Zusammenfassung
Die FDP wird weithin als der „organisierte Liberalismus“ in der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet. Im ursprünglich von der Lizensierungspolitik der Alliierten vorgesehenen „Grundmuster“ des Parteiensystems hatte die FDP die liberalen Politikelemente einzubringen, so wie die CDU/CSU die christlichen, die SPD die sozialdemokratischen und die KPD die kommunistischen Elemente.197 Auf der verbalen Ebene ist es der FDP auch gelungen, den Liberalismus für sich in Anspruch zu nehmen — ihn sogar in der Werbung einzusetzen: Das Markenzeichen „F.D.P. — Die Liberalen“ bewirkt Identifikation und signalisiert Exklusivität. Demgegenüber ist einerseits in Deutschland schon seit Ende des vergangenen Jahrhunderts von einer „Orientierungskrise des Liberalismus“ die Rede 198 und wird andererseits — wie eingangs dargestellt — auf die Gültigkeit liberaler Grundwerte in allen etablierten politischen Parteien hingewiesen: Zumindest das parlamentarische Regierungssystem und die Bindung allen staatlichen Lebens an die von den Grundrechten ausgehende Verfassung sind bei den Unionsparteien und bei der SPD ebenso verinnerlicht wie bei der FDP.
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Literatur
Siehe Heino Kaack, a. a. O., S. 9.
Siehe dazu Lothar Gall, Liberalismus und „bürgerliche Gesellschaft“. Zu Charakter und Entwicklung der liberalen Bewegung in Deutschland, in: ders. (Hrsg.), Liberalismus, Köln 1976, S. 177 und die dort angegebenen Quellen.
J. Salwyn Scharipo, Was ist Liberalismus?; in: Lothar Gall, a.a.O., S. 20 ff.
Karl Marx/Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei; in-. Karl Marx/ Friedrich Engels, Werke. Band 4, Berlin 1969, S. 459 ff.
Lothar Gall, a. a. O., S. 176.
Siehe David Riesman, Die einsame Masse. Eine Untersuchung der Wandlungen des amerikanischen Charakters, Hamburg 1960.
Siehe Jürgen Dittberner, Zur Entwicklung des Parteiensystems zwischen 1949 und 1961; in: Dietrich Staritz (Hrsg.), Das Parteiensystem der Bundesrepublik, Geschichte — Entstehung — Entwicklung, Eine Einführung, 2. Auflage, Opladen 1980, S. 130.
Siehe Jürgen Dittberner/Rolf Ebbighausen (Hrsg.), Parteiensystem in der Legitimationskrise, a.a.O.
Siehe Herbert Sultan, Zur Soziologie des modernen Parteiwesens; in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 55 (1926).
Hans Fenske sieht nicht einmal funktionale, sondern schlichte quantitative Gründe für das Überleben der FDP: „Daß sich die FDP in diesem Abschleifungsprozeß hielt, entsprach ihrem größeren Fundus zu Beginn der Entwicklung. Sie war keine große Partei, aber auch keine kleine. Von den kleinen Parteien unterschied sie eine wesentlich größere Spannbreite der Auffassungen und der sozialen Resonanz. „Hans Fenske, a.a.O., S. 211.
Jürgen Dittberner, Bürgerinitiative als partielles Partizipationsbegehren; in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Nr. 2/1973, S. 194.
Im Wahlprogramm der FDP vom Mai 1976 heißt es: „Kritik an Staat und Gesellschaft ist ein Lebenselement der Demokratie. Die F.D.P. tritt darum für den Vorrang der politischen Auseinandersetzung vor juristischen Verboten auch gegenüber extremistischen Parteien und Vereinigungen ein. Für den öffentlichen Dienst jedoch gilt: Wer den Kernbestand unserer freiheitlichdemokratischen Grundordnung wie Volkssouveränität, Mehrparteienprinzip, Recht auf Opposition, Grundrechtsverbürgung, Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Gerichte nachweislich bekämpft, kann nicht im Dienst dieses freiheitlichen Staates stehen…“
Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, Erster Halbband, Köln/Berlin 1964, sowie Wolfgang Schluchter, Aspekte bürokratischer Herrschaft. Studien zur Interpretation der fortschreitenden Industriegesellschaft, München 1972.
Siehe Thomas Ellwein, Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 3. Auflage, Opladen 1973, sowie Amitai Etzioni, Soziologie der Organisationen, München 1971.
