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Vom „Tor zur Welt“ zum „Tor zur Demokratie“?

Angloamerikanische Einflüsse, deutsche und hamburgische Selbstwahrnehmungen und Selbststilisierungen in frühen Filmdokumenten der Nachkriegszeit

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Lebendige Sozialgeschichte
  • 450 Accesses

Zusammenfassung

Das Bild von einer Stadt als „Tor zur Demokratie“1 stellt zunächst einmal eine ziemlich ungelenke Metapher dar und erweist sich überdies — mit Blick auf das konkrete Beispiel der Stadt Hamburg und ihrer Geschichte im 20. Jahrhundert — als relativ weit hergeholt. Allein aus diesem Grund erscheint es im Rahmen einer Untersuchung über den politischen Neubeginn in einer deutschen Großstadt nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft und über die Entwicklung deutsch-britischer Kooperation in der Besatzungszeit sinnvoll und notwendig, die in der Metapher transportierte These mit einem Fragezeichen zu versehen, um nicht Gefahr zu laufen, der Suggestivkraft einer Bildsprache zu erliegen. Dies gilt umso mehr, als die Rekonstruktion des versuchten Neubeginns in Deutschland im Folgenden vor allem aufgrund der Analyse von Bildquellen, d.h. früher Wochenschaubeiträge, Dokumentär- und Spielfilme, die in der britischen Zone — und viele davon in Hamburg -produziert wurden, erfolgen soll.

Für Anregungen, Hinweise und Kritik bedanke ich mich herzlich bei Madeleine Bernstorff (Berlin), Jens M. Baumgarten (Hamburg) und Angelika Voß (Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg). Mein besonderer Dank gilt Heiner Roß (Kinemathek Hamburg), auf dessen Initiative hin im Juni 1999 unter dem Titel „(Um-)Erziehung zur Demokratie — Re-educate the Germans by film! “ein film- und politikgeschichtliches Modellseminar durchgeführt wurde. Der vorliegende Aufsatz basiert auf den im Rahmen dieser Veranstaltung angestellten Überlegungen und bezieht sich in der Analyse v.a. auf die dort zur Auffuhrung gebrachten Filmbeispiele.

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Literatur

  1. Im Gegensatz zum Selbstbild „Tor zur Welt“taucht das Bild „Tor zur Demokratie“meines Wissens nicht in den zeitgenössischen Quellen auf, sondern wird von mir als Zuspitzung verschiedener, im Folgenden näher erläuterter Selbststilisierungen gebraucht, die in Hamburg, maßgeblich befördert durch die politischen Vertreter der Stadt, als Reaktion auf den Untergang des „Dritten Reiches“und im Rahmen des neu zu fundamentierenden deutsch-britischen Kooperationsverhältnisses in der Nachkriegszeit bis weit in die funfeiger Jahre hinein hohe Konjunktur hatten.

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  2. Zur Akzentverschiebung in den amerikanischen Konzeptionen (zugespitzt etwa: weg von der „punitiven“Umerziehung — hin zur Sympathiegewinnung der Deutschen mit dem Ziel der Westeinbindung) vgl. Brigitte J. Hahn: Umerziehung durch Dokumentarfilm? Ein Instrument amerikanischer Kulturpolitik im Nachkriegsdeutschland. Münster 1997, 234–236;

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  3. Henry Kellermann: Von Re-education zu Re-orientation. Das amerikanische Re-orientierungsprogramm im Nachkriegsdeutschland. In: Manfred Heinemann (Hg.): Umerziehung und Wiederaufbau. Die Bildungspolitik der Besatzungsmächte in Deutschland und Österreich. Stuttgart 1981, 86–102; sowie — im Hinblick auf die britischen Initiativen ein größeres Maß an Zurückhaltung und die Absicht betonend, den Deutschen möglichst früh größere Freiräume und Eigenverantwortlichkeit bei der politischen Neuorientierung zuzugestehen -Lothar Kettenacker: The Planning of „Re-education“during the Second World War. In: The Political Re-education of Germany and Her Allies after World War D. Ed. by Nicholas Pronay and Keith Wilson. London-Sydney 1985, 59–81, v.a. 71, 76. Dieser Sammelband bietet einen guten Überblick über die Planung und Praxis der Re-education in den verschiedenen Besatzungszonen; auf eine detaillierte Schilderung des Forschungsstandes und der -literatur hierzu muss an dieser Stelle verzichtet werden. Zu den entsprechenden angloamerikanischen Initiativen im Filmbereich bzw. zur Entwicklung des (west)deutschen Nachkriegsfilms vgl. neben der o.g. kenntnisreichen Untersuchung von Brigitte J. Hahn insbes.: Gabriele Clemens: Britische Kulturpolitik in Deutschland 1945–1949. Literatur, Film, Musik und Theater. Stuttgart 1997, v.a. 165–192; Jutta Gröschl: Die Deutschlandpolitik der vier Großmächte in der Berichterstattung der deutschen Wochenschauen 1945–1949. Ein Beitrag zur Diskussion um den Film als historische Quelle. Berlin-New York 1997;

