seite und kommunalen Planungen, für die längst ein Aufstellungsbeschluss vorliegt, auf der anderen Seite sind an den Rändern der Hauptstadt nichts Außergewöhnliches. Dabei wirkt sich im Fall von Otterstedt derzeit ein besonderer Umstand sogar noch mäßigend aus: Aufgrund eines das Gemeindeterritorium betreffenden Raumordungsverfahrens dürfen alle Otterstedter Planungsprojekte auf unbestimmbare Zeit keine landes-und regionalplanerische Zustimmung erwarten. Anders in Grünow, wo eine expansive kommunale Entwicklungsstrategie bereits weitgehend planungsrechtlich petrifiziert ist: Als äußerst begehrtes Ziel der Wohnsuburbanisierung, aber auch von wohlhabenderen Zuzüglerinnen und Zuzüglern in die Region Berlin/Brandenburg entschied sich die Gemeinde Grünow bald nach der ‘Wende ‘für eine expansiv ausgerichtete kommunale Planungsstrategie. Das Hauptaugenmerk der Grünower Bauleitplanung gilt dabei der Verdichtung der bestehenden, zum Teil sehr dünn bebauten Siedlungsbereiche. Hintergrund für diese Strategie ist nicht zuletzt das weitgehende Fehlen von Entwicklungsoptionen im Außenbereich. (Schon die einzige größere Siedlungserweiterung Grünows musste in einem vorher bewaldeten Landschaftsschutzbereich erfolgen und konnte nur deshalb zur Genehmigungsreife geführt werden, weil dort Ersatzwohnraum für restitutionsbetroffene Grünower Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden sollte.) So wurde für fast alle der Siedlungsbereiche Grünows, die aus planerischer Sicht über Nachverdichtungspotentiale verfügen, Baurecht geschaffen — mit dem Ergebnis, dass allein mit dem nach heutigem Stand der Bauleitplanung in Grünow zulässigen Wohnungsbau eine Bevölkerungszunahme verbunden wäre, die den landes-und regionalplanerisch vorgegebenen Zielhorizont um mehr als 100 % überschreitet.) Die wachstumsorientierte Strategie der Gemeinde freilich stößt indessen auch in Grünow selbst auf Widerstand (vgl. Matthiesen in diesem Band V.1 sowie Matthiesen 1998b).

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  13. Eine gute und detailreiche Darstellung vor allem der planungsrechtlichen Aspekte des Gegensatzes zwischen großräumiger und kommunaler Planung im Berliner Umland bietet die (leider unveröffentlichte Diplom-) Arbeit von Heinrich (1996). In ihrem Mittelpunkt steht eine Wirkungsanalyse des eigens für den engeren Verflechtungsraum von Berlin mit Brandenburg erstellten Landesentwicklungsplans. Anhand mehrerer Fallbeispiele werden die Besonderheiten der Planungskonstellation an den Rändern der Hauptstadt, die im folgenden nur skizziert werden können, auch empirisch unterfüttert.

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  14. Die folgenden ‘Fallskizzen ‘basieren auf der Auswertung der Transkripte der Interviews mit den beiden Planern Frühauff und Jung. Mit Herrn Jung wurde ein etwa zweistündiges, mit Herrn Frühauff ein erstes, ebenfalls etwa zweistündiges sowie ein weiteres etwa einstündiges Interview geführt. Zitate bzw. Sequenzen aus den Interviews werden im folgenden anhand der in den jeweiligen Transkripten vergebenen Interaktnummern belegt; mit Ausnahme des ersten mit Herrn Frühauff geführten Interviews (abgekürzt Fa), für das die Seitenzahlen des Transkriptes angegeben werden.

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Ulf Matthiesen

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© 2002 Leske + Budrich, Opladen

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Nuissl, H. (2002). Räumliches Planen an den Rändern der Hauptstadt. In: Matthiesen, U. (eds) An den Rändern der deutschen Hauptstadt. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92261-8_17

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-92261-8_17

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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  • Online ISBN: 978-3-322-92261-8

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