Zusammenfassung
Ich beginne mit einer banalen Feststellung: DDR-Literatur gibt es seit nunmehr bald vierzig Jahren, rechnet man, wie eingebürgert, die der Sowjetischen Besatzungszone auf dem genau gleichen Territorium hinzu, sogar seit über vierzig Jahren. Das ist literaturgeschichtlich gesehen ein langer Zeitraum, wenn man bedenkt, daß für literarische Epochen oder Teilepochen oft kaum mehr als ein Jahrzehnt angesetzt wird, vom Sturm und Drang über den Vormärz bis zum Expressionismus und zur Neuen Sachlichkeit. Auch andere, hilflos in Anlehnung an staatliche bzw. politik-geschichtliche Begriffe gebildete Epochentermini wie “Literatur der Weimarer Republik” oder “Literatur im Dritten Reich” erstrecken sich, gemäß dem geschichtlichen Zeitabschnitt, auf entschieden kürzere Zeiträume als vierzig Jahre. Die Schlußfolgerung für den scheinbar homogenen Block der DDR-Literatur muß also lauten: Eine interne Differenzierung dieser Literatur tut not. DDR-Literatur muß in sich historisiert werden.
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Anmerkungen
Vgl. Geschichte der deutschen Literatur. Bd. 11: Literatur der DDR. Von einem Autorenkollektiv unter Leitung von H. Haase. Berlin (DDR) 1976, Inhaltsverzeichnis S. 7–17 und passim.
Vgl. W. Benjamin: Geschichtsphilosophische Thesen. In: ders.: Illuminationen. Ausgewählte Schriften I. Frankfurt 1955, S. 275 f.
Vgl. J. Habermas: Die Neue Unübersichtlichkeit (= Kleine politische Schriften V). Frankfurt 1985.
Vgl. M. Walser: Über die Neueste Stimmung im Westen. In: Kursbuch 20 (März 1970 ), S. 19–41.
J. Habermas: Der philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen. Frankfurt 1985, S. 13.
Vgl. M. Weber: Die protestantische Ethik Bd. 1. Hamburg 1973.
B. Nelson: Der Ursprung der Moderne. Vergleichende Studien zum Zivilisationsprozeß. Frankfurt 1986, S. V.
W. Benjamin: Über einige Motive bei Baudelaire. In: ders.: Illuminationen (vgl. Anm. 2 ), S. 202.
R. Koselleck: “Erfahrungsraum” und “Erwartungshorizont” - zwei historische Kategorien. In: ders.: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt 1979, S. 349375, hier S. 368, 360 und 374.
J. Habermas: Dialektik der Rationalisierung. In: ders.: Die Neue Unübersichtlichkeit (vgl. Anm. 3 ), S. 171.
Vgl. dazu A. Huyssen: Postmoderne - eine amerikanische Internationale? In: ders., K. Scherpe (Hg.): Postmoderne. Zeichen eines kulturellen Wandels. Reinbek 1986, S. 13–44; hier S. 27 f.
K. H. Bohrer: Nach der Natur. Ansichten einer Moderne jenseits der Utopie. In: Merkur 41 (1987), H. 8, S.631–645; hier S. 632.
P. Bürger: Theorie der Avantgarde. Frankfurt 1974, S. 67 ff.
K. H. Bohrer: Nach der Natur (vgl. Anm. 12 ), S. 643.
F. Jameson: Postmoderne - zur Logik der Kultur im Spätkapitalismus. In: A. Huyssen, K. Scherpe (Hg.): Postmoderne (vgl. Anm. 11), S. 45–102, hier S.78 f.
Ebd., S. 78 f.
A. Wellmer: Zur Dialektik von Moderne und Postmoderne. Vernunftkritik nach Adorno. Frankfurt 1985, S. 57.
F. Jameson: Postmoderne (vgl. Anm. 15), S. 56 f.
Ebd., S. 70 f. (im Anschluß an Lacan).
Vgl. vor allem H. D. Schäfer: Zur Periodisierung der deutschen Literatur seit 1930. In: ders.: Das gespaltene Bewußtsein. Deutsche Literatur und Lebenswirklichkeit 1933–1945.
München, Wien 1981, S. 55–71.
