Zusammenfassung
Die Familie ist für die meisten Menschen einer der vertrautesten Bereiche des sozialen Lebens. Im Unterschied zu vielen anderen Bereichen (Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Kunst etc.) “wissen” die Menschen aus unmittelbarer Anschauung und Erfahrung wovon sie reden, wenn sie über Familie sprechen, sie haben Vorstellungen darüber, was eine Familie ist. Die gegenwärtige Familiensoziologie tut sich hingegen weitaus schwerer zu bestimmen, was unter einer Familie verstanden werden soll (vgl. Popenoe 1988; Nave-Herz 1998; Hill und Kopp 1995; Lenz und Böhnisch 1997). Die Unsicherheit in der soziologischen Definition von Familie ist eine Folge der vielfältigen Forschungsergebnisse aus der Sozialgeschichte der Familie einerseits (vgl. Rosenbaum 1982; Mitterauer und Sieder 1991; Ehmer, Hareven und Wall 1997; Mitterauer und Ortmayr 1996; Sieder 1987) und der in den letzten 30 Jahren feststellbaren Wandlungs- und Pluralisierungstendenzen der Familie andererseits: Die historische Forschung hat gezeigt, daß es eine Vielzahl von Familienformen gab; die gegenwärtigen Strukturentwicklungen der Familie in fast allen industrialisierten Gesellschaften, die mit den Begriffen Deinstitutionalisierung, Individualisierung und Pluralisierung beschrieben werden, machen deutlich, daß der am Ideal der bürgerlichen Kleinfamilie orientierte traditionelle Familienbegriff historisch kontingent ist und entsprechend nicht für eine universelle Definition von Familie taugt. Manche Autoren neigen allerdings in der Folge dazu, den Familienbegriff soweit auszuhöhlen, daß nicht mehr recht klar ist, was unter Familie zu verstehen ist bzw. den Familienbegriff so abstrakt zu definieren, daß er zu viele Phänomene umfaßt und damit unterbestimmt bleibt (Lenz und Böhnisch 1997: 28).
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Gerhards, J., Rössel, J. (2000). Familienkultur in den USA und in West- und Ostdeutschland. In: Gerhards, J. (eds) Die Vermessung kultureller Unterschiede. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90239-9_12
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