Zusammenfassung
Daß die subjektive Furcht eines Menschen vor Kriminalität offensichtlich nicht bzw. allenfalls schwach mit im statistischen Sinne ‚objektiv ‘zunehmenden Krimi-nalitätsraten oder mit einer tatsächlichen persönlichen Bedrohtheit korreliert, darf wohl als bekannt vorausgesetzt werden. Wie insbesondere Karl-Heinz Reuband immer wieder (z.B. 1992, 1993 und 1994) gezeigt hat, reicht vielmehr, auch wenn es an einschlägigen eigenen Erfahrungen mangelt, und auch wenn überdies gesamtgesellschaftlich die Kriminalitätsbelastung eher abnimmt, ein in den Medien hinlänglich intensiv verbreitetes Horror-Szenario für die große, teils schweigende, teils vor sich hinmurrende Mehrheit der Bürger völlig aus dafür, daß sie ganz konkret um ihr Hab und Gut und um ihre persönliche Sicherheit bangen (vgl. dazu Cremer-Schäfer 1993, Seidl-Pielen/Farin 1994, Steinert 1993). Denn der damit korrespondierenden Wahrnehmung zufolge scheint der (zunehmende bzw. zunehmend eingeforderte) Regelungs-, Norm- und Vollzugsbedarf vom Staat eben immer weniger befriedigt werden zu können — z.B. aufgrund von dessen in Relation zur Problemdimension und zur Problemzunahme knappen Ressourcen, aber auch, und darauf weist insbesondere Manfred Lauermann (1994) hin, aufgrund der (zumindest unterstellten) strukturellen Strafunfähigkeit fortgeschrittener Demokratien.
Zum Begriff des Bürgertums sei vorausschickend angemerkt, daß uns weniger der sukzessive veraltende (Groß)Bürger als ‚bourgeois ‘vorschwebt. Unser Bürger-Begriff ist, durchaus mit den Konnotationen ‚Kleinbürger ‘und ‚Normalbürger‘, sehr viel näher am ‚citoyen ‘angesiedelt. -Wichtige Anregungen zur Formulierung des Titels verdanken wir Leigh Brackett und Lawrence Kasdan.
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Literatur
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Hitzler, R., Milanés, A. (1998). Das Bürgertum schlägt zurück. In: Reichertz, J. (eds) Die Wirklichkeit des Rechts. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90685-4_13
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