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Performativität und Institutionalität

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Book cover Illokutionäre Kräfte
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Zusammenfassung

Die Eigentümlichkeiten des Phänomenbereichs, der von der Sprechakttheorie erfaßt werden soll, kommt vielleicht am deutlichsten an den Deklarationen zum Vorschein. Deklarationen schaffen Tatsachen, und sie tun das, indem sie diese benennen. Deklarationen bringen eine Korrespondenz zwischen dem propositionalem Gehalt der Äußerung und der Realität zustande. Wie ist das möglich? Wie ist es möglich, daß durch den Vollzug eines Sprechakts (einer bestimmten Art) eine Korrespondenz von propositionalem Gehalt und Realität zustande gebracht wird? Eine der Voraussetzungen, die wichtigste, besteht darin, daß das, was durch deklarative Sprechakte ’in die Welt gesetzt’ wird, nur deshalb existiert, weil es von Sprecher(n) und Hörer(n) für gültig gehalten wird. Ohne die intersubjektive Anerkennung seiner Gültigkeit würde das durch einen Deklarativ geschaffene ’Faktum’ nicht gegeben sein. Das heißt, die Tatsachen, die durch Deklarativa geschaffen werden, sind keine ’natürlichen’ Tatsachen, und es ist auch nicht die sogenannte außersprachliche Wirklichkeit, in bezug auf die durch einen Deklarativ die oben erwähnte Korrespondenz zwischen propositionalem Gehalt und Realität zustande kommt: Die Wirklichkeit, die von deklarativen Sprechakten betroffen ist, ist institutioneller Art, sie ist, kurz, eine institutionelle Wirklichkeit (vgl. Rolf 1993, 74).

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Literatur

  1. Institutionelle Wirklichkeiten — sie sind das, was durch deklarative Sprechakte erzeugt, aufrechterhalten, verändert oder aufgehoben wird. Innerhalb einzelner Institutionen können natürlich auch assertive, kommissive, direktive und expressive Sprechakte vollzogen werden; es ist jedoch nicht richtig, daraus, wie Koerfer (1994, 208f.) es tut, zu schließen, daß auch für einen Teil solcher Sprechakte eine außersprachliche Einrichtung nötig sei. Anordnungen, Befehle, Weisungen oder Drohungen z. B. sind, wenn sie innerhalb einer Institution von einer Person vollzogen werden, die innerhalb der jeweiligen Einrichtung eine Autoritätsposition bekleidet, sicherlich besonders wirksam; sie schaffen oder verändern aber keine institutionelle Wirklichkeit und bleiben deshalb, was sie auch außerhalb von Institutionen sind: bloße direktive Sprechakte.

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  2. Gemeint ist ein Kerabestand geistiger Fähigkeiten, “die selbst keine intentionalen Zustande (Repräsentationen) sind, aber dennoch die Vorbedingungen für das Wirken intentionaler Zustände darstellen.” (Searle 1987, 182)

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  3. “We-intentions cannot be analyzed into sets of I-intentions” (Searle 1990, 404).

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  4. “The key element in the move from the collective imposition of function to the creation of institutional facts is the imposition of a collectively recognized status to which a function is attached. Since this is a special category of agentive functions, I will label these status functions.” (Searle 1995, 41)

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  5. Eine metasprachliche Deklaration ist z. B. dann gegeben, wenn jemand sagt ’Ich nenne das X’.

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  6. Die Thematisierung eines illokutionsabhängigen Sachverhalts, in deren Gestalt kommissive und direktive Sprechakte vollzogen werden können (vgl. 3.3), ist mit der Schaffung einer institutionellen Tatsache nicht gleichzusetzen.

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  7. Nach einem Implikations-Gesetz der Illokutionslogik ist es zwar so, daß performative Sätze die korrespondierenden nicht-performativen Sätze streng illokutionär implizieren; ein primär performativer Satz aber ist nicht synonym zu dem korrespondierenden explizit performativen Satz. (i) ’Ich bitte dich zu kommen’ beispielsweise impliziert illokutionär (ii) ’Komm, bitte!’. Das Umgekehrte aber gilt nicht: (ii) ’Komm, bitte!’ impliziert nicht (i) ’Ich bitte dich zu kommen’. Der Grund: Ein Sprecher kann einen illokutionären Akt (durch die Äußerung von (ii)) vollziehen, ohne zu deklarieren, daß er diesen Akt vollzieht (was er durch die Äußerung von (i) tun würde).

