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Politische Theorie interorganisationeller Netzwerke

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Das politische Organisationsfeld
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Zusammenfassung

Im Vergleich mit dem soziologischen Netzwerk-Ansatz lassen sich die Probleme und Erklärungsdefizite der Bourdieuschen Feldtheorie noch einmal herausstellen: Zur Stützung einer starken Differenzierungsthese — die die Feldtheorie ja erst als mögliche, stärker akteurorientierte Alternative zu anderen Differenzierungstheorien ausweist — schneidet Bourdieu die Wettbewerbsmechanismen der Felder einseitig auf ein Marktmodell der Statuskonkurrenz zu, in dem der Wettbewerb der Akteure bezogen ist auf die Aneignung (und Bewertung) besonderer Ressourcen, nämlich hauptsächlich ökonomisches und kulturelles Kapital. Einzelne Akteure und Akteurgruppen können natürlich in der feldinternen Statushierarchie unterschiedliche Positionen einnehmen, und die Kategorie des sozialen Kapitals berücksichtigt auch die strategischen Vorteile für das Individuum, die durch das Verfügen über Beziehungsnetzwerke entstehen. Jedoch erfolgt eine Analyse bzw. der Aufweis dieser Beziehungsgeflechte nur ansatzweise.1 In vielen Wendungen Bourdieus erscheint das jeweilige soziale Feld beherrscht von einer vorstrukturierten, imperfekten Marktlogik, die Güter und Status nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage zuordnet und verteilt. Feldinterne und feldübergreifende Koalitionsbildungen, die in dialektischer Bewegung der spezifischen Feldlogik entsprechen, ihr aber auch zuwiderlaufen können, beziehen jedoch Elemente einer komplexen Handlungskoordinierung und einer Ausbildung von (strategischer) Solidarität mit ein, die das Differenzmodell des Feldes nur bedingt verarbeiten kann.

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Literatur

  1. Helmut Anheier, Jürgen Gerhards und Frank Romo (1995) unternehmen einen vielversprechenden Versuch, Bourdieus relationalen Ansatz für die Analyse eines literarischen Felds zu nutzen; der von Bourdieu unterstellten Lagerbildung in kulturellen Feldern zwischen elitärer Avantgarde-Produktion und kommerzieller Massenproduktion wird mit netzwerkanalytischen Mitteln nachgegangen. Interessant ist, daß die Autoren (1995: 892ff.) nicht auf eine strukturelle Äquivalenz von Positionen in unterschiedlichen Segmenten oder Lagern stoßen, sondern auf eine Zentrum-Peripherie-Verteilung etablierter und nicht-etablierter Autoren, für die die Zugehörigkeit zu einem der beiden Lager — Avantgarde versus Kommerz -von relativ geringer Bedeutung ist. Viel wichtiger für ihren Status und ihre Kapitalmatrix ist die Zugehörigkeit von Schriftstellern zu einer der etablierten ständischen Assoziationen (z.B. PEN). Anscheinend setzen sich selbst in kulturellen Feldern organisationeile Faktoren als bestimmend für die feldinterne Statusordnung um.

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  2. Daß Bourdieu durchaus die Notwendigkeit gegeben sieht, das ’Verhalten’ von korporativen Akteuren aus dem Feld interorganisationeller Beziehungen, in das sie integriert sind, herzuleiten, läßt sich aus der folgenden Bestimmung deutlich herauslesen: “Was man analog zur Individualpsychologie als die Persönlichkeitsstruktur des Unternehmens bezeichnen könnte, was also sein ’Profil’, seinen ’Geist’, sein Verhalten (etwa ’vorsichtig’ oder ’risikofreudig’) und, allgemeiner gesprochen, die Gesamtheit seiner Strategien prägt, ist abhängig von der Struktur jenes Feldes, das das Unternehmen darstellt, und zwar seinerseits als Ergebnis der im Gesamtzusammenhang der Wirtschaftsentwicklung stehenden Unternehmensgeschichte. Dieses Feld ’Unternehmen’ ist in einem um so größeren Teil seiner Einheiten bestimmt durch seine Position im wirtschaftlichen Gesamtfeld, je zahlreicher, vielfältiger und intensiver die Beziehungen zwischen den Unternehmen (und die zu anderen Instanzen wie zum Beispiel dem Staat) werden. Und man darf annehmen, daß diese allgemeine Entwicklungstendenz der Wirtschaft in ihrer Wirkung auf die für das Feld ’Unternehmen’ konstitutiven Machtverhältnisse eine bestimmte Art von Positionen immer stärker werden läßt, nämlich die an den Knotenpunkten der Beziehungsnetze, und daß sie mithilft, Akteue einer neuartigen Spezies in diese Positionen zu ziehen” (Bourdieu/Boltanski/Saint Martin 1981: 40). Diese im betreffenden Text im Rahmen von Ausführungen über die Veränderungen von Machtbeziehungen im ökonomischen Feld hin zu einer neuen Dominanz von Managerpositionen in den einzelnen Firmen wie an den Schnittstellen der Interorganisationen-Netzwerkeund über sich daraus ableitende soziale Folgen getroffene Bestimmung leistet eine Verknüpfung zwischen den Positionen des als Feld gedachten einzelnen korporativen Akteurs mit der Stellung von Unternehmen in interorganisationellen Netzwerken. Diese höchst interessante Position wird von Bourdieu (et al.) an dieser Stelle jedoch nicht systematisch weiter entfaltet.

