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Von der ‘Halböffentlichkeit’ in die Öffentlichkeit: Publizierte Briefwechsel

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Gellerts Briefpraxis und Brieflehre

Part of the book series: Literaturwissenschaft ((Liwi))

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Zusammenfassung

Der Aufschwung der Briefkultur bringt nicht nur eine wachsende Zahl an Schreibern und Schreiberinnen hervor. Zugleich steigt auch das Interesse der Öffentlichkeit an publizierten Briefwechseln. Für die Entwicklung der Briefkultur sind die veröffentlichten Briefwechsel nicht zu unterschätzen. Sie präsentieren nicht nur Musterbriefe zur Erlernung der natürlichen Schreibart, sondern ebenso Modelle des Umgangs und einer Geselligkeitskultur, die auf die Praxis rückwirken. Zudem tragen sie — die Briefe waren entsprechend gewählt und redigiert — die aufklärerischen Konzepte in Briefform in weitere Kreise des Publikums und leisten so ihren Beitrag zur Herstellung von Öffentlichkeit. Auf der anderen Seite wirken auch die Publikationen selbst auf das Schreiben zurück; die vertrauliche, persönliche Mitteilung muß mit dem Gedanken an eine spätere Veröffentlichung anders artikuliert werden, Äußerungen, die bei einem Bekanntwerden der Reputation der Korrespondenten schaden können, müssen unterdrückt oder entschärft formuliert werden — mit Konsequenzen far die ‘Natürlichkeit’ des Ausdrucks. Als letzter Ausweg bleibt die Briefredigierung, solange die Kontrolle über die Briefpublikation bei den Schreibern liegt.

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Literatur

  1. Rabener: Satiren, Vorbericht zur 6. Auflage, unpag. Dasselbe wiederholt er 1760 in einem Brief an Gellert: Seine Schriften seien im Begriff, in der Schweiz nachgedruckt zu werden, und er beftirchte, daß dieser Nachdruck auch Briefe enthalten werde, die er vor einigen Jahren “an Bodmer und andere Schweizer geschrieben habe”. Hätte er zu der Zeit eine Veröffentlichung geahnt, hätte er anders geschrieben: “Ich glaube wohl, daß einige Ausdrücke in diesen Briefen seyn mögen, die ich würde gemäßigt haben, wenn ich mir hätte vorstellen können, daß jemand meine Conespondenz auf diese Art mißbrauchen würde” (25.1.1760, BW III, 8 ).

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  2. Die Authentizität der Briefe wird von kritischen Zeitgenossen allerdings bezweifelt. Zwar betont Lessing in einer Rezension in der “Berlinische[n] Privilegirte[n] Zeitung” (8. Mai 1751 ) die Authentizität (vgl. Lessing: Werke IX, S.151). Doch in einer anderen Rezension — sechs Wochen nach der erwähnten in den “Kritische[n] Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit 1751” erschienen — bezweifelt Lessing ausdrücklich, daß es sich um wirklich geschriebene Briefe handele (vgl. ebd., S.97). Hierzu auch Witte in: IV, 272.

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  3. Vgl. Gellert: Familienbriefe, S.138–150. Später wiesen dann Eiermann: Gellerts Briefstil, 5.4851, Michael: Gellertstudien, S.30 und Schlingmann: Gellert, S.65–72 anhand weiterer Originalbriefe Änderungen nach.

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  4. Der Stiefvater der Schönfeld, General Johann Friedrich Vitzthum von Eckstädt, nahm eine Abschrift des Briefes mit nach Dresden, dort wurde er — ohne Wissen des Generals — kopiert (vgl. den Brief von Erdmuthe D. M. Vitzthum von Eckstädt, 18.6. 1759, BW II, 255f.; vgl. a. BW II, 470 [= Kommentar von John F. Reynolds]).

