Zusammenfassung
In seinem allgemeinsten Sinne bezeichnet der Begriff der internationalen Akquisition den grenzüberschreitenden Erwerb von Gesellschaftsanteilen (“gesellschaftsrechtliche Lösung”) respektive von Vermögen bzw. Vermögensanteilen (“vermögensrechtliche Lösung”) eines Unternehmens, eines Geschäftsbereiches oder einer Tochtergesellschaft, und zwar zunächst unabhängig von der Höhe des erworbenen Anteils:1
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Im Rahmen des Anteilskaufs (Share Purchase, Stock Acquisition) erwirbt der internationale Akquisiteur2 die Gesellschaftsanteile des Übernahmeobjektes von dem (bzw. den) Aktionär(en).3 Der Käufer übernimmt Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten des Akquisitionsobjektes ebenso wie vertragliche Bindungen. Die Methode des Anteilskaufs ist auch bei Personengesellschaften anwendbar, indem eine vorherige Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft vorgenommen wird.4
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Die weitaus aufwendigere und daher auch seltenere Form der internationalen Akquisition5 besteht in dem Erwerb einzelner oder aller Vermögensgegenstände (Asset Purchase) abzüglich der Schulden.6 Der Akquisiteur kann dabei genau bestimmen, an welchen Sachen und Rechten er das Eigentum erwerben will. Diese Art der Transaktion unterliegt einer höheren Besteuerung als der Anteilserwerb. Zudem ist keine Übernahme steuerwirksamer Verluste möglich. Hingegen können die erworbenen Vermögensgegenstände zu einem höheren Wert als dem Buchwert angesetzt werden (Stepping Up), womit sich neue Abschreibungsmöglichkeiten eröffnen.7 Die Übertragung von Vermögensgegenständen ist sowohl bei Kapital- als auch bei Personengesellschaften möglich.
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Literatur
In der folgenden Diskussion wird die Deckungsgleichheit von Anteilen und Stimmrechten unterstellt, womit eventuelle Verzerrungen durch Anteile ohne Stimmrechte vernachlässigt werden können. Bei der Beurteilung der Beteiligungshöhe einer Akquisition im Einzelfall muß dieser Faktor natürlich Berücksichtigung finden. (Vgl. hierzu Knop (1992), S. 16 f.).
Auch die Bundesbank weist in ihren Statistiken Direktinvestitionen ab einem Anteilserwerb von 25% aus. (Vgl. Morgan Grenfell (1989a), S. 53).
Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes (Außenwirtschaftsverordnung AWV, 1986), §55, zitiert nach: Commerzbank ( 1989, Hrsg.).
Bleeke/Ernst (1992), S. 124 finden dafür folgende Erklärung: “Gibt es einen Mehrheitspartner, so neigt dieser dazu auch die Entscheidungsfindung zu dominieren und eigene Interessen über die seines Partners oder des Joint Ventures zu stellen. Am Ende dürften alle Beteiligten schlechter dastehen.”
Beispielsweise zieht die Federal Trade Commission im Rahmen der Statistical Reports on Mergers and Acquisitions die Grenze für die Erfassung von Akquisitionen bei 50%. (Vgl. Federal Trade Commission, Bureau of Economics (1981), S. 101).
Vgl. Bressmer/Moser/Sertl (1989), S. 66–68, Kuting (1993), Sp. 1346 f. Zu den verschiedenen Spielarten nach US-Recht (Forward Merger, Reverse Merger, Reverse Subsidiary Merger etc.) vgl. Marren (1993), S. 101–116.
Barbas/Caussain/Howles (1992), S. 47. Beispielsweise sind in Japan Fusionen zwischen japanischen und ausländischen Gesellschaften unzulässig. ( Vgl. Morgan Grenfell (1989a), S. 437 ).