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  3. Eine solche Relevanz des Netzwerk-Ansatzes für die soziologische Theoriebildung betont auch Randall Collins (1988: 412–448). Collins beklagt aber — völlig zutreffend — das Theorie-Defizit im Lager der Netzwerk-Forscher und fordert die vertiefende theoretische Reflexion über netzwerkanalytische Annahmen und deren Implikationen. Erste Versuche einer theoretischen Grundlegung des soziologischen Netzwerk-Ansatzes finden sich bei Harrison White (1992) und im Diskussionszusammenhang der Organisationstheorie bei Catherine Alter und Jerald Hage (1993) sowie bei Krishnan Namboodiri und Ronald Corwin (1993). Eine Verknüpfung des Netzwerk-Ansatzes mit unterschiedlichen Analyseperspektiven und Wirkungszusammenhängen in durchaus gesellschaftstheoretischer Absicht strebt Kyriakos Kontopoulos (1993) an. Eine umfassende historisch-deskriptive Studie über die Entwicklung komplexer Industriegesellschaften zur ’Netzwerk-Gesellschaft’ hat jüngst Manuel Castells (1996) vorgelegt.

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  4. Relevant sind hier auch die an Edelmann anschließenden Analysen von Thomas Meyer (1992; 1994) und Ulrich Sarcinelli (1987), die sich mit dem Stellenwert von symbolischer Politik in der deutschen Politikformulierung und Willensbildung beschäftigen.

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  5. Die ’citizen groups’ sind aber nicht nur fähig, ökonomische Anreize für ’movement organizers’ bereitzustellen; wenn man einen etwas weiteren Begriff von selektiven Anreizen einfuhrt — Anreize können dann z.B. erwartete Einflußchancen und verbesserte Partizipationsmöglichkeiten in Netzwerken sowie Statusverbesserungen durch die Darstellung von Werten und Lebensstilen in sozialen Bewegungen sein -, wird auch für ein größeres Segment der Gesellschaft die Mitgliedschaft in bzw. die Unterstützung von sozialen Bewegungen, die nicht primär ökonomische Interessen gewinnorientiert vertreten, interessant. Eine ähnlich ausgerichtete Kritik an Olson entwickeln auch Keith Dowding (1987), Uwe Wilkesmann (1992) und James Wilson (1973: 22ff.).

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  6. Der Netzwerk-Begriff findet aber mitunter schon dort eine Verwendung, wo wie im Fall des Sea Grant College-Programms nur zwei Akteurgruppen — Wissenschaftler und einzelne Kongreßmitglieder -an der Programmformulierung beteiligt sind (vgl. King/Shannon 1986).

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  7. Zur Einführung lassen sich neben dem vorzüglichen Überblicksaufsatz von Kenis und Schneider (1991) noch die Beiträge von Jansen und Schubert (1995), Knoke (1990a: 1–27; 1993a; 1993b), König (1991), Marsh und Rhodes (1992b) und Smith (1993: 48ff.) heranziehen.

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  8. In einigen durchaus informativen und interessanten Policy-Studien wird der Netzwerk-Gedanke bloß metaphorisch aufgenommen oder aber von der undurchsichtigen Methodik einer “qualitativen Netzwerkanalyse” Gebrauch gemacht. Immerhin dokumentieren auch diese Studien ein gewandeltes Verständnis der Politikgestaltung, scheuen jedoch die netzwerkanalytische Bearbeitung der Eigenschaften und Strukturen der bereichsspezifischen Akteurkonstellationen; als wichtige Beispiele vgl. Döhler 1990; Héritier/Mingers/Knill/Becka 1994; Katzenstein 1987; die einzelnen Beiträge in Marsh/Rhodes 1992a; Rhodes 1988; Smith 1993.

