Zusammenfassung
Tierdichtung der Reformationszeit ist Fabeldichtung: lehrhafte Erzählungen, in denen Tiere oder auch Pflanzen mit Sprache und Vernunft begabt sind, jeweils ein bestimmter, in sich geschlossener Vorgang berichtet und schließlich noch mit einer, in der Regel recht ausführlichen Lehre versehen wird. Hat bereits Luther selbst sich um eine neue Bearbeitung der sogenannten „äsopischen Fabel“ bemüht, also der lateinischen und auch schon deutschen Fabelüberlieferung des Spätmittelalters, die sich noch auf den legendären griechischen Sklaven Äsop aus dem vierten vorchristlichen Jahrhundert beruft, so folgen ihm darin seine Schüler und Anhänger in einer ganzen Reihe umfangreicher und bei den Zeitgenossen sehr beliebter Fabelsammlungen. Die wohl nachhaltigste Wirkung ist dabei von Erasmus Alberus, Lehrer und Pfarrer aus der hessischen Wetterau und später in verschiedenen Städten Mittel- und Norddeutschlands tätig (ca. 1500–1553), sowie von Burkhard Waldis ausgegangen, einem früheren Franziskaner aus Riga, der nach Übertritt zum Protestantismus und Studium als Pfarrer und Probst in Thüringen wirkte (ca. 1490–1556).
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Anmerkungen
Wenn aus den Primärtexten Zitate entnommen sind, geben die Ziffern in () die Seitenzahlen der Werkausgabe an, die im Literaturverzeichnis angegeben ist.
Reinhard Dithmar: Die Fabel. Geschichte, Struktur, Didaktik. Paderborn, 3. Aufl. 1974, S. 130.
Arno Schirokauer: Die Stellung Äsops in der Literatur des Mittelalters. In: Festschrift für Wolfgang Stammler. Berlin/Bielefeld, 1953, S. 180.
Klaus Grubmüller: Meister Esopus. München 1977, S. 15.
Hans Rupprich: Die deutsche Literatur vom späten Mittelalter bis zum Barock. Teil II, München 1973, S. 157.
Erwin Leibfried: Fabel. Stuttgart, 2. Aufl. 1973, S. 63.
Nach der Zählung des Erstdrucks ist es die zwölfte Fabel, die elfte fehlt. Es folgt dann noch die bekannte Fabel von Stadtmaus und Feldmaus (13. Fabel) sowie vom Fuchs, der mit seiner Schmeichelei einen Raben dazu bringt, ein Stück Käse aus dem Schnabel fallen zu lassen (14. Fabel): zunächst die Warnung vor der Mühsal des Reichtums (Wer reich ist hat viel Neider, Sorge Fahr,), dann vor Schmeichlern aller Art.
Waltraud Briegel-Florig: Geschichte der Fabelforschung in Deutschland, Diss. Freiburg 1965, S. 25.
Klaus Doderer: Über das ‚betriegen zur Wahrheit‘. In: Wirkendes Wort, Bd. 14, 1964, S. 384.
Zitiert nach Ernst Thieles Ausgabe von Luthers Fabeln, S. VI.
Wolfgang Brückner: Ausprägungen und Nachwirkungen von Legende und Antilegende der Orthodoxie und der Kontroversisten. In: W. Brückner (Hrsg.): Volkserzählung und Reformation. Ein Handbuch zur Tradierung und Funktion von Erzählstoffen und Erzählliteratur im Protestantismus. Berlin 1974, S. 272.
Weimarer Ausgabe Bd. 15, S. 364.
Martin Luther: Vorrede zu Justus Menius ‚Oeconomia Christiana ‘(1529). In: Weimarer Ausgabe 30, 2, S. 62.
Gotthold Ephraim Lessing: Abhandlung über die Fabel. Werke, hrsg. v. K. Wölfel, Bd. 2, Frankfurt 1967, S. 20 f.
Martin Luther: Brief an den Kurfürsten von Sachsen. In: Weimarer Ausgabe 26, S. 178.
Barbara Könneker: Die deutsche Literatur der Reformationszeit. München, 1975, S.51.
