Vier Grade der Rousseau-Rezeption Hölderlins

Zusammenfassung

Jede Rezeptionsanalyse ruht auf dem Fundament ‘positiv’ belegbarer Lektüre, hier also nachweisbarer Lektüre Rousseaus bei Hölderlin. Eine Reihe „positivistischer“ Untersuchungen, von denen hier vor allem die von Jacques Mounier¹ genannt sei, hat die entsprechenden ‘eindeutigen’ Zitate (Denotate) bereits mehrmals zusammengetragen. Hinzu kommen ‘eindeutige’ Konnotate (eindeutig erschließbare indirekte Bezugnahmen) wie die überhaupt erste bekannte Erwähnung in dem Tübinger Gedicht „An die Ruhe“ von 1789:

Denn sieh’, es wallt der Enkel zu seinem Grab,

Voll hohen Schauers, wie zu des Weisen Grab,

Des Herrlichen, der, von der Pappel

Säuseln umweht, auf der Insel schlummert. (K I, 77)

Hier handelt es sich bereits um eine intensive „Applikation“ (s. dazu den nächsten Abschnitt), und zwar um die identifikatorische Wiederaufiiahme („réutilisation“) eines Rousseau konnotierenden, großenteils populären Symbolkomplexes, der sich um den ambivalenten Topos von der „Rückkehr zur Natur“ ordnet und von dem noch ausführlich die Rede sein wird.