Zusammenfassung
Schon seit einigen Jahren trifft man bei Gesprächen, die um die Lebensführung oder den Lebensverlauf kreisen, zunehmend auf ethnische Einrahmungen. Erfahrungen und Lebenszusammenhänge werden immer häufiger in Bezug gesetzt zu nationalen, bevölkerungs- oder gruppenspezifischen, eben besonderen Herkunftstraditionen. Mir scheint das bei näherer Betrachtung aus mehreren Gründen bemerkenswert. Erstens fällt einem nämlich sehr schnell auf, wie diffus solche ethnischen Verweise formuliert werden. So beziehen sich zwar viele Menschen darauf, Deutsche zu sein, aber niemand scheint genauer zu wissen, was dies in der konkreten Situation eigentlich meint. Zweitens dürften solche Verweise aber auch deshalb irritieren, weil sich in den letzten Jahrzehnten die Vorstellung durchgesetzt zu haben schien, daß althergebrachte Lebenslagen und Lebensverläufe und die damit verbundenen Verpflichtungen längst ihre prägende Funktion verloren haben. Dementsprechend sollte ethnischen Verweisen eigentlich kaum noch Bedeutung zukommen. Was ist passiert?
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Anmerkungen
Es wäre durchaus angebracht, im Sinn von J. Rawls vom „Schleier der Unwissenheit“ zu sprechen (J. Rawls: Die Idee des politischen Liberalismus. Frankfurt 1994, S. 126 f.)
Man könnte in diesen Fällen von einer zyklischen Reduktion der Biographie sprechen.
Vgl. B. Geissler, M. Oechsle: Lebensplanung als Konstruktion. In: U. Beck, E. Beck-Gernsheim (Hg.): Riskante Freiheiten. Frankfurt 1994, S. 139 ff.
Vgl. H. Welzer: „Ist das ein Hörspiel?“. In: Soziale Welt 1995/2, S. 181 ff.
G. Schulze: Die Erlebnisgesellschaft. Frankfurt 1993, S. 425 f.
U. Beck, E. Beck-Gernsheim: Individualisierung in modernen Gesellschaften. In: Dies. (Hg.): Riskante Freiheiten. Frankfurt 1994, S. 10 ff, hier S. 33.
P. Alheit: Biographizität als Projekt. Bremen: 1990 (Werkstattbericht „Arbeit und Bildung“, 12).
P. Watzlawick: Wirklichkeitsanpassung oder angepaßte 000Wirklichkeit111. In: H. Foerster u.a. (Hg.): Einführung in den Konstruktivismus. München, Zürich 1995, S. 89 ff. hier 102 f.
Muster zweiter Ordnung konkurrieren mit ethnisch gesättigten „Alternativen“ zweiter Ordnung. Insofern handelt es sich um eine Neuformulierung oder eben Besetzung der gewohnten Muster (vgl. Watzlawick op.cit.).
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Bukow, WD. (1999). Ethnisierung der Lebensführung. In: Apitzsch, U. (eds) Migration und Traditionsbildung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91622-8_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-91622-8_6
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