Zusammenfassung
Die im letzten Kapitel erarbeiteten funktionalen Anforderungen an ein System kollektiver Sicherheit (SkS) zeigen, daß ein solches SkS in Europa starke Veränderungen der sicherheitspolitischen Strukturen voraussetzt; andererseits zeichnen sich gerade in Europa politische Prozesse und institutionelle Entwicklungen ab, die sowohl auf die Notwendigkeit neuer sicherheitspolitischer Strukturen hinweisen, als auch die Möglichkeit kooperativer Sicherheitspolitik eröffnen. Eine klare Vorstellung über die funktionalen Notwendigkeiten einerseits als auch die normativen Probleme kollektiver Sicherheit andererseits können daher als kritischer Maßstab zur Bewertung der derzeitigen europäischen Entwicklungen herangezogen werden. Dabei stellt sich nicht die Frage, ob oder wann sich ein SkS als echte politische Option ergibt, denn ein derart grundlegender Wandel der zwischenstaatlichen Beziehungen kann und muß als Prozeß vonstatten gehen, in dem die Schaffung politischer Optionen einerseits und eines politischen Willens, bzw. Schaffung einer gegenüber kooperativer Sicherheit positiv eingestellten Öffentlichkeit, andererseits sich wechselseitig beeinflussen. Doch sollte die Betrachtung gegenwärtig verfolgter Politiken und gegenwärtiger politischer Optionen nicht den Blick auf die Schaffung zukünftiger Optionen verstellen.
Die vorliegende Diskussion bezieht sich auf den Stand der Ereignisse Ende 1992. Auf wesentliche institutionelle Änderungen wird in neu eingefügten Fußnoten verwiesen.
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Literatur
Vgl. Boutros Ghali (1992).
Vgl. z. B. Booth (1990), Sivonen (1990), Pollach (1991), Martin (1992).
Vgl. z. B. Booth (1990), Sivonen (1990), Flynn/ Scheffer (1990), Gasteyger (1991), Joffe (1991), Pollach (1991), Senghaas (1991), Brauch (1992), Gergorin (1992), Mistelberger (1992).
Vgl. Gergorin (1992).
Dies gilt auch für die asiatischen Gebiete der ehemaligen Sowjetunion, die aber im folgenden nicht weiter in Betracht gezogen werden.
Mitenthalten in diesem Dilemma ist die nicht ganz unwichtige Frage, wie sich das ’neue Europa’ definiert: als West-Europa, einschließlich den USA und Kanada, sämtlicher Gebiete der ehemaligen UdSSR oder nur der osteuropäischen Staaten einschließlich der ehemaligen Sowjetgebiet bis zum Ural. Verfestigung und Öffnung bestehender Sicherheitsorganisationen zeichnen hier unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten vor.
Vgl. dazu auch Heuser (1991) und für das folgende: Brauch (1992) S. 368 ff.
Rußland war zur Zeit der Abfassung dieser Arbeit noch nicht Mitglied des NACC, ist jedoch 1993 eingeladen worden beizutreten; dessen Verbindlichkeitscharakter hat sich dadurch nicht wesentlich verändert.
Gasteyger (1992) S. 477; vgl. Fn. 66.
Ein Einsatz in ’ressourcen-strategischen, Gebieten, wie z. B. Nahost, kommt einer völligen Neuinterpretation der NATO-Aufgaben gleich.
Die gegenwärtige Entwicklung, etwa die Initiative der ’partnership for peace’, scheint allerdings die politische Bedeutung des NACC weiterhin gering zu halten. In die gleiche Richtung verweist das Bestreben der NATO ihren Aufgabenbereich auf friedenssichernde Maßnahmen auszuweiten; vgl. die Erklärung der Staats- und Regierungschef des Nordatlantikpakts von 1994. Vgl. Nolte (1994), Nerlich (1994).
Kritisch bleiben hier die Entwicklungen an der ’Südflanke’ der NATO. Eine detaillierte Untersuchung der sicherheitspolitischen Risiken im Mittelmeerraum kann im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht geleistet werden.
Vgl. Czempiel (1990).
Bzw.: mit Aussicht auf Erfolg; die subjektive Einschätzung der eigenen Stärke muß nicht immer den objektiven Gegebenheiten entsprechen.
Vgl. Fn. 59.
Vgl. dazu auch Brauch (1992) S. 380.
Was sich abzuzeichnen scheint, ist ein Geflecht unterschiedlicher Sicherheitsinstitutionen, die unterschiedlichen politischen Bedürfnissen entgegenkommen; vgl. die Assoziationsabkommen der baltischen, der Visegrad-Staaten sowie Bulgariens und Rumäniens mit der WEU (Kirchberger Erklärung und Folgeerklärung) 1994.
Solche Versuche werden bereits unternommen; vgl. z. B. die Wirtschaftsprogramme PHARE und TACIS.
Vgl. die GATT-Verhandlungen.
Hier geht es weniger um die Frage, ob sich diese Entwicklung realisieren wird, sondern um die angelegte Intention.
Der Vorwurf, die EG habe vorwiegend zur Bürokratisierung der zwischenstaatlichen Beziehungen auf Kosten demokratischer Elemente beigetragen, ist durchaus berechtigt.
Zu den operativen Schwierigkeiten des Ausbaus der KSZE zu einem funktionsfähigen SkS vgl. Hyde-Price (1991) S. 221 ff.
Prinzipiell gilt, daß ’Korb 1’ und ’Korb 3’ der KSZE-Schlußakte in einem funktionalen Spannungsverhältnis stehen, da ’Korb 1’ das traditionelle Völkerrecht fortschreibt, während die in ’Korb 3’ geforderte Wahrung der Menschen-und Bürgerrechte mit dem Prinzip der Nicht-Einmischung in innere Angelegenheiten potentiell konkurriert.
Senghaas (1991) S. 313 ff.
Ebenda S. 314.
Daher eignet sich ’Jugoslawien’ als Präzedenzfall nur begrenzt und primär in Hinsicht auf die Berücksichtigung möglicher Konfliktentwicklungen.
Nach seiner Errichtung kann ein SkS wiederum stabilisierend auf seine Mitgliedstaaten wirken.
Vgl. Kapitell. Der Umstand, daß nach der Auflösung des Warschauer Pakts Verhandlungen zwischen einer größeren Anzahl von Akteuren geführt werden müssen, was, wie Kapitel 2 zeigt, das Entstehen kooperativer Verhaltensweisen erschwert, wird dadurch aufgehoben, daß nun ein schrittweiser Zusammenschluß im Rahmen eines SkS als Option offensteht.
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Chwaszcza, C. (1995). Perspektiven kollektiver Sicherheit in Europa. In: Zwischenstaatliche Kooperation. DUV Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90039-5_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-90039-5_7
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