Zusammenfassung
Trotz der im letzten Kapitel beschriebenen Einschränkungen hat die Einführung der lokalen Selbstverwaltung sowie der Übergang von der zentralistischen Planwirtschaft zu marktwirtschaftlichen Strukturen zu einer Dezentralisierung von Aufgaben und Entscheidungen zugunsten der lokale Ebene geführt. Eine Schlüsselrolle bei der nachhaltigen Verwirklichung der lokalen Selbstverwaltung kommt jedoch dem bisher noch nicht behandelten System lokaler Finanzen zu. Wie in Kapitel 3 erläutert, war das staatliche Finanzsystem in der Sowjetunion geprägt von zweckgebundenen Zuweisungen der Zentrale an die nachgeordneten Ebenen. Den Städten und Gemeinden boten sich kaum Einfluß- und Entscheidungsmöglichkeiten. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion stand die russische Regierung vor der immens schwierigen Aufgabe die öffentlichen Finanzen zu reformieren und den neuen Notwendigkeiten anzupassen. In kurzer Zeit wurde eine Reihe von Gesetzen erlassen, die das alte System über Nacht grundlegend veränderten und zumindest auf den ersten Blick einen radikalen Bruch mit dem alten Zuweisungssystem bedeuteten.
“Unless more attention is paid to financial questions, the centralized nature of the tax system may lead to a recentralization of administrative functions.”1
“Der Prozeß der Liquidation der lokalen Budgets ist bereits zur Hälfte abgeschlossen.”2
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Literatur
Lizana 1993: 110.
A. Sliva, Vorsitzender der Gosduma-Kommission für lokale Selbstverwaltung, zitiert in: Vaslil’öik 1994.
Zakon RSFSR “ob osnovach bjudzetnogo ustrojstva i bjudzetnogo processa v RSFSR” vom 10. Oktober 1991 (VSND 46/1991: 1543).
RSFSR “ob osnovach nalogovoj sistemy Rossijskoj Federacii” vom 27. Dezember 1991 sowie Änderungen und Nachträge vom 16. Juli 1992, 22. Dezember 1992 und 21. Mai 1993 (VSND 11/1992: 527; 34/1992: 1976; 4/1993: 118; 23/1993: 824).
Gesetz der RSFSR “über die Mehrwertsteuer”/“o naloge na dobavlennuju stoimost) vom 6. Dezember 1991 (Rossijskaja Gazeta, 24. Dezember 1991, S. 1); Gesetz ”über die Änderung der Mehrwertsteuer“ vom 22. Mai 1992; Gesetz ”über die Grundlagen des Steuersystems in der Russischen Föderation“/”ob osnovach nalogovoj sistemy Rossijskoj Federacii“ vom 27. Dezember 1991 sowie dessen Änderungen und Nachträge vom 16. Juli 1992, 22. Dezember 1992 und 21. Mai 1993 (VSND 11/1992: 527; 34/1992: 1976; 4/1993: 118; 23/1993: 824). Zu Gütern, die von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind, siehe Ukaz EI’cins ”über einige Änderungen bei der Besteuerung und in den Wechselbeziehungen zwischen den Budgets verschiedener Ebenen/“o nekotorych izmenenijach v nologooblaienii i vo vzaimootno§enijach bjudietov razliönych urovnej” vom 22. Dezember 1993 (SAPP 52/1993: 5076).
Auf das Problem der Föderalisierung und der Steuerverteilung zwischen Zentrum und Regionen kann an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Siehe dazu u.a. Wallich 1992; Bell 1994a; Wallich/Bird 1994.
lzvestija, 2. September 1993, S. 1.
Gesetz “über die Besteuerung des Einkommens von Banken”/“o nalogoobloienii dochodov bankov” vom 12. Dezember 1991, Gesetz “über die Grundlagen des Steuersystems in der Russischen Föderation”/“ob osnovach nalogovoj sistemy Rossijskoj Federacii” vom 27. Dezember 1991 sowie dessen Änderungen und Nachträge vom 16. Juli 1992, 22. Dezember 1992 und 21. Mai 1993 (VSND 11/1992: 527; 34/1992: 1976; 4/1993: 118; 23/1993: 824). Ukaz EI’cins “über einige Änderungen bei der Besteuerung und in den Wechselbeziehungen zwischen den Budgets verschiedener Ebenen/”o nekotorych izmenenijach v nologoobla2enii i vo vzaimootnosenijach bjudietov razliönych urovnej“ vom 22. Dezember 1993 (SAPP 52/1993: 5076). Gesetz ”über die Besteuerung der Einkünfte von Versicherungen“/”o nalogooblo2enii ot strachovoj dejatel’nosti“ vom 13. Dezember 1991; Gesetz ”über die Grundlagen des Steuersystems in der Russischen Föderation“/”ob osnovach nalogovoj sistemy Rossijskoj Federacii“ vom 27. Dezember 1991 sowie dessen Änderungen und Nachträge vom 16. Juli 1992, 22. Dezember 1992 und 21. Mai 1993 (VSND 11/1992: 527; 34/1992: 1976; 4/1993: 118; 23/1993: 824).