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  9. Eine Durchsicht der repräsentierten Interessen zeigt, daß neben der erwartbaren zahlenmäßigen Dominanz der berufsständischen Vertretungen, der Unternehmerverbändenund der großen Korporationen auch durchaus gemeinwohlorientierte Interessengruppen (public interest groups) vertreten sind. Letztere machen in der Gesundheitspolitik sogar den größten Anteil der Interessengruppen aus (28,9%), sind aber auch in der Energiepolitik von statistischer Relevanz (11,6% beträgt ihr Anteil dort). Auffällig ist in der Energiepolitik die Dominanz der Konzerne; sie machen 33,3% der Organisationen aus. Die Handelsverbände kommen dazu noch einmal auf einen Anteil von 24,2%. Demgegenüber fallt die Anzahl der Gewerkschaftsorganisationen relativ niedrig aus (Energie: 2,5% und Gesundheit: 3%). In der Gesundheitspolitik dominieren eindeutig die Berufsvertretungen (26%); die Konzerne und Wirtschaftsverbände sind dagegen hier von zahlenmäßig weitaus niedriger Bedeutung (4,4% bzw. 8,2%). Zur weiteren allgemeinen Charakterisierung der involvierten Organisationen lassen sich Angaben zur Organisationsgröße einholen (vgl. Laumann/Knoke 1987: 101 ff.). In der Mitarbeiterzahl lassen sich nur bedingt signifikante Unterschiede herausarbeiten: In der Energiepolitik beschäftigen Konzerne und staatliche Behörden eine gleich große Personalzahl, um den politischen Belangen zu folgen, nämlich etwa 25 Mitarbeiter. Diese Zahl wird von den Subkomitees und den Verbänden deutlich unterschritten (durchschnittlich 5 bzw. 10 Mitarbeiter).

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  10. Laumann und Knoke (1987: 154) beziehen sich hier besonders auf die Parsonsche (1967c) Formulierung, die weitestgehend mit der Weberschen Machtdefinition zusammenfällt, daß Einfluß ein Akteur A dann ausübt, wenn er einen Akteur B zu einer Handlung gegen dessen ursprüngliche Handlungsabsicht bewegt.

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  11. Diese Unterschiede werden in der graphischen Darstellung der Befragungsergebnisse noch deutlicher: Für den Energiebereich ergibt sich ein kometenartiges Gebilde; es herrscht ein recht eindeutiger Konsens über die relativ einflußlosen Akteure in diesem Politikbereich, hierzu zählen vor allem ’public interest groups’ (z.B. Consumer Federation of America, Environmental Coalition on Nuclear Power, Environmental Action) und einige sehr spezialisierte Interessenorganisationen (z.B. Independent Refiners Ass. of Calif.). Gegenüber der eindeutigen Fixierung des ’Kopfes’ weist aber der ’Schweif der einflußreichsten Organisationen eine starke Fragmentarisierung auf. Unterschiedliche Bewertergruppen geben sowohl dem zuständigen Subkomitee (Energy and Natural Ressources), dem ’office’ des Weißen Hauses und dem Energieministerium als auch Unternehmerverbänden (American Gas Ass. und Edison Electric Inst.) gleich hohe Werte. Im Unterschied dazu gleicht die Verteilung im Gesundheitsbereich einer Ellipse, deren beide Brennpunkte für den höchsten und niedrigsten Einfluß auf eine hohe Gemeinsamkeit in den Einschätzungen hinweisen. Als die einflußreichsten Akteure werden hier Behörden der Exekutive (White House, Office of Management and Budget) und die mächtigen Berufsverbände (American Medical Ass., American Hospital Ass.) gekennzeichnet. Subkomitees des Kongresses erringen nur mittlere Werte. Am anderen Ende — ohne Einfluß — rangieren spezialisierte Konsumentengruppen und Patientenvertretungen sowie interessanterweise auch die wichtigsten Medikamentenhersteller (Merck, Pfizer). Diese Unterschiede zwischen den beiden Politikbereichen sind allerdings im Kontext der politischen Diskussionen und Bedingungen der 70er Jahre zu sehen. Für die Gesundheitspolitik waren in den Dekaden zuvor Richtungsentscheidungengefallen, und die anstehenden ’issues’ lösten daraufhin keine größeren Umstrukturierungen und damit einhergehend keine tieferen Kontroversen aus. Dagegen wies der Energiesektor bis zum Analysezeitraum (die 70er Jahre und besonders die Amtszeit der Carter-Administration von 1977 bis 1980) keine eingespielte Entscheidungsstruktur auf und wurde in den betrachteten Zeitabschnitten von umwälzenden Krisen (Energiekrise, Ölembargo, Preiseskalation) geschüttelt (vgl. ebenda: 189 und detaillierter: 43–93).

