Zusammenfassung
Das Denken Gutierrez bewegt sich von verschiedenen Ausgangspunkten her auf seine Grundoption zu, auf die Verschmelzung von politischer und theologischer Vernunft, von politischer Aktion und Hoffnung auf das Reich Gottes, die zur aktiven und politisch-revolutionären Hoffnung werden müsse. Ein entscheidender Ansatz, der für den gesamten Weg der katholischen Theologie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil prägend wurde, liegt im Disput um die sogenannten Dualismen in der Theologie. Um ihr eigenes Objekt einzugrenzen und richtig zu formulieren, hatte die Theologie allmählich seit dem Ende der Väterzeit die Unterscheidung von natürlicher und übernatürlicher Ordnung ausgearbeitet, der dann in gewisser Hinsicht die Unterscheidung von Kirche und Welt entsprach. Daß gerade diese letztere Unterscheidung nur relativ ist, war und ist zu offenkundig, um bestritten zu werden.21 Sinn dieser Gegenüberstellung war es, die Aufgaben der christlichen Gemeinde von denen der Weltgemeinde zu unterscheiden und das Eigentümliche der christlichen Gemeinschaftsbildung in der Kirche mit seinen Voraussetzungen und Konsequenzen zu definieren. Nun hatte bereits in der Theologie der Zwischenkriegszeit und verstärkt in den fünfziger Jahren eine Kritik der sogenannten Dualismen in der Theologie eingesetzt. Die Abhebung der Natur vom Übernatürlichen wurde zunehmend als künstlich empfunden, wobei paradoxerweise zunächst mehr der Begriff der Natur als derjenige des Übernatürlichen der Kritik verfiel: Die bloße Natur gebe es gar nicht; sie sei eine gehaltlose metaphysische Abstraktion, so wurde gesagt.
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Literatur
Vgl. Dazu H. de Lubac, Petite catéchèse sur nature et grâce (Paris 1980); J. Auer, Das Evangelium der Gnade (Kleine katholische Dogmatik V Regensburg 1970 ).
Den entscheidenden Anstoß zur Debatte gab H. de Lubac mit seinem grundlegenden Werk Surnaturel. Etudes historiques (Paris 1946). Einen guten Eindruck von der weiteren Entwicklung der Frage vor dem Konzil vermittelte der Beitrag von K. Rahner: Natur und Gnade, in: J. Feiner — J. Trütsch — F. Böcks.E, Fragen der Theologie heute (Einsiedeln 1957) 209–230. Die Sicht des späten RAHNER findet man in dessen Grundkurs des Glaubens (Freiburg 1976)132–139. Hier wird nun 5.135 das Übernatürliche definiert als „Selbstangebot Gottes“, das „allen Menschen zukommt und eine Eigentümlichkeit der Transzendenz und Transzendentalität des Menschen ist.” „Diese übernatürliche Verfaßtheit der Transzendentalität des Menschen durch die angebotene Selbstmitteilung Gottes ist eine Modalität seiner ursprünglichen und unthematischen Subjekthaftigkeit.“ Neu durchgearbeitet ist die ganze Thematik der Gnadenlehre bei L. Weimer, Die Lust an Gott und seiner Sache (Freiburg 1981).
ThB 244: „Deshalb muß sich die Kirche zur Welt bekehren… Sie hat sich der Welt als Wohnung anzubieten und sich von ihr evangelisieren zu lassen.“ Gutierrez zitiert Teilhard, für den die Kirche der „reflex christifizierte Teil der Welt” ist. Ich darf zur Auseinandersetzung mit der im Hintergrund stehenden Problematik auf meine Theologische Prinzipienlehre (München 1980)169–179 verweisen.
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Ratzinger, J. (1986). Ausgangspunkt und Kern seiner theologischen Konzeption. In: Politik und Erlösung Zum Verhältnis von Glaube, Rationalität und Irrationalem in der sogenannten Theologie der Befreiung. Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften, vol 279. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90075-3_3
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-07279-1
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