Zusammenfassung
Schlägt das Pendel nach der Euphorie über den Liberalisierungs- und Demokratisierungsprozeß zu Beginn der 90er Jahre zurück? Gibt es jetzt auch in Afrika eine Entwicklung wie sie vor der dritten Demokratisierungswelle über Jahrzehnte für Lateinamerika typisch war, wo sich Militärregierungen und zivile Regime ständig abwechselten? Diese Fragen stellen sich, wenn man die jüngsten Ereignisse in einigen Staaten des Kontinents Revue passieren läßt, in denen die Militärs versucht haben, die Macht an sich zu reißen bzw. sich geweigert haben, die Macht an gewählte Repräsentanten abzugeben. In Nigeria verhinderte die amtierende Militärjunta 1993 die Amtsübernahme des demokratisch gewählten Präsidenten Abiola. Nach der erfolgten Führungsrotation innerhalb des Militärs erscheint das Abacha-Regime noch blutiger und korrupter als alle Militärregime zuvor, die es dem bevölkerungsreichsten Staat Afrikas ohnehin nur für zehn Jahre seiner 36 Jahre Unabhängigkeit gestattet hatten, von Zivilisten geführt zu werden. In Lesotho konnten Anfang 1994 ein Putschversuch und offene militärische Auseinandersetzungen zwischen zwei Armeefraktionen nur durch die entschlossene Einflußnahme der Nachbarstaaten verhindert bzw. beendet werden. Der erfolgreiche Militärputsch in Gambia vom Juli 1994 verdeutlichte, daß selbst jahrzehntelange Mehrparteiendemokratie keinen hinreichenden Schutz bietet, um die Militärs dauerhaft in die Kasernen verweisen zu können. Anfang 1996 zeigte sich in Sierra Leone und Niger, daß Militärinterventionen sowohl innerhalb des Militärs als auch gegen gewählte Zivilherrschaft weiter zur afrikanischen Realität zu zählen sind. Die jüngsten Fassadenwahlen in Aquatonal-Guinea und im Sudan täuschen nicht darüber hinweg, daß hier die Militärs das Heft weiterhin fest in der Hand behalten werden. Auch in Zaire arbeitet General Mobutu, der das potentiell reiche Land schon seit über drei Jahrzehnten mit höchster kleptokratischer Akribie ausplündert, beharrlich an seinem weiteren Machterhalt. Ähnlich ist die Situation in Togo einzuschätzen, wo Eyadéma zwar seine unangefochtene diktatorische Position eingebüßt hat, aber aus dem ihm verbliebenen Präsidentenamt heraus weiter an allen wichtigen Fäden zieht und die Armee für seine Ziele instrumentalisiert. In einer Reihe weiterer Länder sind die Regierungen ebenfalls de facto noch von ehemaligen Militärs geprägt, obwohl diese sich inzwischen formal einen zivilen Anstrich gegeben haben, so z.B. in Äthiopien, Burkina Faso,Eritrea, Ghana,Uganda und Tschad.
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Jakobeit, C. (1996). Militärs und Demokraten. Der Einfluß des Militärs auf Demokratisierungs- und Staatszerfallsprozesse in Afrika. In: Hofmeier, R. (eds) Afrika Jahrbuch 1995. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91407-1_8
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