Zusammenfassung
Gerhard Schröder hat niemandem den Krieg erklärt, aber in der Wahl der Formulierung des Kernsatzes seiner Erklärung am Abend des 11. September 2001 hat er eine gewissermaßen autoritative politische Bestätigung des Interpretationsmusters der Terroranschläge in den USA vorgenommen, welches die großen deutschen Fernsehsender im Laufe des Nachmittags verbreitet hatten („Kriegserklärung gegen die gesamte zivilisierte Welt“). Dieses Interpretationsmuster hat bei der deutschen Bevölkerung in den darauf folgenden Wochen in erheblichem Maße zur bereitwilligen Akzeptanz des militärischen Vorgehens der USA in Afghanistan beigetragen. Ob die Formulierung von Schröders Erklärung einer politisch-strategischen Überlegung entstammte oder vornehmlich Produkt der vorhergehenden massenmedialen Konstruktion war, kann hier nicht abschließend entschieden werden. Doch sowohl die übereinstimmende Begrifflichkeit („Kriegserklärung“) von Medien-Interpretation und Kanzlerwort als auch die spätere klare Ablehnung des US-geführten Irak-Krieges durch den deutschen Bundeskanzler legen den Schluss nahe, dass die massenmediale Berichterstattung von erheblichem Einfluss auf die regierungsamtliche Erklärung zu den Terroranschlägen am 11. September 2001 war. Daraus ergibt sich die Fragestellung dieses Beitrags nach den Mustern und Eigenlogiken einer Fernsehberichterstattung, die dem Kanzler einer rot-grünen Regierung den „Krieg“ in den Mund legt.1
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© 2004 VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Weller, C. (2004). Das Fernsehen und die politische Deutung der Ereignisse am 11. September. In: Krieg als Medienereignis II. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90833-9_11
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-13997-5
Online ISBN: 978-3-322-90833-9
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