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  5. Man vergleiche beispielsweise die Briefe an Dorothea C. von Donop und Friederike S. L. von Zedtwitz, beide am 7. Februar 1756 geschrieben. Gellert hat hier einen ‘Witz’, einen treffenden Einfall, zweimal verwendet. An von Donop schreibt er: “Nach diesen Fragen erzähle ich Ihnen, daß das große Loos in der Leipziger Lotterie noch nicht heraus ist, daß ichs also noch gewinnen kann, daß ich alsdenn meinen Plan ausführen, das Studiren aufgeben, die meisten Bücher der gn. Gräfinn vermachen, auf das Land ziehn, in der Einsamkeit leben, das Land u. die Gärten bauen und das Geräusche der Welt nicht weiter, als aus der Errinnerung kennen werde. Das wird recht schön seyn. Da will ich weise, ruhig, artig werden, nichts mehr schreiben, wenig lesen u. lieber Bäume propfen und Obst backen” (7.2.1756, BW II, 29). Ganz ähnlich lautet eine Passage im Schreiben an von Zedtwitz: “Ach! gnädige Frau, die Loose von acht, von zwölf, von sechzehn tausend Thalern sind heraus, und ich armer Mensch habe nichts bekommen; und ich soll also in der traurigen Stadt, bey den bösen Büchern und noch bösem Menschen bleiben, und nicht auf das Land ziehn, mich nicht in Bonau ankaufen, nicht Bäume pfropfen, Wein pflanzen, Obst backen […]” (7.2.1756, BW II, 29 ).

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  6. IV, 195 (“Eines Frauenzimmers an einen Freund”); IV, 212 (“Eines Frauenzimmers”); IV, 214216 (“An einen guten Freund”) in diesem Brief spricht der Schreiber eine Einladung “im Namen meiner lieben Frau” aus (ebd., 214f.), Gellert jedoch war zeitlebens unverheiratet (vgl. Eiermann: Gellerts Briefstil, S.52, Anmerk. 1); IV, 216f. (“Ein Frauenzimmer an ihren Liebhaber”)

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  7. So ist bespielsweise auch der Lucius-Briefwechsel, 1823 publiziert, stark redigiert worden. Vgl. hierzu etwa den Kommentar zum Brief der Lucius vom 28.10.1763 (BW III, 530), in dem die umfangreichen Änderungen und Korrekturen der von Ebert herausgegebenen Fassung verzeichnet sind. Die Lucius war an der Veröffentlichung ihres Briefwechsels 1823 noch beteiligt, was die starke Redigienmg erklärt.

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  8. Gellert: Briefe (1774), S.248–250 (= Nr. 125). Die Seitenzahlen im Text beziehen sich auf diese Ausgabe.

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  9. Vgl. den Brief an die Schönfeld, in dem Gellert seine Unterredung mit König Friedrich II. mitteilt und auch dessen abfällige Bemerkung über Gottsched wiedergibt (15.12. 1760, BW III, 84). Vgl. ebenso den Brief vom 26.4.1768 (BW V), der eine Invektive auf Gottsched enthält, und den Brief an Charlotte S. von Bentinck, in dem Gellert seine Meinung über Klopstock äußert (undat., 1755, BW I, 271–273 ).

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  10. Vgl. Gellert: Briefe (1774); vgl. a. das Korrespondentenverzeichnis in Gellert: Sämmtliche Schriften VI, Carlsruhe 1774, 5.277–279; dies Korrespondentenverzeichnis findet sich nur in der Schmiederschen Nachdruckausgabe von 1774, nicht aber in der autorisierten Leipziger Ausgabe.

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  11. Die 1872 erschienene Druckfassung des Gellertschen Tagebuches besitzt eine für die Zeit bemerkenswerte Textgenauigkeit - die der Herausgeber auch hervorhebt (vgl. TB, IVf) -, wie ein Abgleich einiger Stellen mit dem Originalmanuskript zeigte. (Ich danke Werner Jung für die Leihgabe eines Mikrofilmes, der das Tagebuch aus dem Besitz der Universitätsbibliothek Leipzig enthält.) Es wäre sicherlich aufschlußreich, einmal die Tagebucheinträge des Jahres 1761 gegen die entsprechenden Briefe des Zeitraumes zu halten, um das nach außen verbreitete Gellertbild dem Bild des ‘privaten’ Gellert gegenüberzustellen.

