Zusammenfassung
Die moderne (betriebswirtschaftliche) Strategietheorie setzt sich als vielleicht wichtigstes Ziel, zu erklären, warum Unternehmungen trotz Wettbewerb eine nachhaltige Rente erzielen, d.h. einen Übergewinn im Vergleich zu anderen Unternehmungen trotz voll wirksamen Wettbewerbs. Die Logik des strategischen Denkens der heutigen Strategietheorie geht dabei davon aus, dass eine Unternehmung dann eine strategische Rente erzielt, wenn sie über einen nachhaltig verteidigungsfähigen Wettbewerbsvorteil verfügt. Voraussetzung dafür ist, dass sie sich in wesentlichen Punkten von anderen Unternehmungen bzw. den Mitbewerbern unterscheidet. Damit stellt sich die Frage: Wieso sind Unternehmungen, trotz gleichem Wettbewerbskontext, dennoch so verschieden, dass einzelne eine nachhaltige strategische Rente erzielen können. Bei der Erklärung dieser strategisch relevanten Unterschiede können drei Argumentationsgruppen unterschieden werden:
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eine menschenorientierte Argumentation, welche die Unterschiede auf das spezifische Verhalten und die besonderen Eigenschaften der im jeweiligen Unternehmen tätigen Menschen zurückführt,
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eine institutionelle Argumentation, welche die Unterschiede aus strukturellen und prozessualen Verschiedenheiten in Unternehmungen erklärt,
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eine inhaltsorientierte Argumentation, welche die Wurzeln des strategischen Erfolges einer Unternehmung in ihrer spezifischen Positionierung in den Märkten oder in ihren einzigartigen Ressourcen (Resource-based View) sucht. (Rühli/Sachs, 2000, S. 129)
Alle drei Perspektiven sind heute in starkem Masse herausgefordert. Nicht nur die Globalisierung, die Liberalisierung oder der technisch-wissenschaftliche Fortschritt bedingen einen raschen Wandel der unternehmerischen Bedingungen und neue Akzentsetzungen im strategischen Management. Vielmehr sieht sich das „real existierende Shareholder-Value-Denken“ auch auf strategischer Ebene harter Kritik ausgesetzt. Die Fehlleistungen und Pleiten, zu welchen, trotz operativ guten Leistungen, eine enge ökonomische strategische Sicht führt, sind etwa im Swissair-Fall sehr klar geworden. Und die verschiedenen „corporate scandals“ in Amerika, wie auch andernorts, zeigen, dass das strategische Verhalten von Unternehmungen nicht einseitig in seiner ökonomischen Dimension betrachtet werden darf; es bedarf einer ganzheitlichen Sichtweise. Die Unter?nehmung ist zwar originär eine Wirtschaftseinheit, die ökonomischen Gesetzmäßigkei?ten unterliegt. Sie ist aber immer auch ein Element des gesellschaftlichen Institutionen-gefüges und ist daher interaktiv mit einer großen Zahl von Anspruchsgruppen (Stakeholders) verknüpft. Dies ist von Hans Hinterhuber, dem dieser Artikel gewidmet ist, in seinen grundlegenden Werken zum strategischen Management immer wieder aufgezeigt worden (Hinterhuber, 1997, 1996, 1990).
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Rühli, E., Sachs, S. (2003). Der Stakeholder Ansatz — Ein umfassendes Framework des strategischen Managements. In: Matzler, K., Pechlaner, H., Renzl, B. (eds) Werte schaffen. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91254-1_3
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