Religion und regionale Identität. Zur Bedeutung der Religion als Faktor regionaler Kooperation und Integration

Zusammenfassung

„Es heißt die Einheit der Welt verkennen, wenn man Religion und Politik für grundverschiedene Dinge hält, die nichts miteinander zu schaffen hätten noch haben dürfen“, so lautet ein bekanntes Verdikt von Thomas Mann, das Dolf Sternberger in seinem großartigen Buch „Drei Wurzeln der Politik“ als Motto über das dem Kirchenvater Augustinus und der eschatologischen Wurzel des Politischen gewidmeten Kapitel gesetzt hat (Thomas Mann, in: Sternberger1984: 308). In den Internationalen Beziehungen gibt es seit einigen Jahren eine sehr hochkarätige Diskussion über die Wurzeln des so genannten Westfälischen Systems, also des internationalen Systems, das sich als ein anarchisch dezentralisiertes System von souveränen Staaten definiert. Der Westfälische Friede von 1648, der den Dreißigjährigen Krieg beendete, gilt als die Geburtsstunde des modernen Staatensystems. In dieser Debatte ist wiederholt auf den engen Zusammenhang zwischen Religion und der Gestalt des Westfälischen Systems verwiesen worden. Ohne die religiöse Auseinandersetzung zwischen römischem Papsttum und den protestantischen Reformern kein Westfälisches System, so lautet die kontrafaktische These von Daniel Philpott (Philpott 2000).¹