Zusammenfassung
Ziel der vorliegenden Arbeit war — ausgehend von der Beobachtung einer Krise der politischen Kommunikation in der Europäischen Union — eine generelle, theoretisch und empirisch umfassende Konzeptualisierung und Analyse des Journalismus in den EU-Mitgliedsstaaten. Besondere Beachtung sollte dabei die Medienkommunikation über die Union und ihre Institutionen finden. Zur Erreichung des gesteckten Ziels sah sich der Verfasser bereits mit der Einleitung ‘auf der Suche nach einem europäischen Journalismus’ (vgl. Kap. 1). Am Ende der Arbeit bestätigt sich die schon zu Beginn geäußerte Erwartung, daß es diesen ‘einen’ europäischen oder zumindest unionseuropäischen Journalismus in der von dem Begriff nahegelegten formalen und strukturellen Einheitlichkeit nicht gibt, sondern daß seine Beschreibung zahlreicher Differenzierungen bedarf.
230 Dies Kapitel hat die in seiner Überschrift angesprochene Funktion eines Gesamtfazits, welches die für den Gesamtzusammenhang der Arbeit wichtigsten Ergebnisse in thetischer Form auf einige zentrale Grundgedanken reduziert und durch eine kurze kritische Bewertung sowie einen Ausblick ergänzt. Es werden deshalb nicht alle wichtigen Einzelergebnisse und insbesondere nicht die für die Fundierung des Gesamtgedankenganges zentralen argumentativen Zwischenschritte der Arbeit dokumentiert. Beide Elemente finden sich bereits in den Zwischenresümees am Ende der einzelnen Hauptkapitel in ausführlicher Form zusammengefaßt (vgl. Kap. 2.4, 3.7, 4.7, 5.6 und 6.7).
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Literatur
Die beiden Differenzierungen folgen dabei nicht vollständig dem klassisch-systemtheoretischen Duktus und wollen dies auch nicht (vgl. Kap. 2.2). Entsprechend ist ‘differenziert’ als ‘Eigenschaftsbeschreibung’ des Systems bereits in der Überschrift in Anführungszeichen gesetzt.
Erst kurz vor Fertigstellung dieser Arbeit sind Tendenzen einer derartigen Position erneut vertreten worden, wenn Kopper (1997b: 9f.) zwar von europäischer Öffentlichkeit als einer noch nicht verwirklichten „Fata Morgana“ spricht und feststellt, daß dieser Gegenstand der Betrachtung zu jenen gehöre, „die erst einen vorläufigen, einen sehr fernen, einen eher hoffnungsvollen [sic!] Schimmer der Realität verheißen“.
Vgl. die entsprechenden Ausfuhrungen zu Kleinsteuber und Gellner in Kap. 1. — Als weiteres Beispiel kann Wolton (1997: 306) angeführt werden, der eine „cohabitation culturelle“ fordert, die einer kulturellen und kommunikativen Integration vorausgehen müßte und fur sich „un objectif ambitieux“ darstelle. In diesem Zusammenhang verweist er auf die Schwierigkeiten, welche die EU-Mitglieder mit der Realisierung multikultureller Integration bereits auf nationalstaatlicher Ebene hätten; vgl. auch Ruhrmann 1997; Ruhrmann et al. 1995; Ruhrmann/Sievert 1994a und b.
Wirtschaftsexperten sehen einen wichtigen Wettbewerbsvorteil der Europäischen Union in der bewußten Anwendung der Vielfalt vorhandener Managementkulturen (vgl. Simon/Bauer/Jägeler 1993; Tamames 1997). In analogem Sinne kann gerade eine Vielfalt von Medienkulturen im journalistischen Bereich und eine damit verbundene Vielfalt von Beobachtungsperspektiven ein großer Pluspunkt fur ein demokratisches, politisch und kommunikativ wettbewerbsfähiges Europa sein.
Politisch betrachtet weist ein solches Konzept zahlreiche Berührungspunkte mit der Idee einer differenzierten Integration (vgl. Kap. 6.6.3) auf. Von Vertretern dieses Ihtegrationsansatzes kommen auch demokratietheoretische Argumente, die auf ein Konzept der differenzierten kommunikativen Integration übertragbar sind. Weidenfeld (1994a: 33) stellt zurecht fest: „Demokratieregeln wirken nur dann legitimationsstiftend, wenn konsensuale, von einer gemeinsamen Identitätswahrnehmung getragene Zustimmungen vorausgegangen sind. Eine belastbare kollektive Identität der Europäer hat sich aber bislang nur in Ansätzen ausgebildet. [...] Vor diesem .Hintergrund wird deutlich, daß auch künftig ein erheblicher Teil der Legitimationslast von den Mitgliedsstaaten getragen werden muß.“ Als unterschiedliche Quellen politischer Legitimation müßten daher mitgliedsstaatliche Legitimation, vermittelt über die nationalen Parlamente, und europäische Formen der direkten Legitimation zusammenwirken. Ähnlich könnte man für die kommunikative Integration fordern, auch sie kann angesichts des verbleibenen starken Einflusses der Mitgliedsstaaten national rückgebunden bleiben, sofern sie übergreifende europäische Kompetenzen erwirbt.
Auf diesen Tatbestand verweist Stabenow (vgl. 1997: 16), der als Korrepondent der ‘Frankfurter Allgemeinen Zeitung’ in Brüssel arbeitet, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen. Insgesamt sind nach seinen Angaben derzeit über 800 Jounalisten bei Kommission, Ministerrat und Parlament akkreditiert — mit ständig steigender Tendenz.
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Sievert, H. (1998). Gesamtfazit und Ausblick: EU-Journalismus als zweifach ‘differenziertes’ System. In: Europäischer Journalismus. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89937-8_8
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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