Zusammenfassung
Der Begriff der Kontrolle umfasst zwei Hauptbedeutungen: zum einen begleitendes oder nachträgliches Überprüfen („checks“), zum anderen Beherrschen („control”).1 Wenn von „gouvernementaler Parlamentskontrolle” gesprochen wird, dann steht die zweite Hauptbedeutung im Vordergrund; gemeint ist, dass die Regierung das Parlament beherrscht. So wird zum Beispiel in einem Kommentar zum Grundgesetz festgestellt, dass „die Regierung faktisch den parlamentarischen Gesetzgeber nachhaltig“ „dominiert“ (SchulzeFielitz 1998: 160). Die Formulierung erweckt den Eindruck, dass die Regierung dem Parlament bzw. der Parlamentsmehrheit ihren Willen aufzwingt, während die Abgeordneten doch eigentlich frei und unabhängig entscheiden sollten. Insbesondere in den Medien wird die Kritik auch in der Weise formuliert, dass die „Exekutive“ die „Legislative“ beherrsche; faktisch sei die Exekutive der Gesetzgeber, während doch eigentlich die Legislative für die Gesetzgebung zuständig sei.2 Ähnlich wurde in den sechziger und siebziger Jahren kritisiert, dass der Bundestag nur noch „Ja und Amen“ zu den Gesetzentwürfen der Regierung sage, also als selbständiges Gesetzgebungsorgan abgedankt habe. Aktuell lautet diese Variante der Kritik zum Beispiel, dass sich der Bundestag nur noch „in einer Ratifikationssituation“ befinde, „ähnlich wie es bei völkerrechtlichen Verträgen der Fall ist, bei denen das Parlament keine Änderungen mehr vornehmen, sondern nur noch Ja oder Nein sagen kann.“ (Grimm 2001: 11, unter Bezugnahme auf das „klassische Demokratiemodell“ [12]) Auch die statistische Analyse der Gesetzgebung hinsichtlich der Frage, wie hoch der Anteil des Parlaments einerseits und der Regierung andererseits an den verabschiedeten Gesetzentwürfen sei, wurde jahrzehntelang von der Kritik an der Übermacht der Regierung beflügelt. Aus dem hohen Anteil der Regierungsentwürfe meinte man schließen zu können, dass die Regierung das Parlament dominiert.3
Für hilfreiche Kritik, zahlreiche Verbesserungsvorschläge und die Erstellung der Schaubilder am Ende des Textes danke ich Andreas Beckmann und Sven Singhofen. — Das Manuskript wurde im Februar 2002 abgeschlossen.
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Schuett-Wetschky, E. (2004). Gouvernementale Parlamentskontrolle?. In: Holtmann, E., Patzelt, W.J. (eds) Kampf der Gewalten?. Schriften der Sektion Regierungssystem und Regieren in der Bundesrepublik Deutschland der Deutschen Vereinigung für Politsche Wissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91385-2_2
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