Zusammenfassung
Warum Gesellschaften zusammenhalten bzw. warum sie auseinanderbrechen, ist eine uralte Frage, die uns auch bis in die jüngste Zeit hinein verfolgt und sicher noch weiter beschäftigen wird. Zwei Antworten standen sich bis Mitte dieses Jahrhunderts scharf gegenüber; seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist ihre Auseinandersetzung etwas weniger radikal. Die eine, die pluralistisch-demokratische Antwort, geht, kurz gesagt, davon aus, daß infolge der Unterschiedlichkeit der Menschen und der Knappheit der Güter Dissens und Konflikte nichts Ungewöhnliches sind, daß die Inszenierung eines „unblutigen Dauerstreits der demokratischen Öffentlichkeit“ (Dubiel 1997, 439) aber den hinreichenden Zusammenhalt moderner Gesellschaften über jenen vorgängigen Konsens herstellen kann, der für die Engländer in unnachahmlicher Kürze heißt: We agree to disagree. Die andere Antwort, nämlich eines der radikalsten Gegenmodelle zu diesem bereits bei der aristotelischen Polis anknüpfenden pluralistisch-demokratischen Modell, wird häufig als Freund-Feind-Modell von Politik bezeichnet und mit dem deutschen Staatslehrer Carl Schmitt (1888–1985) in Verbindung gebracht. Ende der 20er Jahre nämlich hatte dieser seine sofort Berühmtheit erlangende Schrift „Der Begriff des Politischen“ verfaßt, die nicht nur von Ernst Jünger in einem Brief an den Autor enthusiastisch gewürdigt wurde. Schmitt nimmt Gedanken auf, die u.a. auf Thomas Hobbes zurückgehen, in der Weimarer Republik in der rechten politischen Szene gepflegt wurden und insofern auch in die NS-Ideologie einströmten. Nach der Niederlage des Faschismus schien dieses Modell theoretisch wie praktisch endgültig widerlegt zu sein. Doch diese Hoffnung erwies sich als irrig. Ich will im folgenden nach einer kurzen Darstellung der zentralen Inhalte dieses Modells zeigen, wie es sich im Verlauf der bundesrepublikanischen Geschichte am Leben erhielt, sich dabei in verschiedene Versionen diversifizierte und weiterentwickelte und ganz und gar nicht ohne Einfluß auf die politischen Deutungsmuster und auf die praktische Politik blieb.
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Literatur
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Gessenharter, W. (2000). Zur Funktion neurechter Freund-Feindbilder in Geschichte und Gegenwart der Bundesrepublik. In: Greven, M.T., von Wrochem, O. (eds) Der Krieg in der Nachkriegszeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92232-8_12
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