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  4. Heide Fehrenbach: Cinema in Democratizing Germany. Reconstructing National Identity after Hitler. Chapel Hill-London 1995;

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  5. Bettina Greffrath: Gesellschaftsbilder der Nachkriegszeit. Deutsche Spielfilme 1945–1949. Pfaffenweiler 1995; Deutschland in Trümmern. Filmdokumente der Jahre 1945–1949. Eine Retrospektive der Westdeutschen Kurzfilmtage Oberhausen 1976. Laufen 1976;

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  6. Peter Pleyer: Deutscher Nachkriegsfilm 1946–1948. Münster 1965.

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  7. Zur Propagierung eines „Hamburger Sonderwegs“sowie zu der fur diese Legendenbildung typischen Verschränkung der Topoi „hamburgische liberal-demokratische Tradition“und „wirtschaftlicher Wiederaufbau“, „Wahrung einer relativen Autonomie“und „Stätte der Völkerbegegnung und -Verbindung“vgl. etwa die Ausführungen des ersten Hamburger Bürgermeisters nach der Befreiung, Rudolf Petersen: Eine Ansprache des neuen Bürgermeisters: „Hamburg kann wieder Pforte werden… “. In: Hamburger Nachrichten-Blatt der Militärregierung, 18.5.1945: „Nur mit dem Vertrauen darauf, daß in freier Wirtschaft hanseatischer Unternehmungsgeist sich eine Stätte in Hamburgs Mauern bauen kann, werden wir den Wiederaufstieg schaffen. Ich glaube, das wird gelingen, denn die unglückliche Zeit übertriebener Autarkie aus politischen Gründen [!] ist vorbei. Hamburg kann wieder Pforte werden, durch die die Idee der praktischen Völkerverbindung ihren Einzug zum Segen des gesamten Deutschlands findet. “(meine Hervorhebung, U.P.) Die angeblich guten, historisch gewachsenen Voraussetzungen fiir eine solche Entwicklung hob der Leiter der Staatlichen Pressestelle in Hamburg hervor; vgl. Erich Lüth: Die unzerstörbare Stadt. In: Neues Hamburg III. Hamburg 1949, 13–27, 23. So seien in Hamburg nach der Befreiung „die Sympathien fiir die Engländer ungleich stärker [gewesen] als in den meisten anderen Teilen der britischen Zone. Sie waren hier gewissermaßen historisch fundiert. […] Viele Hamburger meinten sich nichts zu vergeben, wenn sie glaubten: Der Sieg gegen Hitler ist unser gemeinsamer Sieg.“In enger Zusammenarbeit mit den Hamburgerinnen und Hamburgern, so resümierte Lüth, trügen nun „die besten der in Kontrollfunktionen in Hamburg wirkenden Briten“dazu bei, „daß das neue Hamburg wieder zur,Freien und Hansestadt’ wird, so […] wie es nun aus den Trümmern des Hitlerkrieges dem Phönix gleich aus der Asche neu erstehen soll, als eine Stadt und ein Staat freier deutscher selbstverantwortlicher Staatsbürger. “Siehe ebd., 27 (Hervorhebung im Original). Vgl. auch die Darstellung von Kurt Sieveking: Ein deutscher Stadtstaat im Wandel der Zeit. Vortrag in Stockholm am 20. April 1955. In: Ein Bürgermeister spricht. Reden und Vorträge von Bürgermeister Dr. Kurt Sieveking 1953–1956. Hamburg 1956, 45–54, der meinte, aus der historischen Entwicklung des demokratischen Stadtstaates auf eine „innere Verfassung“desselben schließen zu können, auf einen „Zug eines im Grunde vernünftigen und zu gesundem Kompromiß geneigten politischen Temperaments“, der der Hamburger Bevölkerung „auch heute noch verblieben“sei (ebd., 49).

