Zusammenfassung
Die deutsche Afrikapolitik war im Berichtsjahr recht aktiv, wenngleich sich die vielerorts konstatierte Aufbruchstimmung des Vorjahres etwas relativiert hat. Dennoch waren Intensität und Niveau der afrikapolitischen Debatten in der Bundesrepublik vor dem Hintergrund der neunziger Jahre als vergleichsweise hoch zu bewerten. So wurde in zahlreichen politischen und gesellschaftlichen Gruppierungen die im Vorjahr angestoßene Neubestimmung afrikapolitischer Positionen fortgesetzt und konkretisiert. Der Bundestag debattierte am 18.1. zum dritten Mal binnen Jahresfrist über Afrika und verabschiedete mit den Stimmen der Regierungskoalition den Antrag “Afrikas Entwicklung unterstützen”. Bundespräsident Rau betonte vor dem Diplomatischen Korps die Bedeutung der Entwicklungspolitik und die Aktualität des Berichts der “Nord-Süd-Kommission” Willy Brandts (19.1.). Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen würdigte das von Nigeria und Südafrika vorgeschlagene “Millennium African Renaissance Programme” (MAP) mit einem deutsch-afrikanischen Symposium (4.4.); die CDU lud zur Fachtagung “Menschenrechte in Afrika” (7.5.). Derartige Bemühungen, einen Gegentrend zu dem weit verbreiteten entwicklungspolitischen Fatalismus zu setzen, erhielten im Herbst durch die New Partnership for Africa’s Development (NEPAD) afrikanischer Regierungschefs zusätzlichen Auftrieb (vgl. Themenschwerpunkt in diesem Jahrbuch). Diesen standen aber auch 2001 mitunter empfindliche Rückschläge bei der demokratischen Konsolidierung und der wirtschaftlichen Stabilisierung Afrikas entgegen. In der breiten Öffentlichkeit krankte die Thematisierung Afrikas nach wie vor an einer wenig differenzierenden Wahrnehmung des Kontinents als Heimstätte von Krisen und Katastrophen. In Folge der alles weitere Weltgeschehen überlagernden Ereignisse des 11. Septembers (Terroranschläge in New York und Washington) konzentrierte sich die westliche Aufmerksamkeit für Afrika zeitweise fast ausschließlich auf Somalia und dessen eventuelle Verstrickung in die Netzwerke des internationalen Terrorismus islamistischer Prägung. Dies betraf mittelbar auch die deutsche Außenpolitik. So entsandte die Bundesregierung im Dezember die Bundesmarine in Küstengewässer am Horn von Afrika als Beitrag zur US-geführten “Allianz gegen den Terror”. Parallel betonten Entwicklungs-und Sicherheitsexperten aller Parteien die komplexen Zusammenhänge von Armut und Unterentwicklung einerseits und Empfänglichkeit für fundamentalistische Ideologien sowie Bereitschaft zu menschenverachtendem Terrorismus andererseits. Die alte These, wonach Entwicklungspolitik maßgeblich auch interessengeleitete Sicherheitspolitik sei, bekam so tagespolitische Aktualität. Eine dem gegenüber konsequente Aufwertung entwicklungspolitischer Bemühungen seitens der Bundesrepublik oder der EU stand bislang aus. Statt dessen blieb die Afrikapolitik der Regierung im operationalen Bereich der allgemeinen Spar- und Konsolidierungsprämisse des Finanzministeriums unterworfen. Angesichts der traditionell knapp bemessenen Haushaltsmittel für das Entwicklungsressort blieb der afrikapolitische Handlungsspielraum eng begrenzt. Kritikern des Sparkurses aus der entwicklungspolitischen Lobby begegnete die Regierung öffentlichkeitswirksam mit der 2000 begonnenen Implementierung der Entschuldungsinitiative zugunsten der ärmsten hochverschuldeten Länder (HIPC), die überwiegend afrikanische Staaten betrifft.
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Bauer, S. (2002). Deutsch-afrikanische Beziehungen. In: Hofmeier, R., Mehler, A. (eds) Afrika Jahrbuch 2001. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91356-2_4
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