Zusammenfassung
Als im Juni und September 1996 jeweils Hunderttausende einem Aufruf des Deutschen Gewerkschaftsbundes nachkamen und gegen die Sozialpolitik der Bundesregierung demonstrierten, wunderten sich die Kommentatoren einschlägiger Medien, daß es — auch heute noch — einem Interessen verband gelingen kann, in derart nachdrücklicher Weise Gefolgschaft zu mobilisieren und dabei überdies so etwas wie eine bürgerschaftliche Gegenöffentlichkeit aufzubauen. Und es war augenfällig, daß es auf den Protestkundgebungen um mehr gehen sollte als die partikularen Interessen einzelner Beschäftigtengruppen oder Sozialstaatsklienten, nahmen die Gewerkschaften hier doch plakativ für sich in Anspruch, als einer der letzten Garanten für die Bewahrung von sozialem Gemeinsinn und gesellschaftlicher Solidarität aufzutreten. Eine ähnliche “publicity” hatten ja auch die Funktionäre der IG Metall erzielt, als sie Ende 1995 ihr “Bündnis für Arbeit” vorschlugen und damit in der beschäftigungspolitischen Diskussion zumindest vorübergehend die Initiative an sich reißen konnten. So sehr nun das in diesen Anstrengungen zum Ausdruck kommende Selbstverständnis in den Gewerkschaften Tradition hat, so überraschend mag es in der Tat erscheinen, daß sie sich damit heutzutage noch erfolgreich in Szene zu setzen vermögen. Nicht wenige hatten sie ja längst auf dem Weg zum bornierten “Betriebssyndikalismus” gesehen, und vielerorts waren sie aus dem Kreis jener gesellschaftlichen Akteure, die die Prozesse der politischen Willensbildung (mit)gestalten, schon verabschiedet worden.
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Bode, I. (1997). Einleitung. In: Die Organisation der Solidarität. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 181. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91673-0_1
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-91673-0_1
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-13016-3
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