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  8. Dabei stellen die im Folgenden zitierten Filme selbstverständlich keine umfassende, alle Facetten beleuchtende Auswahl dar, sondern ein Sample, dessen Bestandteile in jeweils verschiedener Hinsicht und in unterschiedlichem Maße als repräsentativ filr das frühe (britisch-)deutsche Filmschaffen gelten können. Vielmehr soll mit der Zusammenstellung der Blick auf die Ambivalenzen des „Neubeginns“gelenkt werden, weswegen im Zentrum der Betrachtung die vielfaltigen Widerspiegelungen sowohl der Aufbruchstimmung, der Faszinationskraft und der Eigendynamik der viel beschworenen „Stunde Null“als auch der hochgradigen „Belastung“des „Neubeginns“in den Filmdokumenten stehen.

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  9. Zur deutschen Kritik an den „Umerziehungs“-Maßnahmen, v.a. an den Praktiken und Methoden der Lenkung der öffentlichen Meinung in den Medien vgl. die Ausführungen des Hamburger Bürgermeisters Max Brauer: Hamburgische Staatspolitik 1947. Rede des Ersten Bürgermeisters der Hansestadt Hamburg, gehalten am 18. August 1947 zu Beginn der Haushaltsberatungen der Hamburger Bürgerschaft. Hamburg o.J., 17f. Aber auch von britischer Seite wurden die Konzepte und Erfolgsaussichten einer Re-education-Politik nicht selten in Frage gestellt. So widersprach etwa Robert Birley, von 1947 bis 1949 Educational Adviser des britischen Militärgouverneurs in Deutschland, Sir Brian Robertson, in einem vom 29.6.1948 datierten Bericht an seinen Vorgesetzten, der kurz zuvor in einem gemeinsam mit den Regional Commissioners in der britischen Zone verfassten Grundsatzpapier festgehalten hatte: „We are all agreed that,re-education’is one of the chief objects of our Occupation […]“, mit folgenden Worten „We detest the word,re-education’as much as the Germans. This is an Education Branch, not a,Re-education’Branch, and the word has never been used in our directives“; zitiert nach: David Welch: Priming the Pump of German Democracy: British „Re-Education“Policy in Germany after the Second World War. In: Reconstruction in Post-War Germany. British Occupation Policy and the Western Zones 1945–55. Ed. by Ian Turner. Oxford-New York-München 1989, 215–238, 223.

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  10. Hierzu ist zu bemerken, dass es dem Verfasser nicht möglich war, die im Public Record Office (PRO), London, befindlichen Unterlagen des Information Services Department sowie der Public Relationsand Information Services Control Group (PR/ISC; ab Mai 1948 umbenannt in Information Services Division), und hier v.a. die Akten der der ISC Branch unterstehenden Film Section, einzusehen, die jedoch Gabriele Clemens systematisch ausgewertet hat; vgl. Clemens (Anm. 2). Dagegen waren dem Verfasser die ebenfalls im PRO befindlichen monatlichen Berichte des höchsten Vertreters der britischen Militärregierung in Hamburg Brigadier Armytage sowie seines zivilen Nachfolgers Regional Commissioner H. Vaughan Berry bzw. der zuständigen Senior Control Officers zugänglich, die in verfilmter Version in der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH) als Bestand F 3–12 archiviert sind.

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  11. Vgl. Roger Smither: Welt im Film: Anglo-American Newsreel Policy. In: The Political Reeducation of Germany (Anm. 2), 151–172, 151.

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  12. Allmählich verlagerte die britische Herstellergnippe von „Welt im Film“ihren Sitz von München nach Hamburg, ins „Shellhaus“. Bald kam es zu Streitigkeiten mit den amerikanischen Verantwortlichen über die Zukunft der Wochenschau, insbesondere über deren Privatisierung, die tatsächlich erst im Jahr 1952 erfolgte, als ein deutsches Unternehmen die Wochenschau übernahm. Vgl. Clemens (Anm. 2), 189, sowie Gröschl (Anm. 2), 151, 155–157.