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  12. Für die einzelnen Organisationstypen ergeben sich als Durchschnitt bei den acht ’policy events’ folgende Werte: a) im Energiebereich: Congressional Subcommittees — 7,4%; Federal Agencies — 16,2%; Trade Associations — 20,6%; Professional Societies — 0,26%; Business Corporations — 44,9%; Public Interest Groups — 4,8%; b) im Gesundheitsbereich: Congressional Subcommittees — 14,0%; Federal Agencies — 15,0%; Trade Associations — 11,7%; Professional Societies — 36,6%; Business Corporations — 4,3 %; Lay Voluntary Associations — 11,1%.

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  13. In der amerikanischen ’labor policy domain’ können die Autoren beispielsweise eine deutlich antagonistischere Konfliktstruktur (Interessenorganisationender Arbeitgeber versus Gewerkschaften) aufweisen als in dem deutschen Politikbereich, in dem ein stärker kooperativer und ausgleichender Politikstil unter aktiver (vermittelnder) Beteiligung der relevanten staatlichen Akteure und der Versicherungsverbände vorherrschend ist.

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  14. Die Bindung zwischen Interessengruppen und ihren Repräsentanten wird auch in den sozialen Merkmalen der Lobbyisten deutlich; ihre soziale und geographische Herkunft ist dem jeweiligen Auftraggeber angepaßt: “Clients may tend to choose representatives who have grown up in their own industry or organization, or who at least share their social characteristics, because they believe that such persons are more to be trusted than are autonomous experts” (Heinz/Laumann/Nelson/Salisbury 1993: 74). Die enge Bindung zwischen Interessenorganisation und Repräsentant wird auch durch die typischen Karrieremuster der Lobbyisten belegt. Zuerst ist darauf hinzuweisen, daß der besonders für interne Repräsentation typische Berufszweig der ’Führungskräfte für politische Angelegenheiten’ (government affairs executives) sich innerhalb der national engagierten Organisationen institutionalisiert hat; der Anteil der Repräsentanten, die diese organisationsgebundene Tätigkeit ausüben stieg von 2% (1960) auf 40% (1983) (vgl. Heinz/Laumann/Nelson/Salisbury 1993: 109). Diese Erhöhung ergibt sich teilweise allein durch die genauere Benennung und Spezifizierung der vorher nur allgemein als Organisationelle Exekutivfunktionen gekennzeichneten Aufgaben. Im Vergleich dazu hat sich die Anzahl der externen Berater und Anwälte von 3% (1960) nur auf moderate 17% (1983) erhöht. Zwar beginnen 44% der befragten Lobbyisten ihren Berufsweg in staatlichen Behörden und Rechtsabteilungen, aber davon wechselt die Mehrheit der juristisch geschulten Staatsdiener in externe Repräsentationstätigkeiten. Das einfache Personal für die Bearbeitung politischer Angelegenheiten wird stärker organisationsintern rekrutiert, jedoch können die ’government affairs executives’ normalerweise Berufserfahrungen in der politischen Entscheidungs-und Beratungsarbeit der Exekutive oder Legislative vorweisen. In diesem Zusammenhang ist auch der Befund relevant, daß der Karriereverlauf der Repräsentanten sich häufig in nur wenig mehr als einer Organisation abspielt; die Fluktuation innerhalb der Posten für interne Repräsentanten ist nicht besonders hoch.