Befürchtet wird vor allem, daft mit grenzüberschreitenden Fusionen geltendes Recht zum Schutz von Gesellschaftern, Gläubigem und Arbeitnehmern unterlaufen werden könnte. Diese Gefahr ist jedoch dann relativ gering, wenn eine ausländische Gesellschaft auf eine inländische fusioniert wird: “Auch im deutschen Zivilrecht gewinnt die Auffassung an Boden, die zumindest eine Hineinverschmelzung im Weg der Gesamtrechtsnachfolge zulassen will, weil hierdurch eine Verletzung deutscher Schutzvorschriften nicht zu befürchten sei. ” (Herzig/Förster (1994), S. 2 ).
Vgl. z.B. Becker (1994), S. 198, Copeland/Weston (1992), S. 677. Darüber hinaus mutiert Mergers & Acquisitions mitunter zum Sammelbegriff für alles, was mit Untemehmensksnfen oder -verkäufen im Zusammenhang steht. Zu Akquisitionen und Fusionen gesellen sich dann Going Public und Going Private, LBO und MBO sowie Instnmtente der Risikofmanzie ung. ( Vgl. Behrens/Merkel (1990), S. 14 ).
Die Wertneutralität des Begriffes multinational wäre bier zu retten, würde man - in Anlehnung an Porters (1986) Bezeichnung der entsprechenden Branche als multidomestic - den Begriff multilokal verwenden. (Vgl. ebd., S. 17).
Als vierte “versteckte” Dimension kommt der zeitliche Aspekt der Internationalisierung hinzu, vgl. dazu Kutschker (1994a), Kutschker/Bäurle (1997). Der Aspekt der Internationalisierungsdynamik wird in Kapitel D.3.2382 betrachtet.
Vgl. Porter (1985), S. 36–53. Vgl. auch die modifizierte Anwendung der Wertschöpfungskette bei BäurlelSchmid (1994b), S. 4–6. Dort werden Einkauf und Forschung & Entwicklung als Primäraktivitäten geführt: Erstere Aktivität aufgrund des immensen Wertschöpfungspotentials in internationalen Unternehmen (Stichwort: Global Sourcing), letztere wegen der Möglichkeit, Forschungsergebnisse in Form von Patenten oder Lizenzen international zu vermarkten. Kutschker ((1994b), S. 135, FN 26) weist auf die Problematik der Doppelerfassungen von Wertkettenelementen bei Anwendung des Porter’schen Ansatzes für internationale Unternehmen hin.
Schwieriger wird es bereits, inländische und ausländische Wertschöpfung bei anderen Formen der Marktbearbeitung wie Export, Lizenzvergabe, Franchising oder Joint Ventures trennscharf zu unterscheiden. Bäurle/Schmid (1994b), S. 9 diskutieren einige Aspekte dieser in der Literatur ansonsten vernachlässigten Problematik.
Damit werden auch “herkömmliche” Sichtweisen über die Intensität verschiedener Formen von Auslandsengagements in Frage gestellt: Meissner/Gerber (1980) etwa charakterisieren Markteintrittsformen von Export bis Tochtergesellschaft nach dem Kriterium zunehmender Kapital- und Managementleistungen im Gastland bei gleichzeitig abnehmenden Kapital- und Managementleistungen im Stammland. (Vgl. ebd., S. 224). Berücksichtigt man indes die zum Teil erhebliche Wertschöpfung, die im Stammland für eine Tochtergesellschaft erbracht wird (gerade bei einem internationalen Fertigungsverbund), kann man nicht pauschal von geringeren Leistungen im Stammland sprechen.
Kutschker (1995a), S. 649. Zum Konzept der transnationalen Organisation vgl. Bartlett/Ghoshal (1987b).
Genau genommen führt Kutschker den Faktor Organisationsstrukur bei seiner Diskussion von Faktoren der Integration nicht an. Dies tun jedoch Bäurle/Schmid (1994b), S. 11 f. aus der Kutschker’schen Schule. Zu der Thematik internationaler Organisationsstrukturen vgl. Macharzina (1992), S. 6–9.