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  13. Jede Woche erhielt die Wochenschaugesellschaft in Geiselgasteig zusätzlich zu den in Deutschland hergestellten Beiträgen internationale Filmberichte aus London; umgekehrt wurden die für „Welt im Film“produzierten Berichte über die britische Zone den heimischen britischen Wochenschauen zur Verfügung gestellt; vgl. Clemens (Anm. 2), 186–192.

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  14. Allerdings kann in diesem Aufsatz nicht auf die Bedeutung der — v.a. im Rahmen der kollektiven Erinnerung der Deutschen an ihre frühen Nachkriegserfahrungen in den Westzonen wirkungsmächtigen — so genannten „Greuelfilme“(etwa der erwähnten fünften WiF-Folge sowie des von HanuS Burger im Auftrag des OWI realisierten Films Die Todesmühlen) eingegangen werden. Vgl. hierzu: Ulrich Prehn: Von der Re-education zur Re-orientation Zum Wandel angloamerikanischer Film-Bilder vom nationalsozialistischen und postnationalsozialistischen Deutschland. In: Inszenierte Wahrheit. Der Krieg im Bild — Bilder vom Krieg. Hg. von Jens Baumgarten, Jens Jäger und Martin Knauer. Frankfurt/Main u.a. 2003 (im Druck), dort auch weitere Hinweise zur Forschungsliteratur.

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  15. Vgl. in diesem Zusammenhang die von Clemens (Anm. 2), 17 und 188f, vertretene These, nach der britische Kulturpolitik auch und gerade nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges vorrangig der Projection of Britain gedient habe; vgl. aber auch die Ergebnisse der von Helmut Regel vorgenommenen Inhaltsanalyse der WiF-Beiträge der ersten beiden Jahre; ders.: Der Film als Instrument alliierter Besatzungspolitik in Westdeutschland. In: Deutschland in Trümmern (Anm. 2), 39–50. Regel zufolge zählten 1945/46 drei Hauptthemen zu den Konstanten der WiF: 1. „Abrechnung mit der Vergangenheit“; 2. „Aufbau eines neuen Deutschlands“; 3. „Selbstdarstellung der Besatzungsmacht als Mentor“(siehe ebd., 45f).

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  16. Zu entsprechenden britischen Schulungsinitiativeq in Sachen lokaler politischer Selbstverwaltung vgl. etwa Staatsarchiv Hamburg (StA HH), 131–14 Verbindungsstelle zur Militärregierung, III 1 Band 6 (unpag.): Schreiben Sieveking an H. Vaughan Berry, 22.10.1946; sowie ebd., III 1 Band 8 (unpag.): Schreiben Sieveking an Mr. Adams vom 18.4.1947. An den deutsch-britischen Austauschprogrammen, die auf städtepartnerschaftlicher Basis beruhten und aus den 1947 ursprünglich für Verwaltungsbeamte eingerichteten „Host-Guestprograms hervorgegangen waren, nahmen bis Mitte der fünfziger Jahre über 10.000 Menschen jährlich teil; vgl. Gerard Braunthal: The Anglo-Saxon Model of Democracy in the West German Political Consciousness after World War II. In: Archiv fur Sozialgeschichte 18 (1978), 245–277, 255. Zu den Local government-Initiativen in der britischen Zone vgl. Barbara Marshall: British Démocratisation Policy in Germany. In: Reconstruction in Post-War Germany (Anm. 5), 189–214, 194–199. Ohne auf die entsprechenden Re-orientation-Filme näher eingehen zu können, sei an dieser Stelle immerhin auf folgende Titel verwiesen: General Election (GB 1946, Regie: Ronald Riley; dt. Fassung unter dem Titel Parlamentswahlen in England) sowie Local Government — A History in Pictures (GB 1943; dt. Fassung, erstellt von der Film Section/ISD unter dem Titel Seit tausend Jahren).

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  17. Siehe StA HH, 622–2 Wissenschaftlicher Nachlass D. C. Riddy, 6 (unpag.): A New Phase in the Occupation of Germany. The Role of the IA & C Division, 29.11.1946. Anlage zum Rundschreiben 14 des Leiters der LA. & C. Division/CCGßE) Berlin, 9.1.1947.

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  18. Vgl. hierzu etwa: Rundschreiben von Major Robert Harcourt, German Political Branch, Political Division, an die Vertreter der politischen Parteien (CDU, FDP, SPD, KPD), der Gewerkschaften und der deutschen Vertreter auf dem Gebiet der Erwachsenenbildung: Informal Re-education in Citizenship. The Discussion of Current Affairs, 30.5.1946. In: FZH, 555–80 (unpag.); sowie die Erinnerungen von Robert Birley: British Policy in Retrospect. In: The British in Germany. Educational Reconstruction after 145. Ed. by Arthur Hearnden. London 1978, 46–63, 54.

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  19. Meine Transkription des Originaltons, U.P.

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  20. So berichtete der zum linken Flügel der Hamburger Sozialdemokratie gehörende Hellmut Kalbitzer (* 1913), der an der Neugründung der Gewerkschaften in der britischen Zone maßgeblich beteiligt war, über einen Streit seines Genossen Walter Schmedemann mit dem von der Militärverwaltung eingesetzten Labour-officer Dwyer: Als Dwyer von der Notwendigkeit zur Umerziehung der Deutschen gesprochen habe, habe Schmedemann, „weiß vor Ärger“, erwidert, „ihn hätten die Nazis nicht umerziehen können und ebensowenig könne es die englische Armee“. Siehe Hellmut Kalbitzer: Widerstehen oder Mitmachen. Eigensinnige Ansichten und sehr persönliche Erinnerungen. Hamburg 1987, 99. Zum Wiederaufbau der Gewerkschaften vgl. Joachim Szodrzynski: Die Rekonstruktion der Gewerkschaften in Hamburg 1945 bis 1949. In: „Wir sind die Kraft! “Zwei Beiträge zur Arbeiterbewegung von 1945 bis 1949. Hg. von Jörgen Bracker. Hamburg 1988, 20–32; sowie zur Hamburger Frühform einer antifaschistischen gewerkschaftlichen Einheitsorganisation Holger Christier: Die Sozialistische Freie Gewerkschaft in Hamburg. In: Arbeiterinitiative 1945. Antifaschistische Ausschüsse und Reorganisation der Arbeiterbewegung in Deutschland. Hg. von Lutz Niethammer, Ulrich Borsdorf und Peter Brandt. Wuppertal 1976, 305–329.

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  21. Originalton-Auszug der im Film durch einen britischen Militärangehörigen übersetzten Rede Armytages (meine Transkription, U.P. — wie auch für die im Folgenden zitierte Passage aus der Ansprache Paul Beberts).

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  22. So führte Robertson u.a. aus: „We say that in England people are finding that victory has brought no relief from food shortage and from strict rationing. “(meine Transkription des Originaltons, U.P.) Die britische Zone könne ihren Nahrungsmittelbedarf nur etwa zur Hälfte decken, die andere Hälfte müsse eingeführt werden. Wie sein englischer Kollege vor ihm betonte Clay die enge und gute Zusammenarbeit zwischen den beiden Besatzungsmächten und ergänzte, Hunger sei kein Bestandteil der amerikanischen Politik. Schließlich verlieh er seiner Hoffnung Ausdruck, dass möglicherweise schon bald erste Schritte bezüglich der Übergabe der politischen Verantwortlichkeit in deutsche Hände in die Wege geleitet werden könnten.

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  23. Adolf Grimme: Deutsche Selbstbesinnung von England aus. In: Ders.: Selbstbesinnung. Reden und Aufsätze aus dem ersten Jahr des Wiederaufbaus. Braunschweig-Berlin-Hamburg 1947, 220–226, 220f.