Diese Hinweise verdanke ich Helmut Pillaus Artikel Moderne. In: Kulturpolitisches Wörterbuch Bundesrepublik Deutschland I DDR in: Vergleich. Stuttgart 1983, S 512–514.
Vgl. P. Bürger: Vorbemerkung. In: C. Bürger, P. Bürger: Alltag, Allegorie und Avantgarde. Frankfurt 1987, S. 7–12, hier S. 10.
H. Mayer: Stationen der deutschen Literatur. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung,16.6.1979. 24 Vgl. hierzu und zum folgenden W. Emmerich: Kleine Literaturgeschichte der DDR. Frankfurt 51989, S. 94 ff. und passim.
H. Küntzel: Von “Abschied” bis “Atemnot”. Über die Poetik des Romans, insbesondere des Bildungs-und Entwicklungsromans in der DDR. In: DDR-Roman und Literaturgesellschaft.
Hg. v. J. Hoogeven und G. Labroisse. Amsterdam 1981, S. 1–32; hier S. 4.
U. Johnson in: “Sie sprechen verschiedene Sprachen”. Schriftsteller diskutieren. In: alternative 38, 39 (Oktober 1964 ), S. 98.
Zur Formalismuskampagne vgl. W. Emmerich: Kleine Literaturgeschichte der DDR (vgl. Anm. 24), S. 98 ff.
Vgl. Kleines Organon für das Theater und Aufsätze zur Dialektik auf dem Theater. In: B. Brecht: Schriften zum Theater 2 (= Gesammelte Werke 16). Frankfurt 1967.
Vgl. meinen Arendt-Artikel in: Kritisches Lexikon zu deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Hg. von H. L. Arnold. München 1978 ff.
So E. Arendt im Gespräch mit Gregor Laschen in: Deutsche Bücher. Amsterdam 1976, H. 2, S. 98–100.
Vgl. R. Musil: Der Mann ohne Eigenschaften. Berlin 1930, S. 1043 f.
Dazu vor allem B. Neumann: Utopie und Mintesis. Zum Verhältnis von Ästhetik, Geschichtsphilosophie und Politik in den Romanen Uwe Johnsons. Kronberg, Ts. 1978.
V. Gransow: Fünf Kulturen und ein Trilemma. Notizen zur DDR-Kulturpolitik. In: DDR-Report 17 (1984), H. 8, S. 430–433.
V. Gransow: Die DDR zwischen Modernisierung und Modernität. Thesen auf der XIX. DDR-Forschertagung. Bonn 20.-23. Mai 1986. Typoskript S. 1.
I. Kant: Logik. In: ders.: Werke. Bd. VI. Hg. v. W. Weischedel. Frankfurt 1968, S. 448.
G. Kunert. In: Forum 20 (1966), H. 10.
Zitiert bei E. Wendt: Moderne Dramaturgie. Frankfurt 1974, S. 43 f.
Vgl. M.-J.-A.-N. Caritat, Marquis de Condorcet: Entwurf einer historischen Darstellung der Fortschritte des menschlichen Geistes. Frankfurt 1976, S. 31, 36 f. und passim.
H. Küntzel: Von “Abschied” bis “Atemnot” (vgl. Anm. 25), S. B.
F. R. Fries: Der Weg nach Oobliadooh. Frankfurt 1966, S. 287.
Auf der Leipziger Buchmesse im März 1988 wurde das Erscheinen des Romans noch für dieses Jahr angekündigt.
H. Müller: Ein Brief [an Martin Linzerj. In: ders.: Theaterarbeit. Berlin 1975, S. 125.
Der Begriff “arbeitende Subjektivität” wird zuerst 1968 von Dieter Schlenstedt in einem Interview mit Georg Maurer verwendet; Nachdruck in: Dichtung ist deine Welt. Selbstaussagen und Versuche zum Werk G. Maurers. Hg. v. G. Wolf. Halle, S. 1973, S. 45 und passim. V. Braun hat ihn aufgegriffen; vgl. V. Braun: Poesie und Politik. In: ders.: Es genügt nicht die einfache Wahrheit. Notate. Frankfurt 1976, S. 92 und 95.