Gesetz “über die Einkomensteuer von Unternehmen”/“o podochodnom naloge s predprijatij” vom 20. Dezember 1991 (VSND 23/1992:601). Änderung zum Gesetz “über die Grundlagen des Steuersystems in der RSFSR” vom 16. Juli 1992 (VSND 34/1992: 1976). Später wird die Steuer nur noch ats Gewinnsteuer “nalog na pribyl predprijatij i organizacij” bezeichnet.
Ukaz EI’cins “über einige Änderungen bei der Besteuerung und in den Wechselbeziehungen zwischen den Budgets verschiedener Ebenen/”o nekotorych izmenenijach v nologoobla2enii i vo vzaimootnosenijach bjudietov razliönych urovnej“ vom 22. Dezember 1993 (SAPP 52/1993: 5076).
Siehe Gesetz “über die Einkommensteuer natürlicher Personen” vom 7. 12. 1991. Gesetz “über die Grundlagen des Steuersystems in der Russischen Föderation”/“ob osnovach nalogovoj sistemy Rossijskoj Federacii” vom 27. Dezember 1991 sowie dessen Änderungen und Nachträge vom 16. Juli 1992, 22. Dezember 1992 und 21. Mai 1993 (VSND 11/1992: 527; 34/1992: 1976; 4/1993: 118; 23/1993: 824).
Gesetz der RSFSR “über die Besteuerung des Vermögens der Betriebe”/“o naloge na imußöstvo predprijatij” vom 13. Dezember 1991 (VSND 12/1992: 599) sowie dessen Änderungen und Beifügungen vom 6. März 1993 (VSND 25/1993: 486) und 3. Juni 1993 (VSND 44/1993: 905).
Ukaz EI’cins “über einige Änderungen bei der Besteuerung und in den Wechselbeziehungen zwischen den Budgets verschiedener Ebenen/”o nekotorych izmenenijach v nologooblaienii i vo vzaimootno6enijach bjudzetov razliönych urovnej“ vom 22. Dezember 1993, Ziffer 13 (SAPP 52/1993: 5076).
Finansovye Izvestija, 29. September 1994, S. IV.
Gesetz “über die Grundlagen des Steuersystems in der Russischen Föderation”/“ob osnovach nalogovoj sistemy Rossijskoj Federacii” vom 27. Dezember 1991 sowie dessen Änderungen und Nachträge vom 16. Juli 1992, 22. Dezember 1992 und 21. Mai 1993 (VSND 11/1992: 527; 34/1992: 1976; 4/1993: 118; 23/1993: 824). Gesetz “über die Grundlagen des Budgetrechts und des Rechts zur Formierung und Verwendung außerbudgetärer Fonds von Vertretungs-und Exekutivorganen der staatlichen Macht der Republiken im Bestand der Russischen Föderation, autonomer Oblasti, autonomer Kreise, Kraie, Oblasti, der Städte Moskau und St. Petersburg sowie der Organe der örtlichen Selbstverwaltung”/“ob osnovach bjud2etnych pray i pray po formirovaniju i ispol’zovaniju vnebjud2etnych fondov predstavitel’nych i ispolnitel’nych organov gosudarstvennoj vlasti respublik v sostave Rossijskoj Federacii, avtonomnoj oblasti, avtonomnych okrugov, kraev, oblastej, gorodov Moskvy i Sankt-Peterburga, organov mestnogo samoupravlenija” vom 15. April 1993 (VSND 18/1993: 635).