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  24. Es fällt jedoch auch, dass die Fragen der Studenten ein wenig zu sorgfältig vorbereitet klangen; vgl. die Textliste des „Welt im Film“-Beitrags, die der im Landesmedienzentrum Hamburg archivierten 35mm-Filmkopie beiliegt. Das im Gespräch mit Landahl transportierte emphatische Interesse der Hamburger Studenten sollte jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass unter jungen Leuten das Interesse am parteipolitischen Leben möglicherweise nicht so ausgeprägt war, wie alliierte und deutsche „Demokratisierungs-Experten“und Reformpolitiker es sich gewünscht bzw. von ihren Maßnahmen versprochen hatten. In einer Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie vom Dezember 1947 antworteten auf die Frage „Interessieren Sie sich für die jetzigen deutschen Parteien? “immerhin 72 Prozent der befragten Jugendlichen mit „nein“(Studenten: 45 Prozent); lediglich 21 Prozent mit Ja“(Studenten: 45 Prozent); „keine Antwort“gaben sieben Prozent (Studenten: zehn Prozent); vgl. Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1947–1955. Hg. von Elisabeth Noëlle und Erich Peter Neumann. Allensbach 1956, 145. Noch skeptischer hatten die Ergebnisse einer im „Appendix R to Monthly Report for Period 1–30 November 1946“veröffentlichten britischen Meinungsumfrage geklungen: „The proposals and suggestions which the Germans were asked to make for the re-education of their youth give rise to mixed feelings. Blame for the present chaos is placed upon Military Government and foreign countries by a great many people and it appears that the youth of Germany is growing more and more nationalist. “Vgl. PRO, FO 1005/1646 [= FZH, F 3–12, Rolle l]. Der Quellenwert zeitgenössischer britischer Untersuchungen zur Sozial- und Meinungsforschung in Deutschland, auf denen etwa die Monthly Reports zum Teil beruhten, wird in der neueren historischen Forschung positiv bewertet; vgl. Hans Braun u.a.: Die Sozialforschung im Rahmen der britischen Besatzungspolitik. Eine Datenquelle zur Erhellung der Lebensbedingungen im Nachkriegsdeutschland. In: Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte 19 (1990), 461–476, 476.

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  25. Zu dieser Strategie der Herrschaftsausübung im Kontext der Re-orientation, v.a. der „Einübung“demokratischer Praktiken und Organisationsprinzipien, vgl. Donald C. Watt: England blickt auf Deutsch-22 land. Deutschland in Politik und öffentlicher Meinung Englands seit 1945. Tübingen 1965, 94–105. Vgl. Ulrich Reusch: Briten und Deutsche in der Besatzungszeit. In: Geschichte im Westen 2 (1987) 145–158.

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  26. So die treffende Einschätzung von Axel Schiidt: Zur Politik der ersten gewählten Bürgerschaft. In: Die zweite Chance. Der Übergang von der Diktatur zur Demokratie in Hamburg 1945–1949. Hg. von Ursula Büttner und Bernd Nellessen. Hamburg 1997, 63–83, 63. Vielleicht kann im Hinblick auf die politische Durchsetzungsfahigkeit der hamburgischen Sozialdemokratie insofern von einer gewissen „Sonderstellung“gesprochen werden, als, wie Helga Grebing zu Recht betont hat, die SPD insgesamt den,,große[n] Verlierer der Anfangszeit der Republik, der Nachkriegszeit überhaupt“darstellte und „in die 50er Jahre mit einer Traditionskompagnie an der Spitze [marschierte], die sich ohne zeitgemäßes theoretisches Fundament und mit einer reduzierten pragmatischen Vernunft im Adenauer-Staat zurechtzufinden suchte“. Siehe dies.: Demokratie ohne Demokraten? Politisches Denken, Einstellungen und Mentalitäten in der Nachkriegszeit. In: Wie neu war der Neubeginn? Zum deutschen Kontinuitätsproblem nach 1945. Hg. von Everhard Holtmann. Erlangen 1989, 6–19, 10.

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  27. Vgl. hierzu Michael Wildt: Zweierlei Neubeginn: Die Politik der Bürgermeister Rudolf Petersen und Max Brauer im Vergleich. In: Die zweite Chance (Anm. 23), 41–62, 49–53; sowie Axel Schildt: Max Brauer. Hamburg 2002, 72–78.

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  28. „Weshalb ich aus den Vereinigten Staaten nach Deutschland und in meine engere Heimat zurückgekehrt bin: Einfach aus dem Grunde, weil ich mit eigenen Augen gesehen habe, wie bitter Not es ist, entschlossen anzupacken und beim Neubau Deutschlands und Hamburgs, das für mich mit dem deutschen Gesamtschicksal immer identisch war, mitzumachen. […] Die Not meiner deutschen Landsleute und meine Liebe zur Heimat riefen mich zurück. Draußen ist mir möglich gewesen, dem antinationalsozialistischen Deutschland Freunde zu erhalten und neue Freunde zu gewinnen. “Deshalb glaube er, Brauer, fest an die ausländische Unterstützung des demokratischen Aufbaus in Deutschland (meine Transkription des Originaltons, U.P.).

