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Soziale Normen (generalisierte Verhaltenserwartungen)

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Demokratie in der Kleinstadt
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Zusammenfassung

Aus der Sicht von Talcott Parsons kann der Utilitarismus (z. B. die Rational Choice Theorie) das von Thomas Hobbes aufgeworfene “Problem der sozialen Ordnung” nicht lösen. Wenn Handlungsziele völlig beliebig wären und wenn das einzige Kriterium, dass Akteure bei der Realisierung von Interessen benutzen würden, das der rationalen Mittelwahl wäre, könnte die Existenz sozialer Ordnung nicht erklärt werden und es müsste der von Hobbes befürchtete “Kampf aller gegen alle” Realität sein. Die vom Utilitarismus vorgeschlagenen Ordnungsmechanismen wie Zwang, Kooperation oder Vertrag sind entweder zu schwach, um soziale Ordnung erklären zu können oder sie enthalten nicht-utilitaristische Elemente. So hat schon Durkheim gezeigt, dass Verträge, die Akteure eingehen, um Handlungen zu koordinieren, nur eingehalten werden können, wenn die Bedeutung der Verhaltenserwartung “Vertragstreue” generalisiert ist. Nur auf Grundlage der allgemeinen Normen “Treue” und “Vertrauen” kann der nutzenmaximierende Effekt von Verträgen wirksam werden.

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Endnoten

  1. Bei Parsons und Luhmann wird die normative Ordnung einer Gesellschaft zu einem “self-subsistent system”, das von der, diese Ordnung konstituierenden symbolischen Interaktion, abgetrennt ist. Nach Herbert Blumer hingegen (wie insgesamt im Symbolischen Interaktionismus vgl. Zweiter Teil, Kap. 5) können generalisierte Symbole durch kollektive Definitionsprozesse neu bestimmt werden. Deshalb steht im Zentrum dieser Theorietradition weder der utilitaristische noch der normativistische Handlungsbegriff (noch autopoie-tische Systeme), sondern die kreative, symbolische Interaktion.

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  2. Im normativistischen Paradigma wird die Autonomie normativer Ordnungen von der Individualebene quasi-transzendentallogisch (Münch), funktionalistisch oder systemtheoretisch (Luhmann) und sozialisationstheoretisch begründet, mit dem Ziel, die “Grenzen der Erklärungskraft” (Münch 1998) der Rational Choice-Theorie aufzuzeigen. Im Rahmen der Rational Choice-Theorie wird hingegen die Entstehung und Geltung von Normen auf individuelle Kooperationsgewinne zurückgeführt, die Individuen machen können, wenn sie generalisierte Verhaltenserwartungen etablieren oder ihr Handeln danach ausrichten. Für die Entwicklung von Normen ist deshalb zunächst ein “Bedürfnis nach wirksamen Normen” Voraussetzung, welches dann von Individuen “realisiert” wird (Coleman 1995: 311–388). Kinder werden von ihren Eltern demnach dazu gebracht, Normen zu intemali-sieren, weil die Eltern Kosten sparen können, da sie ihre Kinder dann nicht mehr überwachen müssen, wenn diese aufgrund “innerer Sanktionen” (schlechtes Gewissen) von alleine Ordnung halten. Die Kosten, die für Eltern bei der Internalisierung von Normen entstehen (z. B. permanentes Schimpfen), dürfen dabei die Kosten der Überwachung von Kindern nicht überschreiten (Grenznutzen): “Wenn also eine Internalisierung Kosten erzeugt, die gering genug sind, ist sie ein wirksameres Mittel sozialer Kontrolle als die äußere Überwachung von Handlungen” (Coleman 1995: 381). Nach Coleman ist es “rational” ein “inneres Sanktionsystem hervorzurufen”, wenn dabei Ressourcen gespart werden. So “identifizieren” sich Eltern deshalb mit ihren Kindern, um “den Ertrag aus ihren Investitionen in die Internalisierung von Normen erhöhen” zu können (Coleman 1995: 386). Die Kosten und der Aufwand, den Eltern in die Erziehung ihrer Kinder gesteckt haben, rentiert sich nur, wenn sie etwa auch dann Freude an ihren Kindern haben (sich mit ihnen identifizieren), wenn diese das Elternhaus verlassen haben. Würden Eltern hingegen keinen Gewinn von aushäusigen Kindern erhalten, würde sich der Aufwand der häuslichen Erziehung nicht auszahlen. Normen sind aus der Perspektive der Rational Choice-Theorie auf das nutzenmaximierende Handeln von Individuen reduzierbar, weil Akteure durch normorientiertes Handeln Kosten sparen und Kooperationsgewinne machen können (Elster 1994, Engel, G. 1997). Normen sind deshalb immer eine “Rationalization of Behavior” (Opp 1997: 247, vgl. auch Elster 1991, Weede 1992, Voss 1998). Sie evolvieren, weil Individuen damit, zumindest für bestimmte Zeiträume, “Dilemmata kollektiven Handelns” (Schmid, M. 1993, 1995 und 1996), wie das Gefangenendilemma, lösen können (vgl. Hechter/Opp/Wippler 1990). Normen werden instabil, wenn sich durch den Verstoß gegen Normen, Gewinne und Anpassungschancen eröffnen.

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Schubert, HJ. (2002). Soziale Normen (generalisierte Verhaltenserwartungen). In: Demokratie in der Kleinstadt. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89960-6_11

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-89960-6_11

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-13770-4

  • Online ISBN: 978-3-322-89960-6

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