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  8. Die Nichtsynonymität primär performativer und explizit performativer Sätze hebt auch Lyons hervor, der darauf hinweist, “daß die Tatsache, daß ein primäres und ein explizites Performativ zum Vollzug desselben Sprechakts verwendet werden können, nicht impliziert, daß die fraglichen Sätze dieselbe Bedeutung haben. Ein explizites Performativ ist typischerweise in seiner Bedeutung spezifischer als ein primäres Performativ.” (Lyons 1983, 333) (S. zu diesem Problem auch Vanderveken (1990, 159f.) und (1994, 130).)

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  9. Daß hier zwei unterschiedliche Aspekte vorliegen, ist zuzugestehen. Die Eigenschanen ’eine Feststellung sein’ und ’wahr’ bzw. ’falsch sein’ müssen in der Tat auseinandergehalten werden. ’Eine Feststellung sein’ ist die Eigenschaft einer Äußerung; ’wahr (oder falsch) sein’ ist die Eigenschaft des Festgestellten, der zum Ausdruck gebrachten Proposition, des Gesagten (vgl. 1.1). Mithin kann aus der vermeintlichen Unangemessenheit einer Bewertung explizit performativer Äußerungen als wahr oder falsch noch nicht geschlossen werden, solche Äußerungen seien keine Feststellungen (vgl. Heal 1974, 116). Und auch das Umgekehrte gilt nicht: Ein performativ gebrauchter performativer Satz könnte einen Wahrheitswert haben, ohne daß ihm ein konstatives illokutionäres Kraft-Potential zugeschrieben werden müßte (vgl. Reimer 1995, 668).

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  10. Zur Auseinandersetzung mit dieser Position s. vor allem Tsohatzidis (1989), Falkenberg (1989), Reimer (1995) und — verteidigend — Bach (1995).

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  11. Einem Matrix’satz’ wie ’Ich verspreche dir’ würde demnach, zumindest von seiner Satzbedeutung her, ein propositionaler Gehalt zuzuschreiben sein, eine Eigenschaft, die ihm auf der Ebene der Äußerungsbedeutung allerdings abhanden käme; lediglich dem Komplementsatz (’daß ich kommen werde’) bliebe auf der Ebene der Äußerungsbedeutung erhalten, was er schon auf der Ebene der Satzbedeutung aufweist. So jedenfalls ließen sich die Analysevorschläge von Austin und Searle, Récanati (1980) zufolge, rekonstruieren.

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  12. ... “the so-called performative prefix contributes to the propositional content potential of the sentence.” (Récanati 1987, 136)

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  13. “... someone who utters ’I apologize’ [...] is saying that he apologizes [...], which is as much to say that his utterance does describe the illocutionary act denoted by the performative verb. But then we can no longer claim that the verb adds nothing to the descriptive content of the utterance. To be sure, the speaker does not ’describe’, ’represent’, or ’report’ anything when he utters ’I apologize’ performatively; but his words do describe or represent the performance of the illocutionary act of apologizing. The ’performative’ reading of ’I apologize’ differs from its so-called ’descriptive’ reading, but the difference between the two is not a matter of ’descriptive content. ’ In both readings, the performative verb describes the performing of the illocutionary act it denotes, and the difference between the two is therefore not semantic in nature [...], but rather pragmatic, a matter of the particular speech act performed by the utterance.” (Récanati 1987, 61f.)

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  14. “... a speaker who utters ’I state that George came’ is literally saying that he is stating that George came, without giving up Austin’s intuively satisfying claim that the speaker thereby states that George came. The assertion that George came is simply the conveyed meaning rather than the literal meaning. Viewed in this light, the difference between ’George came’ and ’I state that George came’ is like that between ’Pass me the salt’ and ’Can you pass me the salt?’ — both of which serve to perform the same illocutionary act, although they do not literally mean the same thing. If we stick to the level of literal meaning, ’George came’ and ’I state that George came’ do not have the same truth conditions, because the first is true if and only if George came, whereas the second is true if and only if the speaker states that George came. But in terms of communicated meaning, this difference disappears, because the two utterances assert that George came and thus are true if and only if he really did.” (Récanati 1987, 24f.)

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  15. Es sei an dieser Stelle noch einmal daran erinnert, daß Deklarativsätze etwas anderes sind als deklarative Sprechakte. Der Ausdruck ’Deklarativsatz’ bezeichnet, ähnlich wie ’Interrogativsatz’, ’Imperativsatz’ oder ’Exklamativsatz’, einen bestimmten Satztyp, einen Satztyp, der möglicherweise durch eine speziellen Satzmodus, den Deklarativmodus, gekennzeichnet ist.