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  29. Besonderes Interesse verdient in diesem Zusammenhang die Antrittsrede des aus dem Exil zurück gekehrten, ersten frei gewählten Hamburger Bürgermeisters, die Brauer anlässlich der Vereidigung des Hamburger Senats am 22. November 1946 hielt. Diese Rede enthielt nicht nur eine aufschluss reiche, nicht zuletzt unter den (R)emigranten weit verbreitete — wenn auch aus heutiger Perspektive ir Teilen durchaus kritikwürdige — Analyse der Entstehungsbedingungen und des „Wesens“des Na tionalsozialismus, sondern auch einige kritische Worte hinsichtlich der alliierten Entnazifizierungs praxis: „[…] Eine mechanische Anwendung von Entnazifizierungsmethoden […] hat sich schor ungünstig ausgewirkt und schaffte unnötige neue Ungerechtigkeit und Bitternis. Wir müssen die Fälle in denen im Eifer übers Ziel hinausgeschossen ist, nachprüfen, damit neues Unrecht vermieden werde denn wir wenden uns nicht nur an die Treuen, die dem grauenvollen Druck Hitlers mutig standhielter und denen wir fiir ihre Tapferkeit danken, sondern auch an die Vergewaltigten, Mißbrauchten une Überredeten, die ehrlich bereit sind, umzulernen und einen neuen Anfang zu machen. “Siehe: Dre Hamburger Reden zur Vereidigung des ersten gewählten Senats. In: Neues Hamburg I. Hamburg 1947, 7–15, 11; vgl. Schildt: Brauer (Anm. 24), 78–81.

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  30. Diese unterstand der Hauptabteilung Information Services Control Branch (ISC), welche von dei obersten Kontrollbehörde für die Filmproduktion in der britischen Besatzungszone, der Control Commission for Gemany/British Element (CCG/BE), mit dem Aufbau einer eigenständigen deutscher Filmwirtschaft beauftragt worden war. Bald trat die Kontrollfunktion der Abteilung immer stärker ir den Hintergrund; so unterlagen neue deutsche Filmprojekte in der britischen Zone, die bis dahin dei Zensur bereits im Drehbuchstadium unterworfen waren, wenn sie — und das war in der Regel der Fall — nicht ohne Rohfilmlieferungen aus britischen Export-Beständen realisiert werden konnten, ab Herbst 1948 lediglich einer Nachzensur.

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  31. Vgl. hierzu Michael Töteberg: Filmstadt Hamburg. 2. Aufl. Hamburg 1997, 94–153.

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  32. Abgedruckt in: Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Britisches Kontrollgebiet, Nr. 21, 606–608. Die Verordnung Nr. 109 über die „Bildung eines Beratenden Zonen-Ausschusses für das Lichtspielwesen“trat am 15.10.1947 in Kraft.

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  33. Die ersten zehn Hamburger Kinos waren, wie in der britischen Zone insgesamt, am 27.7.1945 wieder eröffnet worden; zur Aufführung kamen ausschließlich auf den ersten Blick „politisch unverdächtig“erscheinende deutsche Reprisen; vgl. etwa den Artikel „Wiedereröffnung Hamburger Kinos“. In: Hamburger Nachrichten-Blatt der Militärregierung, 26.7.1945. Die von den Briten requirierten Hamburger Kinos, die von der Army Kinema Corporation (AKC) bespielt wurden, durften zunächst nur von Angehörigen der Besatzungstruppen besucht werden. Später durften diese auch deutsche Gäste mitbringen — jedoch nur zu Vorführungen bestimmter, von der Zensur durch die ISD freigegebener Filme, was manchmal zu der absurden Situation führte, dass die deutschen Gäste den Saal verlassen mussten, wenn im Vorspann des Films eine Texttafel auftauchte, die einen entsprechenden Schriftzug enthielt („It is regretted that German guests are not permitted at this performance.“). Dies ! war der Fall, wenn die britischen Zensoren befürchteten, dass durch den Film ein für deutsche Augen ungeeignetes Bild des britischen Alltags oder der dortigen Lebensgewohnheiten transportiert werden könnte. Vgl. die diesbezügliche Klage von H. Vaughan Berry in seinem monatlichen Bericht an den Militärgouverneur vom Februar 1948, in: PRO, FO 1005/1649 [= FZH, F 3–12, Rolle 2].

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  34. Vgl. Töteberg (Anm. 28), 98f.