Zitiert nach der Weimarer Ausgabe Bd. 26, S. 237.
Hans Rupprich, a.a.O., S. 157.
Erwin Leibfried, a.a.O., S. 65.
Hans Lothar Markschies: Fabel. In: Reallexikon, Bd. I, Berlin, 2. Aufl. 1958, S.436.
Herbert Marcuse: Studie über Autorität und Familie. In: H. Marcuse: Ideen zu einer kritischen Theorie der Gesellschaft (es. 300) Frankfurt 1969, S. 59.
Ebenda, S. 62.
Hans Lothar Markschies, a.a.O., S. 436; zustimmend auch R. Dithmar, a.a.O., S. 100.
Barbara Könneker, a.a.O., S. 62.
Literaturhinweise
Luthers Fabeln nach seiner Handschrift und den Drucken neubearbeitet von Ernst Thiele (= Neudrucke deutscher Literaturwerke des XVI. und XVII. Jahrhunderts Nr. 76). Halle 1911.
Die Fabeln des Erasmus Alberus. Abdruck der Ausgabe von 1550 mit den Abweichungen der ursprünglichen Fassung hrsg. von Wilhelm Braune (= Neudrucke deutscher Litteraturwerke des XVI. und XVII. Jahrhunderts Nr. 104-107). Halle 1892.
Esopus von Burkhard Waldis. Hrsg. und mit Erläuterungen versehen von Heinrich Kurz (= Deutsche Bibliothek Bd. 1, 2). Leipzig 1862.
Reinke de Vos, nach der Ausgabe von Friedrich Prien neu hrsg. von Albert Leitzmann, mit einer Einleitung von Karl Voretzsch (= Altdeutsche Textbibliothek Bd. 8). Halle 1925.
Reineke Fuchs. Das niederdeutsche Epos ‚Reynke de Vos ‘von 1498. Übertragung und Nachwort von Karl Langosch. (= Reclam Universal-Bibliothek Nr. 8768-71). Stuttgart 1967.
Waltraud Briegel-Florig: Geschichte der Fabelforschung in Deutschland. Diss. Freiburg 1965.
Reinhard Dithmar: Die Fabel. Geschichte, Struktur, Didaktik. (= UTB 73). Paderborn 31974.
Klaus Doderer: Über das ‚betriegen zur Wahrheit‘. Die Fabelbearbeitungen Martin Luthers. In: Wirkendes Wort Bd. 14, 1964, S. 379–388.
Klaus Doderer: Fabeln. Formen, Figuren, Lehren. Zürich 1970.
Klaus Grubmüller: Meister Esopus. Untersuchungen zu Geschichte und Funktion der Fabel im Mittelalter (= Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters Bd. 56). München 1977.
Barbara Könneker: Die deutsche Literatur der Reformationszeit. Kommentar zu einer Epoche. München 1975.
Erwin Leibfried: Fabel. Stuttgart 21973.
Gotthold Ephraim Lessing: Abhandlungen über die Fabel (= G.E. Lessing: Werke, hrsg. von Kurt Wölfel, Bd. 2). Frankfurt 1967, S. 7-66.
Hans Lothar Markschies: Fabel. In: Reallexikon Bd. I. Berlin 21958, S. 433-441.
Hans Rupprich: Die deutsche Literatur vom späten Mittelalter bis zum Barock. Teil II (= Helmut de Boor/Richard Newald: Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart Bd. IV, 2). München 1973.
Arno Schirokauer: Die Stellung Äsops in der Literatur des Mittelalters. In: Festschrift für Wolfgang Stammler. Berlin/Bielefeld 1953, S. 179-191.
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Frey, W., Raitz, W., Seitz, D. (1981). Tierdichtung im 16. Jahrhundert Luthers Fabeln aus Esopo und Erasmus Alberus’ Buch von der Tugend und Weißheit . In: Einführung in die deutsche Literatur des 12. bis 16. Jahrhunderts. Grundkurs Literaturgeschichte. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91930-4_8
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Print ISBN: 978-3-531-11485-9
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