Zusammenfassung
Die untersuchte Jugendgruppe traf sich seit 1992 regelmäßig an verschiedenen Plätzen des Ortes. Sie existierte bis zum Herbst 1995154 und durchlief in dieser Zeit mehrere Phasen der Transformation, Spaltung und Neukonstituierung. In dieser Zeit wird sie durch einige spektakuläre Auseinandersetzungen überregional bekannt und zum Störfaktor der idyllischen Kleinstadt.
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Literatur
Diese Perspektive erscheint mir insofern fragwürdig, als in der Gruppendiskussion mit den Bandmitgliedern deutlich wird, daß es sich hier um eine kollektive Grundhaltung handelt, die nicht zwangsläufig auf die individuelle Wahrnehmung übertragen werden kann: “Auf der einen Seite steht das ethisch-moralische Prinzip der Toleranz bzw. die Forderung danach, d.h. nach einer auf reziproker Verständigung und Perspektivenübernahme basierenden Kommunikation mit den anderen, den Gegnern — verbunden mit dem Prinzip der Waf-fenlosigkeit… Auf der anderen Seite geht es um ein Kalkül (hervorgeh. Verf.), wie körperliche Versehrtheit und negative Konsequenzen möglicher strafrechtlicher Sanktionen im Falle körperlicher Auseinandersetzungen vermieden werden können. Überlegungen hinsichtlich der Konsequenzen für den anderen (also eine in Reziprozität fundierte Moral) spielen hier keine Rolle mehr…” (Bohnsack u. a. 1995: 283)
Direkt auf die zunehmende gewalttätige Intoleranz reagiert die Band bspw. durch ihr Lied über die Skinheads (vgl. ebd.: 24).
Obwohl es sich bei den Interviews nicht um narrative Interviews handelt, wurde bei der Erstellung der Leitfäden darauf geachtet, daß die Jugendlichen ihre biographischen Erfahrungen als geschlossene Erzählung darstellen konnten. Vor diesem Hintergrund lassen sich durchaus Grundstrukturen der biographischen Erfahrung herausarbeiten (vgl. Schütze 1984).
Zur Kerngruppe zähle ich diejenigen, die über mehrere Jahre kontinuierlich zur Gruppe gehörten (s. Anhang Kurzporträts). Das sind Corinna, Annette, Isabelle, Nicole, Katherina, Gisela, Julia, Ansgar, Michael, Klaus, Jürgen, Jörn, Andreas, Christian, Jan, Claudia, Hans, Gerhard. Davon sind folgende Jugendlichen erst später nach Erlingen gezogen: Corinna, Isabelle, Katherina, Julia, Ansgar, Michael, Christian, Annette. Jürgen verbrachte einige Jahre in Brasilien und kam dann wieder nach Erlingen zurück. Auch er beklagt den Verlust seiner Freunde durch den Auslandsaufenthalt.
Zum Zeitpunkt des Interviews war die Gruppe zerfallen und Jürgen versuchte sich in dieser Zeit vom Kult zu distanzieren (vgl. Anhang Kurzporträts)
“Du wunderschönes deutsches Land, wie bist Du klein geworden! Zerstückelt und in Feindeshand,:besetzt von fremden Horden:.. Und schob die Schuld auf jenen Mann, der nur den Frieden wollte; und dem sein Volk, verblendet dann,:nur schnöden Undank zollte: (Rennicke, ‘Unterm Schutt der Zeit’). Eine ausführliche Analyse der Texte von Frank Rennicke ist bei Margitta Fahr nachzulesen (vgl. Fahr 1995: 116ff).
David Schwarz analysiert die im Rechtsrock verarbeiteten Musikstile (vgl. Schwarz 1995: 44ff).
Ute Gerhard beschreibt, wie die industrielle Revolution die Frauen zunehmend von der Erwerbsarbeit der Männer abhängig machte und ihnen parallel dazu nach der Revolution von 1848 durch die Vereinsgesetze der fünfziger Jahre den Bereich der Politik verschloß (vgl. Gerhard 1990: 73f). 175 Katherina spricht in der Vergangenheit, weil sie glaubt, sich in letzter Zeit, also mit der Distanzierung von der Gruppe geändert zu haben.
Kertzer folgt im wesentlichen der Ritualtheorie von Victor Turner, indem er versucht die Bedeutung von Ritualen bei Konflikten in komplexen Gesellschaften herauszuarbeiten (vgl. Kertzer 1988).
Durkheim unterscheidet zwischen einer mechanischen und organischen Form der Solidarität und ordnet sie unterschiedlichen Gesellschaftstypen zu. Demnach entsteht die mechanische Solidarität in einfachen, wenig differenzierten Gesellschaften. Hier bildet sich das Kollektivbewußtsein durch die relative Gleichheit der Lebensweise, die durch die Gleichförmigkeit des Handelns erzeugt wird (vgl. Durkheim 1977: 163ff.).
Die von Mead getroffene Unterscheidung zwischen T und ‘Me’ wurde im deutschen Text mit ‘Ich’ und ‘ICH’ übersetzt (vgl. Mead 1973).
Hier im umgangssprachlichen Sinne benutzt und nicht in philosophisch-analytischer Terminologie, in der das Begriffspaar seit Freges ‘Über Sinn und Bedeutung’ immer wieder auftaucht (vgl. Frege 1969: 40ff.).
Trotz der deutlichen Unterschiede zwischen Sprache und nichtverbalen Artikulationsformen folgen beide Ausdrucksformen der gleichen Logik: Im Unterschied zu Zeichen, die Gegenstände ankündigen, bewegen Symbole das Individuum dazu, sich von dem Gegenstand eine Vorstellung zu machen. Worte sind sowohl Zeichen als auch Symbole, (vgl. Langer 1987: 69).
In diesem Zusammenhang ist auch auf die Ausführungen von Edmund Leach hinzuweisen, der den Kommunikationscharakter von Ritualen herausarbeitet (vgl. Leach 1978).
Gerd Baumann hat in diesem Zusammenhang mehrere Rituale in einem multi-ethnischen Vorort von London untersucht (vgl. Baumann 1992: 99ff).
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Groffmann, A.C. (2001). Zwischen Macht und Ohnmacht: Entstehungsbedingungen rechtsorientierter Jugend- und Skinheadgruppen. In: Das unvollendete Drama. Forschung Soziologie, vol 129. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92253-3_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-92253-3_7
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