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  12. Zur Praxis des Nachdrucks im 18. Jahrhundert vgl. Breitenbmch: Der Karlsruher Buchhändler Schmieder, Giese: Trattner, Wittmann: Buchmarkt und Lektüre, S.69–92, Kiesel/Münch: Gesellschaft und Literatur im 18. Jahrhundert, S.132–140.

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  13. Sämmtliche Schriften. Berlin u. Stettin: Pauli 1765/1770. — Schriften. Franckfurth und Leipzig: o. Dr [Varrentrappl. 1765–1770. Sammlung der sammtlichen Schriften. 0.O. o.Dr. 1765–1770. — Sämmtliche Schriften des Herrn C. F. Gellerts. Bern: Walthard 1767–1775. — Sämmtiiche Schriften. Leipzig und Rotterdam 1769–1775. — [Sämmtliche Schriften.] Carlsruhe: Schmieder. 1774. — C. F. Gellerts sämmtliche Schriften. Reutlingen: Fleischauer 1774/1776. — Sämmtliche Schriften. Bern und Amsterdam: 1772–1776. C. F. Gellerts sämmtliche Schriften. Wien: Tranner 1782 (schon 1765 war bei Trattner eine vierbändige “Sammlung der sämmtlichen Schriften” Gellerts erschienen). (Möglicherweise ist auch in Biel bei Heilmann eine Gesamtausgabe erschienen.) Diese Ausgaben wurden nur teilweise eingesehen; ihre Ermittlung stützt sich auf Recherchen in Bibliotheks-und Auktionskatalogen.

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  14. Gellert: Sämmtliche Schriften X, Carlsruhe 1774, 5.241–252. Diese Schrift hat Schmieder der “Vollständige[n] Sammlung der Gedichte, welche der Tod der Herrn Professor veranlasset hat” (Leipzig: Holle 1770) entnommen.

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  15. Gellert: Sämmtliche Schriften VI, Carlsruhe 1774, S.267–276 (= Anhang).

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  16. Hier ist John Reynolds zu berichtigen: Diese fünf Briefe Gellerts an Cronegk, abgedruckt in BW I (Nr. 103, 106, 144, 149, 188), sind nicht, wie Reynolds im Kommentar (BW I, S. 344f., 366, 368, 386) angibt, erstmals in der Nachdruckausgabe von Fleischhauer 1786 abgedruckt worden, sondern schon 1774 in der Schmiederschen Ausgabe, die später von Fleischhauer als Druckgrundlage für seine Ausgabe verwendet wurde, deren erste Auflage ebenfalls 1774 erschien (vgl. Breitenbruch: Der Karlsruher Buchhändler Schinieder, Sp. 655f.). Möglicherweise hat Fleischhauer sogar in seinen Druckereien die Schmiedersche Ausgabe gedruckt, weil Schmieder - ganz klar ist dies allerdings nicht - keine eigenen Druckereien besaß (vgI., ebd., Sp. 658f.).

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  17. Gellert: Sämmtliche Schriften VI, Carlsruhe 1774, S. 277–279.

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  18. Die der Leipziger Ausgabe gegenüber veränderte Anordnung der Teile wurde fiû die Fleischhauersche Nachdruck-Ausgabe übemommen. Der in Wien bei Trattner erschienene Nachdruck von 1782 dagegen entspricht in der Anordnung der Teile, im Seitenumbruch und Satzspiegel genau der verbesserten Leipziger Ausgabe von 1775. Möglicherweise hatten Schmieders ‘Veränderungen’ jedoch auch eine andere Ursache: Er suchte eine eventuelle juristische Argumentation von Gellerts Verleger Reich zu unterlaufen, indem er seine Ausgabe von vornherein so einrichtete, dall sie nicht als ’reiner’ Nachdruck zu bezeichnen war.

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  19. Rabener beschwert sich in dem “Vorbericht zur sechsten Auflage” seiner “Satiren” bitter über den 1759 in Franldàrt und Leipzig erschienen Nachdruck seines Werkes (Rabener: Satiren, Vorbericht zur 6. Auflage, unpag.).