In Klammern ist jeweils der Prozentsatz der lokalen Verwaltungseinheiten angegeben, die den minimalen bzw. maximalen Steueranteil erhalten. Sofern nicht anders angegeben stammt das folgende Zahlenmaterial aus Gesprächen mit den Finanzchefs der jeweiligen Städte und Rajons, aus unveröffentlichten Budgetplänen und Quartalsbudgets sowie verschiedenen Verordnungen der Rajonverwaltungschefs über die Verteilung von Steuern.
Steueranteile Syktyvkars, der Hauptstadt der Republik Komi.
Gesetz “über die Grundlagen des Steuersystems in der Russischen Föderation”/“ob osnovach nalogovoj sistemy Rossijskoj Federacii” vom 27. Dezember 1991 sowie dessen Änderungen und Nachträge vom 16. Juli 1992, 22. Dezember 1992 und 21. Mai 1993 (VSND 11/1992: 527; 34/1992: 1976; 4/1993: 118; 23/1993: 824).
Siehe zum Problem von Inflation und Indizierung besonders Dillinger 1989.
Gesetz “über die Grundtsteuer”/“o plate za zemlju” vom 11. Oktober 1991 (VSND 44/1991: 1424).
Nach Osteuropa-Themen Nr. 91, Deutsche Bank Research, 31. Oktober 1993, S. 13.
Siehe Tosenskij Vestnik, 6. Juli 1994, S. 2.
Vgl. Raspora2enie Mera Sankt-Peterburga “ob ytver2denii Polo2enii o mestnych nalogach”, vom 28. Januar 1994 (Ekonomika i Zizn’, Sankt-Peterburgskij regional’ny vypusk, 4. März 1994, S. 4 ).
Postanovlenie “über die lokalen Steuern für das Jahr 1994” das Glava administracii des Gatöinskij Rajons vom 22. März 1994 (Gatöinskaja Pravda, 16. April 1994, S. 1).
Hierbei handelt es sich um keine Gebühr sondern eine Steuer. In Voronei beispielsweise müssen alle Unternehmen 5% der fiktiven Jahreslohnsumme (Mitarbeiter x monatliches Mindesteinkommen x 12) als “Stadtreinigungssteuer” zahlen.
In St. Petersburg werden alle Casinos, Spielhallen u.ä. mit einer 90%igen Gewinnsteuer belegt.
Als weitere Lokalsteuern und Gebühren nennt das Gesetz Steuern für die Bautätigkeit in Kurgebieten, Gebühren für das Recht, Auktionen abzuhalten, Parkgebühren und Warenzeichengebühren.
Ukaz EI’cins “über einige Änderungen bei der Besteuerung und in den Wechselbeziehungen zwischen den Budgets verschiedener Ebenen/”o nekotorych izmenenijach v nologoobla2enii i vo vzaimootnoäenijach bjudietov razliönych urovnej“ vom 22. Dezember 1993, Ziffer 27 (SAPP 52/1993: 5076).
Sankt-Peterburgskoe Echo, 10. August 1994, S. 9.
Postanovlenie glavy Gat6inskogo rajona Leningradskoj Oblasti vom 2. April 1994.
Siehe dazu Bahl/Linn 1992: 396/397; Lizana 1993.
Siehe dazu besonders Kapitel 7.
Nedviiimost’ Peterburga, 6. Oktober 1994, S. 3.
Priloïenie 1 zum Ukaz EI’cins “über das staatliche Programm der Privatisierung von staatlichen und munizipalen Unternehmen in der Russischen Föderation”/“o gosudarstvennoj programme privatizacii gosudarstvennych i municipal’nych predprijatii” vom 24. Dezember 1993.
Gesetz “über die lokale Selbstverwaltung” vom 6. Juli 1991, Art. 48.
Dieses Problem ist auch in vielen Entwicklungsländern anzutreffen. Um dieser Praxis entgegenzuwirken, könnte die russischen Regierung eine unabhängige zentrale Entwicklungsbank aufbauen, die wie in den Philippinen, Brasilien, Venezuela oder in Equador Kredite für Kapitalinvestitionen an die Städte und Gemeinden verteilt. Vgl. Hubbel 1983; United Nations 1972.
Pravda, 25. Juni 1993, S. 1.
Finansovye Izvestija, 30. März 1995, S. ll.
lzvestija, 6. Juni 1995, S. 1/4.
Kommersant-Daily, 8. Juni 1995, S. 3.
Interview mit der Leiterin des Sozialfonds der Stadt Workuta, Dezember 1994.
Zum Problem der Kontrolle außerbudgetärer Fonds siehe etwa Kozevnikov 1994.