Bei der ethnozentrischen Orientierung dominiert die Unternehmenszentrale im Heimatland, bei der polyzentrischen Orientierung hingegen genießen die jeweiligen Landesgesellschaften maximale Autonomie. Die geozentrische Orientierung versucht eine optimale Balance und Interaktion zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften. Bei der regiozentrischen Orientierung wird das Geschäft durch die Perspektive der regionalen Hauptquartiere zusammen mit den zugehörigen Tochtergesellschaften bestimmt. (Vgl. Perlmutter (1969), S. 12).
Kirsch (1989), S. 40 f. Ähnlich gelagert ist der Ansatz der Tiefenstruktur zur Beschreibung von Unternehmen: “[…] surface structures of corporations can be observed by outsiders, whereas deeper structures are somewhat hidden. […] we will define deeper structure as the sum of basic assumptions, values, interests and contexts of the members of a corporation.” (Bäurle/Schmid (1994b), S. 26 f. Vgl. auch Schmid (1996), S. 115–168 ).
Neben den Kosten spielen Qualitätsgesichtspunkte eine zentrale Rolle: Häufig ist nur bei Nutzung eines einzigen Werkzeugsatzes eine identische Beschaffenheit aller PreSteile zu erzielen.
Vgl. Kogut (1985b), S. 33 f. Das Thema wird im Rahmen der Diskussion der Vorteile aus Internationalität (Kapitel D.3.231) vertieft
Kutschker/Bäurle (1997), S. 110. Vgl. auch Bäurle/Schmid (1994b), S. 15–25, Kutschker (1994a), S. 235. Zu der inkrementellen Internationalisierung sowie den Intemationalisierungsepisoden kommen Internationalisierungsepochen hinzu. Epochen bewirken den tiefgreifendsten und intensivsten Wandel der Unternehmung und nehmen die längste Zeit in Anspruch. (Vgl. Kutschker (1996), S. 22–30, Bäurle (1996), S. 38 ).
Aus der Perspektive des Potentialgedankens kann man beispielsweise die P/MS-Untersuchungen (Profit Impact of Market Strategies) des Strategic Planning Institute (SPI) in den USA seit den 70er Jahren als empirische Suche nach den Potentialen erster Ordnung werten. Positiv auf den Untemehmenserfolg - so die wesentlichen Erkentnisse von PIMS - wirken sich vor allem eine hohe relative Qualität der Produkte und Dienstleistungen im Vergleich zur Konkurrenz, ein hoher (absoluter wie relativer) Marktanteil und eine hohe Arbeitsproduktivität aus. (Vgl. Buzzel/Gale (1987), S. 1–15, 46 f., Schoeffler (1983), S. 23–5 f.).
Vgl. Kirsch et al. (1989), S. 145 f. Auf die dort getroffene Unterscheidung von operativer Führung 1 und operativer Führung 2 wird hier nicht eingegangen.
Gälweiler (1987) weist in seinem Erfolgspotentialansatz dem Marktanteil der Unternehmung in der jeweiligen Produkt-Markt-Aktivität die absolut zentrale Bedeutung zu, was bei Kirsch/Kutschker (1981) einem Potential erster Ordnung gleichkommt. Marktanteile sind unmittelbare Repräsentanten von Erfolgspotentialen, da sie die treibende Kraft hinter dem Erfahrungskurveneffekt einer Unternehmung darstellen. Hinter dem Erfolg in den Produkt-Markt-Aktivitäten stehen die Leistungspotentiale der Unternehmung (bei Kirsch/Kutschker wären dies Potentiale zweiter Ordnung). Leistungspotentiale umfassen die Führungsstruktur der Unternehmung, ihre Finanzierungsstruktur und das Finanzpotential, produkt- und marktadäquate Kapazitäten und Fähigkeiten in allen Funktionsbereichen, die notwendigen Steuerungs-, Informations- und Kommunikationssysteme, eine langfristig tragfähige Personalstruktur sowie adäquate Sachmittel-Investitionen in Funktionen und Systeme. (Vgl. Gälweiler (1987), S. 23–46).
