Afrika 1992 — Das Jahr im Überblick

Zusammenfassung

Nach den teilweise euphorischen Hoffnungen der beiden Vorjahre auf eine “zweite Welle der Befreiung” kam es 1992 angesichts vielfältiger Rückschläge zu einer beträchtlichen Ernüchterung in bezug auf die Chancen für eine rasche und umfassende Fortführung des eingeleiteten Demokratisierungsprozesses. Abgesehen von zwei Ländern (Kongo, Mali), in denen die Wahl neuer Regierungen lediglich die im Vorjahr herbeigeführte Ablösung der bisherigen Machtinhaber zu Ende führte, gab es während des Jahres keine weiteren, auf demokratisch legitimierten Wahlen beruhenden Regierungswechsel. Ein Militärputsch (Sierra Leone) brachte eher Erinnerungen an vermeintlich schon vergangen geglaubte Zeiten. Vor allem aber gelang es verschiedenen autoritären Regimen, sich trotz formaler Zugeständnisse an einen neuerdings geforderten politischen Pluralismus durch Ausübung verschiedenster Tricks und Anwendung ihrer Herrschaftsinstrumente, aber auch infolge der Uneinigkeit der oppositionellen Kräfte, zumindest vorläufig weiter an der Macht zu halten. Die regierenden Eliten hatten es relativ schnell verstanden, sich an die veränderten (internen und internationalen) Erwartungen bezüglich der formellen Strukturen der politischen Systeme anzupassen und dennoch faktisch die Zügel weitgehend in der Hand zu behalten. Eine sehenden Auges ohne Versuche der Manipulation zugelassene Abwahl einer langjährigen Einheitspartei wie in Zambia im Oktober 1991 wiederholte sich jedenfalls nicht mehr.