So geschehen 1993 in Saratov. Nachdem sich der örtliche Chemiekonzern, an dem die deutsche Firma Henkel beteiligt ist, weigerte, einen Teil seiner Produktion in den ‘Warenfond“ abzuführen, wurde dem Unternehmen der Strom abgestellt. Diesen Hinweis verdanke ich Dr. Heinemann-Grüder von der Humboldt Universität Berlin.
Zu Methoden der Steuerhinterziehung siehe Charap/Webster 1993: 305.
Siehe vor allem Kapitel 8.
In Petrodvorec werden 40% des Fonds zur Unterstützung sozialer Randgruppen ausgegeben. Zudem werden die sogenannten gesellschaftlichen Organisationen (obbestvennye organizacii) mit Fondsmitteln unterstützt.
Lokalsteuern und übrige Einnahmen.
Im Sommer 1992 wurden alle Infrastrukturinvestitionen und die Bewirtschaftung von Flughäfen, Straßen und Eisenbahnen der Oblast’- und Rajonebene zugewiesen.
Nach Wallich 1992. Bei dieser Einteilung handelt es sich lediglich um die grundlegende normative Aufteilung von Zuständigkeiten und Finanzierungspflichten. Abgesehen von vielen Sonderregelungen und Ausnahmen, übernehmen die Regionen und Städte auch Finanzierungen von föderalen Einrichtungen, wenn, wie immer häufiger vorkommend, Moskau mit seinen Zahlungen im Rückstand ist.
Die Aufgabenverteilung zwischen Rajons und rajonabhängigen Städten, Posélki und Volosti ist gesetzlich kaum näher erläutert und hängt letztlich, wie bereits erläutert, von der Rajonverwaltung ab.
Kiri§skij Fakel, 18. August 1994, S. 1.
Bereits von 1990 bis 1991 verdreifachten sich in Petersburg die Ausgaben im Gesundheits-und Sozialwesen (Egorov 1991).
Das russische Kindergeld ist eine relativ neue Einrichtung, die zwar auf zentraler Ebene beschlossen wurde, jedoch vollstädnig von den Rajons und Städten finanziert wird. Das Kindergeld ist einkommensunabhängig und beträgt 1,5% des monatlichen Mindesteinkommens. Durch die Indexierung steigt des Kindergeld proportional zur Inflation und belastet so die “nichtindexierten” Stadtbugets zusätzlich. Vgl. lzvestija 22. April 1993,S. 1
VSPGSND, 1/1992, S.59 ff.
Bezrabotica: ciffry i fakty, Vesti, 11. August 1994, Mimina 1994a, 1994b.
Finanziert durch die Budgets der Stadtrajons.
In Sosnovy Bor befindet sich ein Atomkraftwerk, das Petersburg und den Leningradskaja Oblast’ mit Strom versorgt. Wie alle übrigen “Atomstädte” Rußlands, galt Sosnovy Bor bis 1991 als geschlossene Stadt und war direkt dem Atomenergieministerium in Moskau untergeordnet. Obwohl inzwischen vollständig in den Leningrader Oblast’ als kreisfreie Stadt integriert, unterstehen die Gesundheitseinrichtungen Sosnovy Bors weiterhin dem Ministerium in Moskau. Allerdings kommt Moskau seinen Zahlungsverpflichtungen immer schleppender nach, so daß die Stadt bereits wiederholt für Finanzierungslücken einspringen muß.
Davon sind 17,7% Ausgleichzahlungen an den Oblast’.
Darunter 36% der Gesamtausgaben für Kapitalinvestitionen!
Vgl. OstWirtschaftsReport, N. 9, 29. April 1994, S. 163.
Ukaz “o nekotorych izmenenijach v nologooblaienii i vo vzaimootnosenijach bjudietov razlicnych urovnej” vom 22. Dezember 1993 (Rossijskaja Gazeta 29. Januar 1993, S. 7).
Ukaz EI’cins Nr. 2292 vom 24. Dezember 1993 (SAPP 1/1994: 5).
Ukaz “o reforme predstavitel’nych organov vlasti i organov mestnogo samoupravlenija v RF” (SAPP 41/1993: 3924).
Die Gewinnsteuer für Staatsunternehmen betrugt1993 legidlich 22%.
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Mildner, K. (1996). Lokalfinanzen. In: Lokale Politik und Verwaltung in Russland. Stadtforschung aktuell, vol 60. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91365-4_6
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