Zusammenfassung
Heimatkunst — so nannte sich eine literarische Richtung, die im Jahrzehnt um die Jahrhundertwende ihren Höhepunkt erreichte. Diese Richtung hat damals einige Bedeutung erlangt und noch lange nachgewirkt. Einzelne Werke der Heimatkunstbewegung wurden später dann vom Nationalsozialismus gar in den Rang von Staatskunst gehoben. Zwar sind die meisten Vertreter der Heimatkunst heute selbst Literaturwissenschaftlern gänzlich unbekannt, aber einige von ihren Werken gehören noch immer zu den meistausgeliehenen Büchern in öffentlichen Büchereien besonders von kleineren Orten. Zur Heimatkunstbewegung werden manchmal auch ältere Autoren gezählt, die ihre Programmatik nicht explizit teilten, so etwa Ludwig Ganghofer (geb. 1855). Sein geradezu monumentales Werk: 70 Romane, dazu eine Unzahl Dramen, Novellen, Geschichten und Gedichte, bis heute in einer Gesamtauflage von 34 Millionen verbreitet, die Romane zumeist erfolgreich verfilmt, in bisher über 30 Filmen von Waldrausch bis Edelweif3könig. Sein Werk zentrierte sich um das, was er als erzieherische Aufgabe der Literatur sah, den Menschen wieder Ideale zu geben, geschöpft aus der ‚Natur‘. Die Bewohner der Berge, Helden seiner Romane, erscheinen ihm dabei vorbildhaft: gottesfürchtig in der Natur. Ganghofer war mit Wilhelm II. befreundet, dessen Lieblingsautor er war. Als bedingungsloser Vasall des kaiserlichen Imperialismus meldete er sich zu Kriegsbeginn, inzwischen sechzigjährig, als Kriegsberichterstatter zur Front und schrieb neben verblendeten Berichten jeden Tag mindestens ein begeistertes Kriegsgedicht. 1918 ist er, angeblich aus Kummer über den verlorenen Krieg, gestorben. Aber die Wirkung Ganghofers läßt es nicht zu, ihn hier unter dem Stichwort Heimatkunst zu subsumieren, wiewohl an der Heimatkunstbewegung Kriterien auch seiner Kunst gewonnen werden können.
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Literaturhinweise
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Schütz, E., Vogt, J. (1977). Heimatkunstbewegung. In: Einführung in die deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts. Grundkurs Literaturgeschichte, vol 1. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91932-8_6
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