Zusammenfassung
„Gesundschrumpfen durch Konzentration auf die Kernkompetenzen und Outsourcing nicht kompetitiver Tätigkeiten zeichnet keinen Unternehmer und keine Führungskraft auf Dauer aus. In der Industriegeschichte gibt es keine Beispiele für Unternehmungen, die durch Gesundschrumpfen groß geworden sind. Die Führungsverantwortung besteht darin, neue Möglichkeiten zu entdecken sowie daraus Nutzen für die Unternehmung und die anderen ‚Stakeholder’ zu ziehen.“ (Hinterhuber 2000, S. 92, Herv. i. Or.)
Das einleitende Zitat ist allein schon deshalb wegweisend, weil es die allgemeine Notwendigkeit hervorhebt, unternehmerische Verantwortung und die im betrieblichen Alltag oftmals vernachlässigte Wahrnehmung von Unternehmerfunktionen in den Mittelpunkt des Handelns zu stellen. Die im Zitat geäußerte industriegeschichtliche Erkenntnis ist darüber hinaus zu einer industriegeschichtlichen Entwicklung in Beziehung zu setzen, mit der zusammen die Einordnung des Themas erfolgt. Es handelt sich hierbei um den bereits über Jahrhunderte fortwährenden Trend zunehmender Arbeitsteilung in der Wirtschaft. Anknüpfend an diesen Beobachtungssachverhalt ist mit Blick auf die jüngste Vergangenheit festzustellen, dass sich bezüglich der Arbeitsteilung sowohl quantitative als auch qualitative Veränderungen erheblichen Ausmaßes vollzogen haben, die unterschiedlichsten Koordinationsformen betreffen:
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Vor allem unterstützt durch die Möglichkeiten, die moderne Informations- und Kommunikationstechnologien bieten, werden zunehmend mehr Leistungen auf marktlichem bzw. quasi-marktlichem Wege bezogen. Ursächlich hierfür ist die Effizienz der Transaktionsmechanismen elektronischer Märkte (Picot/Reichwald/ Wigand 2001), die vor allem im Bereich standardisierter Leistungen eine deutliche Senkung der Beschaffungskosten ermöglicht. Auf Grund derartiger Effizienzsteigerungspotenziale haben bereits zahlreiche Betriebe ihre Wertschöpfungstiefe abgebaut und sich somit der Vorteile interorganisationaler Arbeitsteilung bedient. Hervorzuheben ist, dass die Arbeitsteilung zu einer weitgehenden Trennung wertschöpfender Tätigkeiten von Lieferant und Abnehmer führt. Als verbindendes Glied fungieren im Regelfall nur Informations- und Kommunikationssysteme, die allerdings durch die Übermittlung nachfragerspezifischer Informationen eine begrenzte Leistungsindividualisierung zulassen. Mit Blick auf die Zukunft kann im Falle etablierter Transaktionsstandards auf elektronischen Märkten mit einer Fortsetzung dieser Entwicklung gerechnet werden.
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Im Gegensatz zur marktlichen Koordination ist auch am anderen Ende des Kontinuums transaktionskostentheoretischer Koordinationsformen ökonomischer Tätigkeit, der hierarchienahen Koordination, eine Zunahme der Arbeitsteilung festzustellen. Als wesentlicher Grund hierfür wird oft die Aussicht auf die Wahrnehmung der Spezialisierungsvorteile von Lieferanten angeführt (Semlinger 1993). Daneben bietet sich die Möglichkeit zur Erzielung von Economies of Scale, die sich dadurch ergeben, dass ein Lieferant in der Regel mehrere Abnehmer beliefert, während eine interne Dienstleistungsabteilung zumeist nur über einen einzigen (internen) Abnehmer verfügt. Eine hierarchienahe Arbeitsteilung unterscheidet sich vom oben genannten Fall wesentlich: Lieferant und Abnehmer sind nicht nur weitaus enger aneinander gekoppelt, sondern bilden über eine Wertschöpfungspartnerschaft oft eine Wertegemeinschaft. Problemstellungen werden nicht voneinander getrennt, sondern gemeinsam bearbeitet (Friedrich/Hinterhuber 1999). Verfügbares Wissen beider Parteien kann somit zu wesentlichen Teilen zusammengeführt werden. Die Koppelung der Betriebe wird zum Teil so eng, dass sogar wesentliche Führungsfragen gemeinschaftlich beantwortet werden, was gegenüber dem oben genannten Fall zu einer anderen Qualität der Zusammenarbeit führt, bei der Unternehmungsgrenzen an Bedeutung verlieren.
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Freiling, J. (2003). Der Lieferant als Mitunternehmer — Gemeinsame Werteschaffung durch engste vertikale Kooperation. In: Matzler, K., Pechlaner, H., Renzl, B. (eds) Werte schaffen. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91254-1_11
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