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  20. Voss: Gellerten sagen Sie davon nichts, S.53 sieht aufgrund der Ereignisse einen Bruch in der Freundschaft zwischen Gellert und Rabener, mit dem Argument, daß nach 1761 keine Briefe des einen an den anderen erhalten sind. Doch scheint der Kontakt, wenn auch spärlich, fortgeführt worden zu sein. So schreibt Gellert an Andreas Wagner (4.5.1766, BW IV), Rabener habe ihm - Gellert - einen Wunsch der Kurfürstin übermittelt; dies Schreiben stammt aus dem Jahre 1766 und belegt somit, daß der Kontakt zumindest nicht abgebrochen ist. Auch Besuche finden noch statt; so schreibt Gellert an Schlegel, Rabener sei soeben bei ihm gewesen (26.4.1768, BW V). Noch in seinem letzten Lebensjahr richtet Gellert Grüße von Rabener an Schlegel aus: “Rabener, den sein Schwindel immer noch verfolgt, grüßt Sie” (17.4.1769, BW V).

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  21. Vgl. a. Wilpert/Giihring: Erstausgaben deutscher Dichtung, S.467, Nr. 31.

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  22. Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie (1843) II, S. 666.

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  23. Vgl. Mohr: Freundschaftliche Briefe; v. a. ab S.31; Brieftheorie im 18. Jahrhundert, hg. v. A. Ebrecht, S.197f. (= Einleitung zu Friedrich Heinrich Jacobi: Was gebieten Ehre, Sittlichkeit und Recht in Absicht vertraulicher Briefe von Verstorbenen und noch Lebenden? Leipzig: Göschen 1806 ).

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  24. Zu den Änderungen im einzelnen vgl. Delilkhan: Apologie der Briefkultur, 5.194–207.

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  25. Friedrich Heinrich Jacobi: Was gebieten Ehre, Sittlichkeit und Recht in Absicht vertraulicher Briefe von Verstorbenen und noch Lebenden? Leipzig: Göschen 1806. In: Brieftheorie im 18. Jahrhundert, hg. v. A. Ebrecht, 5.198–206, hier 5. 198.

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  26. Die Diskussion um die Veröffentlichung von Briefen wird schon frillier geführt, und zwar hauptsächlich von Dichtem, da vor allem sie von unrechtmäßigen Briefpublikationen betroffen waren. 1772 teilt Johann Jakob Engel seinem ehemaligen Kommilitonen Christian Garve die neuesten literarischen Veröffentlichungen mit. Vor allem eine Briefsammlung findet seine Milibilligung: ‘Dann ist noch eine Sammlung von Briefen herausgekommen, die verschiedene Gelehrte, als Weill, Lessing, Hagedom, Lippert, Sonnenfels p. an den ‘ soll ich sagen seeligen? Geh. Rath Klotz geschrieben. Es ist, deucht mir, ein Ehrloses Unternehmen, Privatbriefe drukken zu lassen, und noch ehrloser ist es, wenn man auch alle Privatnachrichten und Anekdoten darinn stehen läßt, die den Verfassern, wenn sie öffentlich bekannt werden, Verdruß und Unruhe zuziehen können“ (Engel an Garve, 17.10.1772. In: Engel: Briefwechsel, S.20.). Gemeint sind die von J.J.A. von Hagen herausgegebenen ’Briefe deutscher Gelehrten an den Herrn Geheimen Rath von Klotz” ( 2 Bände, Halle 1773 ).

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  27. Vgl. Hoffmann: Jakob Mauvillion (1981), S.116–119, 231f.; Finger: Der Kampf Karl von Knoblauchs, S.262f. Im brieftheoretischen Sammelband: Brieftheorie des 18. Jahrhunderts, hg. v. Angelika Ebrecht u.a. befindet sich ein Artikel von Karl von Knoblauch, der in der Brieföffnungsaffäre eine wichtige Rolle spielt (ebd., S.173f). Die Affäre selbst scheint den 86 K. v. Knoblauch: Eine Anekdote[,] die bekannt zu werden verdient, S. 443f.

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  28. Hoffmann: Jakob Mauvillion (1981), S.117.

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Arto-Haumacher, R. (1995). Von der ‘Halböffentlichkeit’ in die Öffentlichkeit: Publizierte Briefwechsel. In: Gellerts Briefpraxis und Brieflehre. Literaturwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90016-6_8

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  • Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden

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