Zusammenfassung
Wenn wir hier einen kleinen Abriß der sprachwissenschaftlichen Forschung geben, so wollen wir sie gleich eingangs als reduktionistisch kennzeichnen, denn die meisten linguistischen Theoriekonzepte unterliegen spezifischen Verkürzungen1. Das gilt sowohl für zeichentheoretische Systemkonstruktionen als auch für strukturalistische Modelle (“Grammatiktheorie als Algebra”). Erst eine funktionalpragmatische Theorie, die die Praxis der mentalen Aktivität des Erkennens kombiniert mit einem umfassenden Verständnis der Handlungssituation, überwindet diesen Reduktionismus. Sie ist jedoch erst im Entstehen, so daß es Sinn macht, einige klassische Vorstellungen zu referieren.
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Literatur
Diese Verkürzungen waren unter forschungsstrategischen Gesichtspunkten sinnvoll, verzerren aber letztlich das umfassende Verständnis des realen Sprachgebrauchs (Rehbein 1994, S.25ff.).
Bühler 1982, S.28, zitiert nach Habermas 1987a, S.372, der auf das Organonmodell verweist, da er “an der Struktur des sprachlichen Ausdrucks statt an den Sprecherintentionen” ansetzt und trotzdem das Problem im Auge behält, “wie die Handlungen mehrerer Aktoren mit Hilfe des Verständigungsmechanismus aneinander angeschlossen, d.h. in sozialen Räumen und historischen Zeiten vernetzt werden können” (ebd.).
Vgl. den historischen Exkurs in Wunderlich 1972, S. 71ff.
Bei Peirce gibt es — laut Wunderlich 1972, S.73,89f. — drei fundamentale Zuordnungen von menschlichem Vermögen, Zeichentyp und Interpretationsweise: 1.Kategorie: “Wahrnehmungsvermögen; Wahrnehmungsqualitäten und Zusammenhänge zwischen ihnen; ikonische Zeichen; emotionale oder unmittelbare Interpretation”; 2.Kategorie: “Unterscheidungsvermögen; Qualitäten der faktischen Realitätsbegegnung (des ‘Ich, jetzt, hier’); Index-Zeichen; dynamische Interpretation, bezogen auf die momentane faktische Beziehung in einer Situation und den momentanten Erfolg von Kommunikation”; 3.Kategorie: “Vermögen, zu verallgemeinern; Intersubjektivität von Interpretationen und Kommunikation; Symbole; logische Interpretation, bezogen auf Voraussetzungen und Folgen unter Einbeziehung von Handlungs- und Kommunikationsnormen”.
Wunderlich 1972, S.86, in seiner Grundsatzkritik am damaligen Funkkolleg “Sprache”.
Die Teilaktivitäten, die der Sprecher dabei simultan ausführt, werden in der Sprechakttheorie analytisch unterschieden. Vgl. Kap.7.3.2, S.303ff.
Vgl. Bungarten 1991, 1993b, 1994; Spillner 1992; Bartsch 1994; Brünner/Graefen 1994. Erst die pragmatische Wende hat zu einer Beschäftigung mit “Konversationsanalyse” (ein eigentlich ethnomethodologischer Term, vgl. Hausendorf 1992, S.83ff.), “Diskursforschung” (vgl. z.B. Fiehler/Sucharowski 1992), “Linguistik des Dialogs” oder eben “Gesprächsanalyse” geführt (vgl. Henne/Rehbock 1982, die auch die wichtigsten Forschungsarbeiten auflisten. Daneben gibt es “Diskursanalysen” auch in den Nachbardisziplinen; vgl. z.B. Holzkamp 1993, S.425ff. [Schulklassen] oder Knoblauch 1995, passim [Diskursgemeinschaften]).
Berücksichtigt man nicht die gegenseitige reflexive Steuerung des Verhaltens im Rahmen des Kontextes, so tappt man leicht in die Falle, semantische Probleme entweder im Rahmen der linguistischen Kompetenz der Sprecher zu klären oder durch die Analyse der Eigenschaften isolierter Sprechakte (Giddens 1988, S.123).
Vgl. Hundsnurscher/Franke 1985, Hahne 1989, Flieger u.a. 1992.
Einen Überblick gibt Becker-Mrotzek 1992.
Vgl. etwa Fiehler 1980, S.280f. Gegenwärtig scheint die pauschale Kapitalismuskritik von einer pauschalen Taylorismuskritik abgelöst zu sein, die ebenso einen unvoreingenommenen Blick auf Organisationsphänomene versperrt.
Bühler 1934, Jakobson 1960; zitiert nach Lepschi 1969, 8.44, 85, 214.
Fiehler 1980, S. 135 behauptet dabei allerdings nicht, daß die Beziehung zwischen den einzelnen Gliedern des Schemas deterministisch wäre.
Zu Luckmanns Soziologie der Sprache vgl. auch Knoblauch 1995, S.42ff.
Whorf/Sapir weisen vor allem auf die “Divergenz in der Analyse der Welt” hin, indem sie erstmalig die Grundstrukturen europäischer Sprachen (“Standard Average European”) mit indianischen und asiatischen Sprachen verglichen.
Ärgerlicherweise wird ja die “Eigenschaftstheorie der Führung” gerne als Orientierungsmuster benutzt, indem die Bedingungen für Karriere und Leistung allein in der Person gesucht werden. Vgl. dazu Kap.8.1, S.341ff.
Einen Überblick zur Funktionalen Pragmatik gibt der Sammelband von Brünner/Graefen 1994.
Die Funktionale Pragmatik verwirft aber den Terminus “Akt” und unterscheidet neben den “Sprechhandlungen” als kleinste Einheiten “Prozeduren”. Wir gehen auf die Sprechakttheorie in Kap.7.3.2 auf S.303ff. ein.
Während die Konversationsanalyse untersucht, wie soziale Gegebenheiten in Konversationen produziert werden, zielt die Diskursanalyse auf das Wozu; vgl. Bußmann 1990, S.421f.
Dem tragen auch Brinker/Sager 1989 mit ihren “interaktiven Verfahren” der Gesprächsanalyse Rechnung.
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Hahne, A. (1998). Reduktionistische sprachwissenschaftliche Theoriekonzepte. In: Kommunikation in der Organisation. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89801-2_13
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