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  16. Für eine performative Äußerung eines Satzes wie ’Ich bitte dich zu kommen’ gilt, Vanderveken (1990a, 198) zufolge: “the speaker derivatively requests the hearer by way of primarily declaring that he makes a request. Moreover, he also derivatively asserts that he makes that request, since any declaration contains an assertion of its propositional content.” Die assertive Qualität, die Vanderveken den performativen Äußerungen zuschreibt, geht auch aus der folgenden Annahme hervor. Vanderveken sagt: “Just like in other declarative sentences, the indicative mood of the main verb of performative sentences serves to represent how things are.” (Ebd.) Diese Annahme wird nicht überall geteilt. Rehbock (1992, 151) beispielsweise geht davon aus, daß der Deklarativsatzmodus im Falle performativer Äußerungen “von einer illokutiven Interpretation entbunden” wird.

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  17. Zu der Kritik Searles an der — unter anderem auch von Bach/Harnish vertretenen — Auffassung performativer Äußerungen als Assertionen s. Searle (1989, 540ff.), zur Verteidigung dieser Auffassung vgl. Bach/Harnish (1992, 102ff.).

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  18. Bach/Harnish greifen die These vom Deklarationscharakter performativer Äußerungen an. Sie tun das allerdings in der Überzeugung, Deklarationen müßten grundsätzlich bestimmte Konventionsbedingungen erfüllen und seien deshalb keine kommunikativen, sondern (lediglich) konventionale illokutionäre Akte. Für kommunikative illokutionäre Akte ist nach Bach/Harnish die Sprecher-Intention konstitutiv, für konventionale illokutionäre Akte genügt es, wenn sie eine Konvention erfüllen: “Communicative illocutionary acts succeed by means of recognition of intention, whereas conventional ones succeed by satisfying a convention.” (Bach/Harnish 1979, 115) Eine durch eine performative Äußerung geschaffene — sprachliche — Tatsache besteht, Bach/ Harnish (1992, 106) zufolge, einfach darin, daß eine bestimmte Einstellung ausgedrückt wird. Um dieser (so charakterisierten) Tatsache gerecht zu werden, dazu sei keine spezielle Konvention erforderlich — und wo keiner Konvention entsprochen werden müsse, da sei auch keine Deklaration gegeben. Da diese Kritik voraussetzt, was sie zu zeigen versucht, ist sie nicht geeignet, die von Searle bezogene Position ernsthaft zu gefährden.

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  19. Oder auch zwei: Das andere referierende Element ist im vorliegenden Fall ’dir’.

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  20. Daß sie nicht gleichwertig sind, ist eine wesentliche Voraussetzung der Relevanz-theoretischen Kritik an der Sprechakt-theoretischen Grundauffassung, daß der illokutionäre Akt die Basis-Einheit bei der Analyse der Bedeutung von Äußerungen und daß die Fähigkeit, den jeweiligen Sprechakt, der in Gestalt einer gegebenen Äußerung vollzogen wurde, erkennen und identifizieren zu können, ein entscheidender Aspekt der Äußerungsverstehens sei (vgl. Cohen/Morgan/Pollack 1990, 7).

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  21. Blakemores These ist nicht gleichzusetzen mit den Auffassungen von Vanderveken, Bach und Récanati. Bach (1975, 229) nimmt an, “that performative utterances [...] are both doings and statings. In Austin’s later terms, they comprise two simultaneous illocutionary acts. “Nach Récanati ist mit Folgendem zu rechnen: “by (or in) the serious utterance of a performative sentence as such — i.e., as performative — two different speech acts are performed. To utter ’I order you to go’ performatively is both to say that I order you to go and to order you to go.” (Récanati 1980, 205)

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  22. Abgesehen von der eher irreführenden These, die kommunizierten Akte seien institutioneller Art, sind die bisher vorgebrachten Relevanz-theoretischen Analysevorschläge insofern problematisch, als keine Anhaltspunkte angegeben werden, anhand derer zwischen den kommunizierten und den nicht-kommunizierten Akten unterschieden werden könnte. Solche Äußerungen wie (i) und (ii) werden unterschiedlich behandelt, es wird aber nicht näher erklärt, warum es sich so verhalten soll.

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  23. Gazdar zufolge ist selbst das nicht der Fall. Nach Gazdar (1981, 67f.) haben z. B. Fragen wie ’Wer aß etwas?’ und ’Wer aß was?’ keinen propositionalen Gehalt, sondern lediglich einen Inhalt (’content’); “where the set of contents is identical with the set of sentence meanings.” (Ebd., 68)

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Rolf, E. (1997). Performativität und Institutionalität. In: Illokutionäre Kräfte. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90242-9_4

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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