Zusammenfassung
Wilhelm Lexis (1837–1914) leitete in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit Karl Becker (1823–1896), Gustav Anton Zeuner (1828–1907), Georg Friedrich Knapp (1842–1926) und Gustav Rümelin (1848–1907) eine neue Denkweise in der Statistik ein. Mit ihren wissenschaftlichen Arbeiten schufen sie wesentliche Grundlagen für die Konstituierung der Statistik als selbständige Methodenwissenschaft. Lexis beschrieb 1877 die Aufgabe der Statistik mit den Worten: Sie hat die „Massenerscheinungen des Menschenlebens nach exakter Methode aufzufassen und zu untersuchen, und es folgt schon aus der Definition, dass die Grundlage ihrer Methode das Zählen der Einzelfälle einer Erscheinung bildet, da sie ja nicht wie die Geschichte, die Individualität der Ereignisse betrachtet, sondern dieselbe nur als Glieder einer Masse, als Einheiten einer Summe registriert.“1 Der beginnende Perspektivwechsel der Statistik von einer Wissenschaft zur Beschreibung der „Zustände und Erscheinungen des gesellschaftlichen menschlichen Lebens, soweit solche in statistisch erfaßbaren Massen zum Ausdruck kommen“ zu einer Methodenwissenschaft schloss auch ein verändertes Verhältnis zur angewandten Mathematik ein.2 Die Statistik begann sich gegenüber den mathematischen Methoden zu öffnen und nutzte sie zur präziseren Analyse von wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Massenerscheinungen.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Becker, Karl 1874: Zur Berechnung von Sterbetafeln an die Bevölkerungsstatistik zu stellende Anforderungen. Gutachten über die Frage: Welche Unterlagen hat die Statistik zu beschaffen, um wichtige Mortalitätstafeln zu gewinnen?, Berlin: Verlag des Königlichen Statistischen Bureaus
Feichtinger, Gustav 1979: Demographische Analyse und populationsdynamische Modelle. Grundzüge der Bevölkerungsmathematik, Wien, New York: Springer.
Caselli, Graziella, et E. Lombardo 1990: Graphiques et anlyse demographique: quelques elements d’histore et d’acullite. In Population, 1990, no 2, 399–414
Gigerenzer, Gerd, Zeno Swijtnik, Theodore Porter, Lorraine Daston, John Beatty, Lorenz Krüger 1999, Das Reich des Zufalls. Wissen zwischen Wahrscheinlichkeiten, Häufigkeiten und Unschärfen, Berlin: Spektrum Akademischer Verlag.
Hacking, Ian 1990: The Taming of Chance, Cambridge: University Press.
Keiding, Niels 1990: Statistical Inference in the Lexis Diagram. In: Philosophical Transactions of The Royal Society of London A, 1990, 415–538.
Knapp, Georg Friedrich 1872: A. Quetelet als Theoretiker. In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 18, 89–124.
Knapp, Georg Friedrich 1874: Theorie des Bevölkerungswechsels. Abhandlungen zur angewandten Mathematik, Braunschweig: Vieweg und Sohn.
Köhler, Sybilla 1994: Statistiker und Statistik: Zur Genese der statistischen Disziplin in Deutschland zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert, Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Universität Dresden.
Laplace, Pierre Simon Marquis de 1814: Essai philosophique sur les probabilités, Paris: Courcier. (1819) Des Grafen Laplace Philosophischer Versuch über Wahrscheinlichkeiten. Übers. V. Friedrich Wilhelm Tönnies. Mit Anm. hrsg. v. Karl Christian Langsdor, Heidelberg: Karl Gross.
Lumma, Elfriede 1924: Quetelet und seine deutschen Gegner. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der philosophischen Fakultät der Hessischen Ludwigs-Universität zu Giessen.
Lexis, Wilhelm 1875: Einleitung in die Theorie der Bevölkerungsstatistik, Strassburg: Trübner.
Lexis, Wilhelm 1877: Zur Theorie der Massenerscheinungen in der menschlichen Gesellschaft,, Freiburg i. B.: F. Wagner’sche Buchhandlung
Lexis, Wilhelm 1892: Gesamtübersicht der demographischen Elemente, in: Bulletin de l’Institut International de Statistque, Tome VI, Rome, 41, 40–64
Lexis, Wilhelm 1903: Abhandlungen zur Theorie der Bevölkerungs-und Moralstatistik, Jena: Fischer. Mayr, Georg von 1914: Statistik und Gesellschaftslehre, Erster Band, Theoretische Statistik, Tübingen: Mohr (Siebeck).
Porter, Thoedore 1986: The Rise of Statistical Thinking 1820–1900, Princeton.
Pressat, Roland 1972: Demographic Analysis. Methods, Results, Applications, Chicago: Aldine Atherton
Quetelet, Adolphe 1838: Ueber den Menschen und die Entwicklung seiner Fähigkeiten, oder Versuch einer Physik der Gesellschaft, Stuttgart: W. Schweizerbart’s
Quetelet, Adolphe 1914–1921: Soziale Physik oder Abhandlung über die Entwicklung der Fähigkeiten des Menschen, (1869), nach der Ausgabe letzter Hand Band I (1869) und Band II (1870), übersetzt von Valentine Dorn und eingeleitet von Professor Dr. Heinrich Waentig in Halle a S. Jena: Fischer.
Esenwein Rothe Ingeborg 1992: Wilhelm Lexis. Demograph und Nationalökonom (1837–1914), Frankfurt am Main.
Rümelin, Gustav 1863: Zur Theorie der Statistik I, in: Reden und Aufsätze, Freiburg. I. Br., 1875. Rümelin, Gustav 1867: Ober den Begriff eines socialen Gesetztes, in: Reden und Aufsätze, Freiburg. I. Br., 1875.
Stigler, Stephen M. 1986: The History of Statistics. The Measurement of Uncertainty before 1900, Cambridge, Massachusetts
Süßmilch, Johann Peter 1741: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Ge-schlechts aus der Geburt, dem Tode und der Fortpflanzung derselben erwiesen, 3. Aufl., Berlin. Tönnies, Ferdinand 1925: Moralstatistik. In: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, ed. Ludwig
Tönnies, Ferdinand 1925: Moralstatistik. In: HandwTörterbuch der Staatswissenschaften, ed. Ludwig Elster, Adolf Weber, Friedrich Wieser, Jena: Fischer, 637–645.
Vandeschrick, Christophe 2001: The Lexis diagram, a misnomer. In: Demographic Research, vol. 4 (2001), article 3, 98–124.
Zeuner, Gustav 1869: Abhandlungen zur mathematischen Statistik, Leipzig: Arthur Felix.
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2002 Leske + Budrich, Opladen
About this chapter
Cite this chapter
Fleischhacker, J. (2002). Wie entstehen neue wissenschaftliche Methoden?. In: Mackensen, R. (eds) Bevölkerungslehre und Bevölkerungspolitik vor 1933. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92254-0_13
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-92254-0_13
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-3285-0
Online ISBN: 978-3-322-92254-0
eBook Packages: Springer Book Archive