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Geschichte und Erfahrung: Kluge und Weiss

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Part of the book series: Grundkurs Literaturgeschichte ((GRUNDLIT))

Zusammenfassung

In den siebziger Jahren — darin scheint, während sie zu Ende gehen, die Kritik sich einig — ist die westdeutsche Literatur, der man kurz zuvor noch das „Sterbeglöcklein“ geläutet hatte1, kräftig wiedergenesen. Und Konsens besteht auch darin, daß die neubelebte Literatur durch und durch gekennzeichnet sei von der (Rück-)Wendung zu den vor kurzem noch verpönten ‚privaten‘ Themen, zum problematischen Individuum bzw. den nicht unproblematischeren Zweierbeziehungen, kurz und gut: zur Subjektivität. Den Autoren scheint es wieder erlaubt — und erfolgversprechend —, in erster Linie über sich zu schreiben; den Lesern scheint es ein Bedürfnis, sich selbst im Gelesenen wiederzufinden. Daß damit eine Wiederaufwertung autobiographischer Schreibweisen verbunden ist, kann nicht verwundern. In wenigen Jahren ist so eine erstaunlich vielfältige Literatur der individuellen Phantasien, Sehnsüchte und Zwänge, der Beziehungsprobleme und Angstzustände entstanden: legitime Gegenstände der Literatur, insofern es Momente jeder individuellen Existenz sind. Problematisch wird dieser literarische Trend aber dort, wo er die wiederentdeckte Subjektivität verabsolutiert, das heißt im wörtlichen Sinn: loslöst von der Reflexion auf lebensgeschichtliche und gesellschaftliche Bedingungen, unter denen sie entstanden ist und denen sie ihre spezifische Form wie ihre ideologischen und affektiven Inhalte verdankt. Das Insistieren auf Subjektivität schlägt dann um in Dämonisierung oder Verherrlichung des Unbegriffenen. Insofern scheint eine „Kritik der Privatheiti“2 in der Gegenwartsliteratur durchaus geboten. Hier soll solche Kritik, die im Blick auf Peter Handke schon angedeutet wurde, ‚konstruktiv‘ weitergeführt werden: im Hinweis auf schriftstellerische Versuche, eben dem Zusammenhang von subjektiver Erfahrung und gesellschaftlichen Bedingungen, von Lebens- und Zeitgeschichte nachzugehen. In der Tat gibt es, wenn man genauer hinsieht, auch eine Tradition solcher Versuche in den siebziger Jahren, vor allem im Bereich der erzählenden Prosa.

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© 1980 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen

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Schütz, E., Vogt, J. (1980). Geschichte und Erfahrung: Kluge und Weiss. In: Einführung in die deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts. Grundkurs Literaturgeschichte. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91544-3_24

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-91544-3_24

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-11425-5

  • Online ISBN: 978-3-322-91544-3

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