Politisches Handeln und politischer Prozeß

Zusammenfassung

In der Theorie politischer Steuerung hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren ein Paradigmawechsel ereignet (vgl. Mayntz 1996, 163). Dieses neue Paradigma geht von einer zunehmenden funktionalen Differenzierung der Gesellschaft als Folge ihres Modernisierungsprozesses aus. Mit diesem Gesellschaftsverständnis wird heute erklärt, warum Steuerung nach einem hie rarchisch-deterministischen Steuerungsverständnis zum Scheitern verurteilt war (vgl. Burth 1999, 80–88). Zum einen impliziert Modernisierung im Verständnis dieser Theorie „eine wachsende Bedeutung der horizontalen und einen Bedeutungsverlust der vertikalen Differenzierung [...]. In der funktional differenzierten Gesellschaft ist auch das politisch-administrative System nur noch ein Funktionssystem unter anderen; die Gesellschaft der Moderne hat kein Zentrum mehr [...] und zentrale Gesellschaftssteuerung [ist] eine Utopie“ (Mayntz 1996, 153). Dies bedeute, daß es zwar politische Steuerung in der Gesellschaft gebe, aber keine Steuerung der Gesellschaft. Zum anderen werden die diversen Untereinheiten der Gesellschaft in dem Sinne als selbstorganisierend und autonom aufgefaßt, daß sie je nach Grad ihrer Ausdifferenzierung ihre Eigendynamiken anhand je spezifischer Strukturen, Programmen oder Codes selbst regeln. Steuerungsimpulse seitens des politischen Systems werden nur insofern wirksam, als sie das jeweilige System anregen, mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit einen in seiner Struktur schon angelegten Entwicklungspfad einzuschlagen (vgl. Görlitz/Burth 1998, 251 f.).