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  15. Im Agrarbereich werden durchgängig den Gruppen, die die Folge- oder Außenwirkungen der Landwirtschaft thematisieren (Umweltschutzgruppen, Konsumentengruppen, Gewerkschaften etc.), hohe Werte als politische Gegner zugewiesen. Ebenso charakterisieren sich die Energieproduzenten mit unterschiedlichen Interessenlagen, also ’oil and gas’ und ’nuclear and electric’, nicht als verfeindete Parteien, sondern weisen beide mit hohen Werten diese Rolle den Umweltschutzgruppen zu. Ähnliches gilt für die Gesundheitspolitik, allerdings erhalten Bürgergruppen und Gewerkschaften als Feinde der Berufsgruppen oder Hospitälervertretungen deutlich niedrigere Werte als die ’public interest groups’ im Agrar- und Energiebereich. Einen Sonderfall bildet der arbeitspolitische Bereich, in dem Gewerkschaften und Wirtschaftsinteressen mit ihren Spitzenorganisationen als Kontrahenten gegenüberstehen; die in diesem Politikbereich aktiven Bürgergruppen, die auch unabhängige Gewerkschaften miteinschließen können, werden von den Wirtschaftsverbänden kaum als Gegner ernst genommen. Die Gewerkschaften hingegen akzeptieren die ’citizen groups’ zwar häufig als ihre Kooperationspartner, sehen sie aber ebenso (mit einem noch höheren Wert) als ihre Gegner an. Heinz et al. bringen den unterschiedlichen Status der Bürgergruppen in den einzelnen ’policy domains’ mit der für die Politikbereiche verschiedenen Aggregationsfähigkeit der Spitzenverbände zusammen: “In each of these policy domains, the role of externality groups — environmentalist, consumers, and other citizens’ aggregations — is a kind of mirror image of the peak associations. In labor, where the peak associations are powerful, the externality groups are diverse, divided, and often serve as satellites to the “superpowers”. Where peak associations are devided or nonexistent, the externality interests provide the principal focus of opposition and are perceived as getting in the way of the realization of specialized producer interests” (ebenda: 259).

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  16. Das ’agenda-setting’ einer konservativen Regierung (hier dient die Reagan-Administration als Beispiel) muß aber nicht für alle ’policy domains’ die gleichen Folgen zeitigen. Nicht alle liberalen Interessengruppen verlieren dadurch die Macht, Regelungsvorschläge einzubringen und durchzusetzen. Selbst ’public interest groups’, die den Einfluß auf den ’agenda-setting’-Prozeß einbüßen, können in einzelnen Fällen eine Bestimmungsmacht als Veto-Gruppen, also als oppositionelle Kräfte, die Gesetzesvorhaben blockieren, erlangen (vgl. dazu Heinz/Laumann/Nelson/Salisbury 1993: 352ff.).

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  17. Interessanterweise gelangt die mit einem ähnlichen Analyseraster operierende vergleichende Studie über Machtstrukturen innerhalb der Politiknetzwerke in der ’labor policy domain’ der USA, Deutschlands und Japans zu dem genau entgegengesetzten Ergebnis: In allen betrachteten Staaten können zentralpositionierte Akteurcluster aufgewiesen werden, die die Ressourcentransfers und Kontaktaufnahmen der ’policy domains’ dominieren; diese bestimmungsmächtigen Akteurcluster enthalten in enger Vernetzung miteinander die Regierungsparteien, die zuständigen Ministerien und die wichtigsten Unternehmer- und Gewerkschaftsverbände (vgl. dazu Knoke/Pappi/Broadbent/Tsujinaka 1996: 203ff.).

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  18. In dem Buch über ’democratic governance’ werden die Annahmen und Folgerungen von March und Olsen etwas konkreter formuliert; jedoch findet sich auch hier keine wirkliche Verarbeitung von empirischem Material aus Fallstudien, das die unverbindlichen und unpräzisen Schilderungen der Autoren anreichern könnte (vgl. March/Olsen 1995). Eine Kritik an dem auch bei March und Olsen implizit angelegten ’institutionellen Determinismus’ entwickelt Mucciaroni (1995: 175ff.) in seiner Studie über den wechselhaften politischen Einfluß von Interessengruppen; Mucciaroni stellt heraus, daß institutionelle Ansätze die Präferenzen von politischen Akteuren vorschnell als gegeben ansehen, anstatt ihre Genese und Veränderungen zu erklären. Darüber hinaus unterstellen diese Ansätze die einfache Adaption institutioneller Regeln durch politische Akteure: “It therefore imparts to policymaking behavior a programmed quality, which tends to reduce policy-makers to the status of laboratory rats running through the maze. Change the maze (that is, the institutional rules), and the rat’s behavioral pattern changes with it” (Mucciaroni 1995: 176).

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Janning, F. (1998). Politische Theorie interorganisationeller Netzwerke. In: Das politische Organisationsfeld. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89956-9_6

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-89956-9_6

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