Zusammenfassung
Fragen der Produktion und Nutzung von Informationen und “Wissen” stehen im Mittelpunkt vieler neuerer Ansätze der ökonomischen Theorie; verwiesen sei an dieser Stelle nur auf umfangreiche Arbeiten auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung (F&E).1 Hierbei geht es darum festzustellen, inwieweit über eine Analyse der besonderen Eigenschaften des Gutes Information spezielle Probleme und Institutionen des Kapitalmarktes erklärt werden können. Eines der betrachteten Phänomene ist der sogenannte Insider-Handel, den man umfassend als die Ausnutzung von Informationsvorsprüngen über bewertungsrelevante Faktoren von Wertpapieren durch Kapitalmarktteilnehmer definieren kann.2 Der Insider-Handel ist, was nicht verwundern kann, häufig Gegenstand juristischer bzw. rechtsökonomischer Diskussionen, denn wie auch im Bereich des Patentrechts hat sich in vielen Ländern ein System herausgebildet, das die Nutzung bestimmter Informationen gesetzlichen Regeln unterwirft. Bezüglich des Insider-Handels scheint der Staat sein Entscheidungsproblem ebenfalls gelöst zu haben. Ausgehend vom Mutterland der Insider-Regulierung, den USA, haben die meisten europäischen Länder Gesetzesvorschriften eingeführt.3 Im Zuge ihrer Harmonisierungsbestrebungen erließ die EU-Kommission 1989 eine sogenannte “Insiderhandelsrichtlinie”4, die bis zum 1. Juni 1992 in nationales Recht umzusetzen gewesen wäre, aber erst 1994 im Rahmen eines Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes in Deutschland Gesetzeskraft erlangt.5 Interessanterweise ist hierbei festzustellen, daß auch die deutsche “Banking Community”, die sich jahrzehntelang gegen eine Aufgabe der in der Bundesrepublik 1970 eingeführten freiwilligen Selbstkontrolle wehrte,6 nun eine Verschärfung befürwortet.7
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Literatur
Vgl. z.B. Dasgupta (1988), mit weiteren Nachweisen.
Diese Definition soll zunächst nicht weiter präzisiert werden. Sie entspricht z.B. der von Gale/Hellwig (1991) gewählten Formulierung der “informed speculation”. Andere Abgrenzungen, wie z.B. die in der amerikanischen Literatur übliche Umschreibung des “trading an material, non-public information” führen zu einer eher juristischen Auslegung des Begriffes, der hier nicht gefolgt werden soll. Zu juristischen Problemen der Definition und Abgrenzung vgl. Abschnitt E.
Vgl. den Überblick über die europäische Gesetzgebung von Wymeersch (1991) sowie Miller (1992). Besondere Probleme Österreichs und der Schweiz behandeln Scharf (1991) bzw. Forstmoser (1989).
Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte (89/592/EWG), in: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 334 vom 18.11.1989, S. 30–32. Zur Entstehung der Richtlinie vgl. Welter (1990) sowie den “Explanatory Report” des Europarates (1989).
Vgl. zur aktuellen Diskussion z.B. Gamerdinger (1993), Jütten (1993) und Kurth (1993). Der derzeitige Verfahrensstand findet sich in einem Gesetzentwurf der Bundesregierung wieder. Vgl. hierzu Bundestags-Drucksache 12/6679 vom 27.01.94.
Die Selbstkontrolle besteht in der freiwilligen Anerkennung sogenannter Insider-Regeln, die die Insiderhandelsrichtlinien, Händler-und Beraterregeln und eine Verfahrensordnung für die Prüfungskonunission umfassen, durch börsennotierte Unternehmen bzw. deren leitende Mitarbeiter und Kontrollgremien. Zur Darstellung der (noch) gültigen Regeln vgl. Grunewald (1990). In einem Vortrag befand von Rosen, daB die Insider-Regeln in ihrer letztmals 1988 überarbeiteten Fassung “was ihre Effektivität anbelangt, mit den bekannten gesetzlichen Regelungen jederzeit konkurrieren können…. Speziell was die Ermittlungsmöglichkeiten der Prüfungskommission angeht, brauchen wir uns hinter keiner gesetzlichen Regelung zu verstecken.” (von Rosen (1988), S. 14 u. 16). Den gleichen Grundtenor haben die Stellungnahmen von zur Megede, Schwarze und Raida zum Thema “Insider-Problem” in der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen im Jahre 1988.
Die Börsen dringen darauf, daB die angekündigten Gesetzentwürfe gegen Insider-Handel und für den Aufbau einer Wertpapier-Aufsichtsbehörde rasch dem Parlament zugeleitet werden. Diese Behörde muB die bestehende Aufsicht über die Banken, die das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen ausübt, überall dort im Börsenbereich ergänzen, wo das Bundesaufsichtsamt nicht tätig ist. Hierzu gehört in erster Linie die Verfolgung von Insider-Fällen.“ von Rosen (1992), S. 103.
Zur Interpretation und Anwendung der EU-Insiderhandelsrichtlinie vgl. insbesondere den Sammelband vonHopt/Wymeersch (1991).
Easterbrook/Fischel (1991), S. 263.
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© 1994 Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden
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Weber, W. (1994). Einleitung. In: Insider-Handel, Informationsproduktion und Kapitalmarkt. Neue Betriebswirtschaftliche Forschung, vol 131. Gabler Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90977-0_1
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