V. Braun: Wie Poesie? In: ders.: Es genügt nicht die einfache Wahrheit (vgl. Anm. 43 ), S. 76.
V. Braun im Interview mit Silvia Schlenstedt. In: ders.: Es genügt nicht die einfache Wahrheit,S. 116.
H. Müller in: Berliner Begegnung zur Friedensförderung. Protokolle des Schriftstellertreffens am 13.114. Dezember 1981. Darmstadt, Neuwied 1982, S. 107.
G. Kunert: Abtötungsverfahren. München 1980, S. 17.
Th. Koebner: Apokalypse trotz Sozialismus. Anmerkungen zu neueren Werken von Günter Kunert und Heiner Muller. In: Apokalypse. Weltuntergangsvisionen in der Literatur des 20. Jahrhunderts. Hg. v. G. E. Grimm, W. Faulstich und P. Kuon. Frankfurt 1986, S. 274.
G. Kunert: Unterwegs nach Utopia. München 1977, S. 95.
H. Müller: Verkommenes Ufer Medeamaterial Landschaft mit Argonauten. In: ders.: Herzstück. Berlin 1983, S. 101.
Ebd., S. 99.
H. Müller: Ich glaube an Konflikt. Sonst glaube ich an nichts. Gespräch mit Sylvère Lotringer. In: ders.: Gesammelte Irrtümer. Interviews und Gespräche. Frankfurt 1986, S. 84.
H. Müller: Der Weltuntergang ist zu einem moralischen Problem geworden. Gespräch mit Uwe Wittstock. In: ders.: Gesammelte Irrtümer (vgl. Anm. 52 ), S. 180.
H. Müller: Der Schrecken die erste Erscheinung des Neuen. In: ders.: Rotwelsch. Berlin 1982, S. 94.
Ebd., S. 95.
Ebd., S. 98.
Vgl. P. Bürgers gleichnamigen Aufsatz in: Adorno-Konferenz 1983. Hg. v. L. v. Friedeburg und J. Habermas. Frankfurt 1983, S. 177–197.
Vgl. C. Wolf: Zwischen den Wertsystemen. Laudatio auf Thomas Brasch. In: Frankfurter Rundschau,31.10.87, S. ZB 3.
W. Biermann: Zwei Porträts. Vorwort zu Jürgen Fuchs: Gedächtnisprotokolle. Reinbek 1977, S. 7.
U. Kolbe: Hineingeboren. Gedichte 1975–1979. Frankfurt 1980; Titelgedicht S. 46.
M. Wüstefeld in: S. Anderson, E. Erb (Hg.): Berührung ist nur eine Randerscheinung. Neue Literatur aus der DDR. Köln 1985, S. 82.
U. Kolbe im Gespräch mit Lyriker-Kollegen und Ursula Heukenkamp. In: Weimarer Beiträge 25 (1979), H. 7, S. 46.
F.-H. Melle in: S. Anderson, E. Erb (Hg.): Berührung ist nur eine Randerscheinung (vgl. Anm. 61 ), S. 147.
S. Anderson: Die Generation nach uns ist freier (Spiegel-Gespräch). In: Der Spiegel, H. 36, 1986, S. 75. Vgl. allgemein dazu W. Büscher, P. Wensierski: Null Bock auf DDR. Aussteigerjugend im anderen Deutschland. Reinbek 1984.
Vgl. dazu Einleitung und Nachwort zu S. Andersons und E. Erbs Anthologie (vgl. Anm. 61).
R. Pietraß: Notausgang. Berlin, Weimar 1980, S. 57.
G. Kunert: Stilleben. München 1983, S. 75.
Vgl. G. Erbe: DDR-Schriftsteller und Moderne. Zum neueren Selbstverständnis von Schriftstellern in der DDR. Referat vor der XIX. DDR-Forschertagung Bonn 20.-23. Mai 1986. Typoskript S. 4.
Vgl. die Kontroverse um Nietzsche in Sinn und Form 38 (1986), H. 5 (Heinz Pepperle), 39 (1987), H. 5 (Wolfgang Harich) und 40 (1988) H. 1 (Hermlin u.a.). Harichs kaum verhüllt stalinistische Position erinnert stark an die frühen fünfziger Jahre.
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Emmerich, W. (1994). Gleichzeitigkeit. In: Die andere deutsche Literatur. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91069-1_6
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