Dieter Hein, a.a.O., S. 204.
Siehe Theo Rütten, Der deutsche Liberalismus 1945 bis 1955, a.a.O.
Siehe Friedrich-Naumann-Stiftung (Hrsg.), Lösung der deutschen Frage — wie, wann, mit wem? Dokumentation des Experten-Disputes der Friedrich-Naumann-Stiftung am 19. Oktober 1984 in Königswinter/Margarethenhof, Sankt Augustin 1985.
Hans-Dietrich Genscher, Außenpolitik im Dienste von Sicherheit und Freiheit, Stuttgart 1976, S. 17.
J. Salwyn Scharipo, Was ist Liberalismus?, a. a. O., S. 33.
Siehe Lutz Hoffmann/Herbert Even, Soziologie der Ausländerfeindlichkeit. Zwischen nationaler Identität und multikultureller Gesellschaft, Weinheim und Basel 1984.
Rolf Zundel, Die Erben des Liberalismus, Freudenstadt 1971.
Abgedruckt bei Heino Kaack, Zur Geschichte und Programmatik der Freien Demokratischen Partei, a. a. O., S. 201 ff.
So fand in der Theodor-Heuss-Akademie nach der Bonner Wende eine Tagung unter der Fragestellung „Hat sich der Liberalismus historisch überlebt?“statt. Teilnehmer waren die Professoren Albertin, Döhn, Kaack, Allerbeck sowie Hildegard Hamm-Brücher, Irmgard-Adam-Schwaetzer und der Bundesgeschäftsführer der FDP, Fritz Fliszar. Im „Jahresbericht 1983 der Friedrich-Naumann-Stiftung“heißt es: „Die Generalsekretärin der F.D.P., Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, beschrieb die F.D.P. im Parteiensystem als eine Partei der,Mitte‘, die eigenständig und programmatisch attraktiv sei. Professor Heino Kaack untersuchte die F.D.P. in den zwei,Machtwechseln‘von 1969 und 1982 und stellte resümierend fest, daß in den 80er Jahren der Handlungsspielraum der F.D.P. im Parteiensystem der Bundesrepublik geringer geworden ist.“Siehe Friedrich-Naumann-Stiftung (Hrsg.), Jahresbericht 1983, a. a. O., S. 111.
Siehe hierzu Hans F. W. Gringmuth, Der Handlungsspielraum der Freien Demokratischen Partei als Artikulationspartei. Wahlen und Forderungsverhalten der Freien Demokraten — unter Berücksichtigung ihres Einflusses in der Koalition gegenüber der SPD, Frankfurt/Bern/New York 1984.
So berichten Manfred Berger, Wolfgang G. Gibowski, Dieter Roth und Wolfgang Schulte in ihrer Analyse der Bundestagswahl 1983 nach der Wende: „Im Januar 1983 deutete sich eine Positionsverbesserung der FDP an, die sich im Februar weiter verfestigte. Entscheidend dafür war, daß die Unionsanhänger bei weiterhin bestehender emotionaler Distanz zur FDP die Rolle des kleineren Koalitionspartners für die gemeinsame Regierung höher bewerteten.“Siehe Manfred Berger u.a., Regierungswechsel und politische Einstellungen. Eine Analyse der Bundestagswahl 1983; in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 14 (1983), H. 4, S. 574.
Siehe F.D.P. — Die Liberalen, Analyse der Bundestagswahl 1980, November 1980, ohne Ort, S. 4.
Siehe hierzu Bodo Zeuner, Das Parteiensystem in der Großen Koalition (1966–1969); in: Dietrich Staritz (Hrsg.), Das Parteiensystem der Bundesrepublik, a. a. O., S. 182 f.
F.D.P. — Die Liberalen, Analyse der Bundestagswahl 1980, a.a.O., S. 9 und 18.
Helga Grebing, Die Parteien; in: Wolfgang Benz (Hrsg.), Die Bundesrepublik Deutschland. Geschichte in drei Bänden, Band 1: Politik, Frankfurt/M. 1983, S. 171.
F.D.P. — Die Liberalen, Analyse…, a.a.O., S. 19.
Manfred Berger u. a., a. a. O., S. 557 und 575.
Siehe hierzu beispielhaft Rüdiger Zülch, a. a. O.
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Dittberner, J. (1987). Zwischen Programmanspruch und Systemfunktion. In: FDP — Partei der zweiten Wahl. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91925-0_7
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