Westafrika

Zusammenfassung

Die Euphorie der demokratischen Erneuerung, die mit dem “zivilen Staatsstreich” in Benin 1990 eingeleitet wurde, machte im Berichtsjahr in vielen westafrikanischen Staaten einer Ernüchterung und Enttäuschung Platz. In den Ländern, die bereits formal-demokratische Systeme eingeführt hatten, wie Benin oder Kap Verde, mußte die Bevölkerung, die mit einer schnellen Verbesserung auch ihrer wirtschaftlichen Lage gerechnet hatte, einsehen, daß die Schaffung eines Mehrparteiensystems allein keine Wunder vollbringt, sondern sogar noch mit einer Verschlechterung der Rahmenbedingungen für die große Mehrheit der ärmeren Schichten der Bevölkerung einhergehen kann. Auch die besten wirtschaftspolitischen Absichten und Programme ausgewiesener Experten wie Staatspräsident Soglo (Benin) ließen keine Wirtschaftswunder erwarten, solange nicht externe ökonomische Rahmenbedingungen verbessert werden. Insbesondere die internationalen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Afrika und der EG sollten grundlegend überdacht werden (z.B. in Richtung Handelsliberalisierung und Subventionsabbau auf Seiten der EG). Die desolate Situation der vom sozialen und ökonomischen Abstieg bedrohten Bevölkerungsschichten, verbunden mit frustrierten Hoffnungen auf mehr Selbstbestimmung, machte sich in gewaltsamen Demonstrationen Luft (besonders in Côte d’Ivoire und Nigeria) und brachte separatistischen Bewegungen (wie in der Casamance/Senegal oder bei den Tuareg in Mali und Niger) sowie rivalisierenden Bürgerkriegsparteien (Liberia, Sierra Leone) neuen Zulauf. Weite Kreise der Bevölkerung fühlten sich auch durch die neuen Parteien und das parlamentarische System nicht mehr vertreten und suchten nach anderen Wegen, um Gehör zu finden; fundamentalistische religiöse Bewegungen — geschürt von interessierter politischer Seite — waren auf dem Vormarsch, wie die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Kataf und Hausa Ende Mai im Kaduna State (Nigeria) zeigten. Nationale islamische Bewegungen gewannen in letzter Zeit u.a. in der Côte d’Ivoire an Boden.