Skip to main content

„Du schwule Sau!“ — Homophobie

  • Chapter
Männlichkeit und Gewalt
  • 864 Accesses

Zusammenfassung

Vor einiger Zeit wurde mir von einem Sozialpädagogen ein elfjähriger Junge überwiesen, weil er in Schule und Wohngemeinschaft durch aggressives Verhalten aufgefallen war. Die Betreuerinnen waren sich bezüglich der Ursachen und der pädagogischen Maßnahmen im Unklaren. Christoph wurde zu unserem ersten Treffen von seiner Bezugsbetreuerin begleitet. Er wirkte kleiner und unscheinbarer, als ich ihn mir durch die Ankündigung vorgestellt hatte. Die ersten Minuten saß er schüchtern da, ohne mir in die Augen zu sehen. Er saß auf der Kante des Sessels, die Hände zwischen die Knie geklemmt, in einer wahrlich nicht gemütlichen oder entspannten Lage. Eine Baseballkappe hatte er verkehrt auf, so dass das Schild seinen Nacken bedeckte. Er machte einen gedrückten, fast geknickten Eindruck und löste bei mir Gefühle der Sympathie und der Anteilnahme aus. Gleichzeitig war ich aber ratlos, wie ich mit ihm ins Gespräch kommen könnte und machte mir bereits in den ersten Minuten Phantasien, wie ich ihn, wenn die Spannung zu groß werden würde, früher entlassen könnte. Aber es kam anders. Er unterbrach die anfängliche Stille mit der Frage: „Wie lange wird das da dauern? Wir fahren morgen auf Urlaub. Ich muss noch packen.“ Ich versuchte mit meinen Worten auszudrücken, wie ich mich fühlen würde, wenn ich — ohne zu wissen warum — vor einem wildfremden Menschen, einem Psychotherapeuten sitzen würde und etwas von mir erzählen sollte. Er schien wider Erwarten Vertrauen gefasst zu haben und begann von seinen Problemen und seiner ergreifenden Lebensgeschichte zu erzählen. Die Stunde verging wie im Flug. Zum Abschied drückte er noch seine Freude auf unser nächstes Treffen aus. Bei einer Besprechung mit Sozialpädagogen wurde mir einige Tage später schmunzelnd berichtet, wie Christoph, wieder zuhause, stolz seinen Wohngemeinschaftskollegen verkündet hatte, dass er mir gleich klargemacht hätte: „Von dir, du schwule Sau, lass ich mir nichts erzählen.“ In der Folge seien auch noch andere deftige Worte gefallen wie Schwuchtel,Arschficker u.ä.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 44.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Authors

Editor information

Ingo Bieringer Walter Buchacher (Prof. an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Salzburg, freie Trainer- und Beratertätigkeit)Edgar J. Forster

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2000 Leske + Budrich, Opladen

About this chapter

Cite this chapter

Schreckeis, M. (2000). „Du schwule Sau!“ — Homophobie. In: Bieringer, I., Buchacher, W., Forster, E.J. (eds) Männlichkeit und Gewalt. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91371-5_28

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-91371-5_28

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-8100-2612-5

  • Online ISBN: 978-3-322-91371-5

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics