Zusammenfassung
Wie sich sowohl im Stil der modernen Avantgarde als auch in der Jugendkultur des 20. Jahrhunderts deutlich aufzeigen lässt, steht der gesellschaftlich geforderten „Langsicht“ des einzelnen, der Planung eines triebsublimierten, affekt- und gefahrlosen Alltaglebens, das bewusst intendierte oder unbewusste Aufbegehren diametral gegenüber. Die Forderung danach, das Hier- und-Jetzt intensiv und lustvoll auszuleben, unterbricht oder sabotiert die gefahr- und lustlose Realität der Mediokren, die Kultur der Mittelmäßigkeit. Der Wunsch nach einer unmittelbaren „Äußerung des Lustverlangens“ wird von den Surrealisten gleichwie im exaltierten Lebenskunstprinzip der Lettristen und Situationisten als auch in der Gestaltung einer künstlichen Umwelt auf Zeit in der Techno-Culture implizit. Die avantgardistischen Künstlergruppen stehen wie die Jugendkultur als rebellierender Ausdruck gegen eine zunehmende „Langsicht“ und Zurückhaltung der Emotion. Wie ausgeführt, beschreibt Norbert Elias ähnlich wie Sigmund Freud oder Friedrich Nietzsche, das von inneren Spannungen determinierte Subjekt in seiner ganzen inneren Zerrissenheit. Das Subjekt befindet sich in der permanenten Spannung zwischen Aufschub der aktuellen Bedürfnisse und Bedürfhislagen, der unmittelbaren „Augenblicksbefriedigung“ und einer „rationalen“ Weitsicht oder „Langsicht“. Partiell gelingt es ihm, aus dem starren Schema auszubrechen, um wie im Fall der Raver für ein paar Stunden in einer außeralltäglichen Erfahrung, mit der perfektionierten Selbstzurücknahme zu brechen. Das Subjekt der Postmoderne befindet sich in dem von Elias beschriebenen Zivilisationsprozess auf der bisher höchsten Stufe einer gesellschaftlich geforderten Selbstregulierung und Selbstkontrolle.
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© 2004 VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Seifert, A. (2004). Körper und Tod. In: Körper, Maschine, Tod. Studien zur Jugendforschung, vol 24. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90852-0_18
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-90852-0_18
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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