Pümpin (1990a, 1990b) geht mit seiner Definition der Nutzenpotentiale über das Produkt-Markt-Denken hinaus, indem er auch die Umwelt als Potentialfaktor identifiziert. Pümpin unterscheidet zwischen externen und internen Nutzenpotentialen,welche den Potentialen erster Ordnung à la Kirsch/Kutschker entsprechen. Zu den externen Nutzenpotentialen zählen z.B. Markt-, Technologie-, Finanz-, Beschaffungsoder Kooperationspotentiale, aber auch Übernahme- und Restrukturierungspotentiale. Als interne Nutzen-potentiale können z.B. Kostensenkungspotentiale, organisatorische Potentiale oder interne Humanpotentiale erschlossen werden. (Vgl. Pümpin (1990a), S. 42–127, Pümpin (1990b), S. 555. Zu internen Potentialen vgl. auch Knolmayer (1989)).
Als Potentiale zweiter Ordnung könnnen Pümpins strategische Erfolgspositionen (SEP) bezeichnet werden. “Bei einer SEP handelt es sich um eine in der Unternehmung durch den Aufbau von wichtigen und dominierenden Fähigkeiten bewußt geschaffene Voraussetzung, die es dieser Unternehmung erlaubt, im Vergleich zur Konkurrenz langfristig überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen.” (Pümpin (1982), S. 34). Strategische Erfolgspositionen werden danach kategorisiert, in welchem der drei unternehmerischen Aktivitätsfelder - Produkt, Markt oder Funktion - sie primär wurzeln. Den Berührungspunkt zwischen Nutzenpotentialen und strategischen Erfolgspositionen sieht Pümpin darin, “[…1 daß zum Erschließen von langfristigen Nutzenpotentialen oft strategische Erfolgspositionen aufgebaut werden müssen.” (Pümpin (1982), S. 52). Dies unterstreicht die Charakterisierung als Potentiale zweiter Ordnung.
Vgl. z.B. Hax/Majluf ( 1988 ). Jedoch sind viele Instrumente von Wettbewerbsanalyse und -strategie nur eingeschränkt im internationalen Kontext anwendbar, vgl. Roxin (1992).
Müller, Armin (1988): Der Griff nach den Sternen, in: Politik und Wirtschaft, o. Jg., Nr. 3, 1988, Seite 62, zitiert nach Schade ( 1988 ), S. 252.
Vgl. Schade (1990), S. 259, Sieben/Sielaff (1989), S. 30 f. Gerade in dem sehr aktiven Akquisitionsumfeld der USA wird der Letter of Intent vor allem auch aus taktischen Gründen abgeschlossen, um andere Kaufinteressenten von den Verhandlungen auszuklammern.
Vgl. Earl/Fisher (1986), S. 107–110, Humpert (1982), S. 102, Schade (1993), S. 273 f., Sieben/Sielaff (1989), S. 36–40. Gewährleistungsvereinbarungen können über zugesicherte und wertrelevante Eigenschaften des Akquisitionsobjektes, wie z.B. die erfolgte Berücksichtigung von Risiken durch Rückstellungen, das Eigentum an den Vermögensgegenständen, den Zugang zu Rohstoffen oder die Verwertbarkeit von Patenten und Warenzeichen getroffen wenden.
Beaver, Jeffrey (1988): Surmounting Language Barriers, in: Mergers & Acquisitions, o. Jg., Nr. 4, 1988, S. 84, zitiert nach Schade ( 1990 ), S. 248.
Dies beginnt bei einer Intensivierung der Managementanstrengungen und geht über kurzfristige Umsatzsteigerungsprogrammen zur Erhöhung des Marktanteils bis hin zum Window Dressing der Bilanzen z.B. durch Änderung von Bewertungsmethoden, Verzögerung von Investitionen oder Aufwertung von Beteiligungen. (Vgl. Müller/Pluznik (1995), S. 7, Schade (1990), S. 260–262).
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Scholz, J. (2000). Internationale Akquisition und Multinationale Unternehmung: Statische und dynamische Perspektiven. In: Wert und Bewertung internationaler Akquisitionen. mir-Edition. Gabler Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90674-8_2
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