Zusammenfassung
Die verfassungsrechtliche Entwicklung der USA ähnelt insofern der deutschen Verfassungsentwicklung, als sie ebenfalls vom Staatenbund zum Bundesstaat geführt hat. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat die Lösung, die das bundesstaatliche Problem in der amerikanischen Verfassung gefunden hat, dem deutschen politischen Denken vielfach als Vorbild gedient. Schnabel spricht geradezu von einer zeitweisen „Vergötterung“ der amerikanischen Verfassung1. Dieser Einfluß machte sich auch bei den Beratungen der Paulskirche geltend, wie denn überhaupt die USA als erster Bundesstaat der modernen Geschichte das Modell der zahlreichen Bundesstaaten darstellt, die im Verfolg des 19. und 20. Jahrhunderts in den verschiedenen Teilen der Welt entstanden sind.
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Literatur
Vgl. Abdruck in: Ernst Fraenkel, „Amerika im Spiegel des deutschen politischen Denkens“, 1959, S. 276.
Zwei im Jahre 1959 ergangene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (Abate v. United States 359 US 187 und Bartkus v. Illinois 359 US 121) lassen jedoch erkennen, daß die Theorie der „doppelten Souveränität“ noch keineswegs generell aufgegeben ist. Es handelt sich in beiden Fällen um das Problem, ob das in der Bundesverfassung (5. admendment) enthaltene Verbot, eine Person wegen des gleichen Verbrechens mehreren Strafverfolgungen auszusetzen („double jeopardy“ etwa dem Grundsatz „ne bis in idem“ entsprechend) ausschließt, daß ein Bundesgericht wegen Verstoßes gegen eiri Strafgesetz des Bundes eine Strafe verhängt, nachdem ein einzelstaatliches Gericht wegen Verstoßes gegen einzelstaatliches Strafrecht wegen des gleichen Sachverhalts bereits eine Strafe verhängt hatte (Abate v. United States), und daß ein einzelstaatliches Gericht wegen Verstoßes gegen einzelstaatliches Strafrecht eine Strafe verhängt, nachdem ein Bundesgericht wegen Verstoßes gegen Bundesstrafrecht wegen des gleichen Sachvcrhalts bereits eine Strafe verhangt hatte (Bartkus v. Illinois). Im Einklang mit einer seit mehr als einem Jahrhundert bestehenden festen Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof die Anwendung der „double jeopardy“ Klausel des 5. Amendments auf Fälk verneint, in denen es sich um Strafverfolgungen vor Gerichten verschiedener „souveräner“ Staaten handelt.
Die einschlägigen Sätze dieser berühmten Entscheidung lauten: „Wenn im Fall einer Invasion oder eines Bürgerkriegs die Gerichte tatsächlich geschlossen sind, und es unmöglich ist, die Strafgerichtsbarkeit nach Maßgabe der Gesetze auszuüben, dann besteht auf dem Schauplatz aktiver militärischer Operationen, dort, wo sich der Krieg tatsächlich abspielt, eine Notwendigkeit, einen Ersatz für die überwältigten Zivilbehörden zu schaffen, um die Sicherheit der Gesellschaft und des Heeres aufrechtzuerhalten; und da keine andere als die militärische Gewalt übrig geblieben ist, ist es der letzteren gestattet, nach Kriegsrecht zu regieren, bis die Gesetze wieder zu herrschen in der Lage sind. So wie die Notwendigkeit die Herrschaft des Kriegsrechts begründet, so beschränkt sie auch dessen Dauer. Denn es bedeutete eine schwerwiegende Usurpation von Machtbefugnissen, wenn das Kriegsrecht aufrechterhalten würde, nachdem die Gerichte wieder eingesetzt worden sind. Kriegsrecht kann niemals bestehen, solange die Gerichte offen sind und sie ihre Tätigkeit in der üblichen Wcisc und ungehindert auszuüben in der Lage sind.“
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Fraenkel, E. (1976). Die bundesstaatliche Komponente des amerikanischen Regierungssystems. In: Das amerikanische Regierungssystem. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91771-3_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-91771-3_4
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag
Print ISBN: 978-3-531-10214-6
Online ISBN: 978-3-322-91771-3
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