Zusammenfassung
Vielleicht emanzipiert sich tatsächlich im Laufe des 20. Jahrhunderts die Literatur des Konjunktivs und des „Möglichkeitssinns” immer weiter von den nur abergläubischen Gespenstergeschichten, in denen Vampire noch echtes rotes Blut saufen. Vielleicht stößt sich die Phantasie als Kraft der Erkenntnis und des Modellbaus immer entschiedener von der Phantastik ab und beweist schließlich sich und uns, dass sie mit jenen plumpen Schrecken gar nichts zu schaffen habe. Dann würde jedoch Bruno Schulz um so höheres Interesse beanspruchen, der noch in den Aufschwüngen der rein geistigen, ja ätherischen Spekulation den alten Angstapparat klappern lässt, der die kindliche Naivität in ihrer Urform anstaunen lässt — aber schon leicht verdorben, von einem Anflug der Reflexion angesteckt — und in seinen Kaskaden von flüchtig schwirrenden Bildern kein Klischee des Zwischenreichs zwischen den Lebenden und den Toten auslässt.
Unter dankbarer Benutzung eines Vorlesungsskripts von Heinrich Olschowsky zum gleichen Thema.
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Literatur
Zu diesem Interpretationsansatz wie zur folgenden Interpretation vgl. Czytanie Schulza, hg. von J. Jarzebski, Krakow 1994.
Andrzej Wirth im Nachwort zu: Bruno Schulz, Die Zimtläden, München 1961, S. 239.
Brief vom Juli 1936, nur als Offener Brief in der Zeitschrift Studio erhalten; abgedruckt in: Bruno Schulz, Z listow odnalezionych,Warszawa 1993, S. 52 f, deutsch in: Bruno Schulz, Die Wirklichkeit ist Schatten des Wortes. Aufsätze und Briefe,hg. von Jerzy Ficowski, München 1992, S. 97.
Vgl. Andrzej Wirth, „Nachwort“ zu: Bruno Schulz, Die Zimtläden,München 1961, S. 242. 12Vgl. dazu oben, S. 13 f.
So wie die Teilhaber von „Die geniale Epoche“ (Teil 1) ihr Problem, Ereignisse unterzubringen, „die keinen Platz in der Zeit haben”, genial, obgleich „ein wenig illegal“ und „problematisch” dadurch lösen, dass sie ein „Nebengleis“ der Zeit eröffnen.
Vgl. als Komprimat der herrschenden Meinung z.B.: Russell E. Brown, Myths and Relatives. Seven Essays on Bruno Schulz,München 1991, insb. S. 119–28: “Politics and Society in the Fiction of Bruno Schulz. Impressions and Allusions”. Browns Schluss, dass die Politik in Schulz’ „poetischer“ Welt gar keine Rolle spiele, scheint mir wegen der o.a. Belege überzogen.
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Bauer, G. (2000). „Prachtvolle Lästerungen gegen diese Welt”: Die Obsession des Provisorischen in Bruno Schulz’ Zimtläden. In: Bauer, G., Stockhammer, R. (eds) Möglichkeitssinn. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90722-6_10
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-90722-6_10
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