Zusammenfassung
Frau K war in der ersten Legislaturperiode (1990–1993) Stadtverordnete der FDP in Luchow. Sie war Vorsitzende einer vierköpfigen FDP-Fraktion, die zusammen mit der SPD und dem Bündnis 90/Die Grünen eine Koalitionsregierung bildete. Als Abgeordnete war sie im Ältestenrat und in den zwei wichtigsten Ausschüssen der Stadtverordnetenversammlung, dem Hauptausschuss und dem Bauausschuss, vertreten. Nach der ersten Legislaturperiode trat sie, wie auch die anderen drei Vertreter der FDP, nicht mehr zur Wahl an. Heute würde sie die FDP nicht mehr wählen. Bei der Stadtverordnetenwahl 1993 hat die FDP in Luchow nur noch 1,78% der Stimmen bekommen, und 1998 ist die FDP nicht mehr zur Wahl angetreten.
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Endnoten
Zum Verhältnis von Privatheit, Politik und Öffentlichkeit in der DDR siehe Engler (1992 und 1994).
Claus Offe unterscheidet zwischen Vertrauensbildung — erstens — “von unten” durch eine “emphatische politische Vergemeinschaftung”, die aber nur kurzlebig Vertrauen über den “Kreis der unmittelbar Beteiligten hinaus” begründen kann. Zweitens: Vertrauensbildung “von oben” durch “populistische politische Eliten”, die “meist nichtpolitische Grundlagen des Einverständnisses (zum Beispiel Tugenden wie Sauberkeit oder Charakterstärke) und Identitätsbilder (zum Beispiel ethnische Zugehörigkeit oder regionale Verbundenheit) als einendes Band anbieten” und — drittens — “laterale Vertrauensbildung durch Institutionen, (...) wenn also die Institutionen der Demokratie in evidenter Weise dafür garantieren, dass Lügen aufgedeckt und Verträge gehalten werden, dass ungerechtfertigtre Begünstigungen verwehrt und Notlagen behoben werden, dann entfällt für die Bürger der Anlass für Argwohn und Misstrauen gegen die Mitbürger und deren Repräsentanten” (Offe 1999). Wenn Institutionen Vertrauen noch nicht begründen, wie kurz nach der Wende in den neuen Bundesländern, kann sich Vertrauen nur durch die ersten beiden von Offe genannten Mechanismen bilden. Aber auch wenn demokratische Institutionen und formale Verfahren etabliert sind, müssen die Bürger darauf Vertrauen können, dass Institutionen mit Akteuren besetzt sind, die die Regeln institutionalisierter Verfahren einhalten, weil sie sich demokratischen Normen verpflichtet fühlen und nicht bei jeder sich bietenden Gelegenheit, Verfahren umgehen oder entsprechend ihrem Eigeninteresse interpretieren. Solche nicht-kontraktuellen Grundlagen gerechter Verfahren und Institutionen entstehen und reproduzieren sich nur im Zusammenspiel politischer Institution mit zivilgesellschaftlichen Akteuren, wie im Kapitel über die SPD näher dargestellt wird.
Zur Parteipolitisierung der Lokalpolitik vgl. Holtmann (1994).
Zu den psycho-sozialen Folgen von Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern siehe Berger, H. und Schultz (1994) sowie Brinkmann und Wiedemann (1994). Zur “sozialen Mobilität” Arbeitsloser in Ostdeutschland siehe Hahn, T. (1997).
Zu der in den neuen Bundesländern neu entstandenen sozialen Ungleichheit durch die Differenzierung der Einkommen siehe Hauser (1999).
Zum Stand der FDP-Forschung siehe Lösche und Walter (1996), Falter und Winkler (1996), Vorländer (1987, 1995a, 1995b, 1996), Schiller (1993) und Dittberner (1987).
Zur Diskussion über die Idee des Liberalismus im allgemeinen siehe Dahrendorf (1987) und vor allem John Rawls (1996, 131–254), der drei Hauptideen innerhalb des Liberalismus unterscheidet: “The Idea of Overlapping Consensus”, “Priority of Right and Ideas of the Good”, “The Idea of Public Reason”. Vgl. auch zum Begriff der “politischen Freiheit” Forst (1996). Zum Begriff des “Bürgers” aus liberaler Perspektive vgl. Bruns und Döring (1995). Zur historischen Entwicklung des Liberalismus in Deutschland siehe Gall (1980). Zu den Krisen und Chancen des politischen Liberalismus siehe Hinrichs (1998). Zur aktuellen programmatischen Diskussion innerhalb der FDP, die sich auf das Verhältnis von individueller Freiheit und politischer Verantwortung konzentriert; also darauf, dass Freiheit nicht ungebunden ist, siehe die Titel von Hamm-Brücher (1996) Freiheit ist mehr als ein Wort, Scheel und Lambsdorff (1998) Freiheit in Verantwortung sowie Funcke (1984) Frei sein, um andere frei zu machen.
Die Debatte zwischen Liberalismus und Kommunitarismus kann in einem neuen Licht gesehen werden, wenn sie von der Gemeinschaft versus Gesellschaft-Dichotomie der älteren deutschen Soziologie (vgl. Tönnies 1991, zuerst 1887) befreit wird. Chancen dafür bietet die handlungstheoretische Rekonstruktion des Gemeinschaftsbegriffs (Primärgruppen) bei Charles Horton Cooley (vgl. Schubert 1995). Gemeinschaften sind bei Cooley nicht wie bei Tönnies durch einen “Wesenwillen” gekennzeichnet, sondern durch basale kommunikative Strukturen. Weil face-to-face Interaktionen potentiell eine Reziprozität der Perspektiven bieten, können Individuen gerade in Gemeinschaften Erfahrungen der Anerkennung, Gleichheit und Freiheit machen (vgl. Walzer 1996a), die allerdings durch kulturspezifische Gemeinschaftsnormen verdeckt werden können. Im Prinzip jedoch widerspricht Gemeinschaftsbildung und -bindung (Gemeinsinn) liberalen Normen (Freiheit) nicht. Zwischen Gemeinschaft und Individuum, wie zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft muss kein libertäres Gefälle herrschen, wie das Beispiel von Frau K veranschaulicht. Ihre Praxis zeigt einerseits, dass sie individuelle Freiheit zusammen mit anderen in einer geselligen Gemeinschaft verwirklichen will, verfällt diese Gemeinschaft, wird individuelle Freiheit für sie nutzlos. Andererseits werden ihre liberalen Ansprüche durch die sozialen Schließungstendenzen der neuen Schützengemeinschaft eingeschränkt. Gemeinschaftsbildung ist in diesem Fall mit Abgrenzung und Geschlossenheit verbunden. Ob Gesellschaften offen oder geschlossen sind (Popper 1974), ist ebenso eine empirische Frage wie die, ob Gemeinschaften offen oder geschlossen sind. Vgl. zu Missverständnissen der deutschen Kommunitarismusrezeption u.a. Joas (1993), Kalischeuer (1992), Schmalz-Bruns (1992), Chatzimarkakis und Hinte (1997).
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Schubert, HJ. (2002). FDP: Der gesellige Liberalismus in Luchow. In: Demokratie in der Kleinstadt. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89960-6_3
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