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  35. So der Leiter der Staatlichen Pressestelle in einem Artikel; Erich Lüth: „Zensur auf Umwegen“. In: Hamburger Freie Presse, 7.7.1948 (Hervorhebung im Original). Ähnlich kritisch äußerte sich auch der

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  36. „Beratende Filmauschuss“in einem vom 26.10.1949 datierten Memorandum über die Situation der deutschen Filmwirtschaft in der Nachkriegszeit (StA HH, 363–6 I Kulturbehörde I, A 153 [unpag.]): „Die Abhängigkeit der Produktion von den Maßnahmen der alliierten Militärregierungen […] brachte durch die Beschränkung der genehmigten Filmvorhaben auf Zeitfilme und Re-Educations-Themen notwendigerweise empfindliche Einengungen der künstlerischen Bewegungsfreiheit mit sich, die dem deutschen Nachkriegsfilm einen ausgesprochen ungünstigen Start brachten.“Demgegenüber verwiesen die Vertreter der Film Section auf ihre Verantwortung gegenüber dem britischen Steuerzahler, der seit der deutschen Kapitulation mit einer Summe von 72.000 Pfund jährlich das Rohfilm-Material für die bis dahin elf deutschen Neuproduktionen finanziert und somit ein Recht auf eine entsprechende, an die Zwecke und Zielsetzungen der Re-education gebundene Umsetzung habe. Für die Produktion von reinen Unterhaltungsfilmen mangele es nun einmal an Rohfilm, mit dem zur Verfügung stehenden Material verlange man jedoch keinesfalls, „pro-englische Tendenzfilme zu drehen, im Gegenteil, der Filmstoff soll pro-deutsch sein“. Siehe den Artikel: Und was sagt die Film-Section? In: Hamburger Freie Presse, 10.8.1948.

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  37. Erich Lüth: Zeitfilme oder Zeitklischees? In: Hamburger Freie Presse, 28.7.1948 (Hervorhebung im Original). Um den Stellenwert der Debatte um den deutschen „Zeitfilm“richtig einzuordnen, ist anzumerken, dass sie nur von kurzer Dauer war und die „zeitnahen“Themen bald in der Schwemme der deutschen Heimatfilme untergingen, die wiederum das kurzfristig dominante, jedoch bereits zu Beginn des Jahres 1948 zum Erliegen gekommene Genre der so genannten „Trümmerfilme“ablösten; vgl. hierzu Fehrenbach (Anm. 2), 148–168.

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  38. Vgl. Kirsten Burghardt: Moralische Wiederaufrüstung im frühen deutschen Nachkriegsfilm. In: Positionen deutscher Filmgeschichte. 100 Jahre Kinematographie: Strukturen, Diskurse, Kontexte. Hg. von Michael Schaudig. München 1996, 241–276, die Thema und Intention von In jenen Tagen durch die Formel „Sich den Glauben an die Menschheit bewahren“treffend charakterisiert (ebd., 252).

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  39. Als gelungene Ausnahme ist hier der 1948 in der amerikanischen Zone realisierte, aus der Perspektive jüdischer DPs erzählte Spielfilm Lang ist der Weg (Regie: Herbert B. Fredersdorf und Marek Goldstein) hervorzuheben. Der nach einer Idee des ebenfalls in der männlichen Hauptrolle auftretenden Israel Beker entstandene Film, der anhand des Schicksals der Warschauer Familie Jelin exemplarisch das Schicksal (den „langen Weg“) der europäischen Juden während des Nationalsozialismus und nach der Befreiung (idealtypisch: über die DP-Lager nach Israel) nachzeichnet, war bereits vor der Ausrufung des souveränen Staates Israel konzipiert worden. Vgl. hierzu Pleyer (Anm. 2), 75–78 und 299–314 (Filmprotokoll); sowie Cilly Kugelmann: LANG IST DER WEG. Eine jüdisch-deutsche Film-Kooperation. In: Jahrbuch 1996 zur Geschichte und Wirkung des Holocaust. Hg. vom Fritz-Bauer-Institut. Frankfurt/Main-New York 1996, 353–370.

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  40. Vgl. Greffrath (Anm. 2), 160–167, 387f.; Tim Gallwitz: „Unterhaltung — Erziehung — Mahnung“. Die Darstellung von Antisemitismus und Judenverfolgung im deutschen Nachkriegsfilm 1946 bis 1949. In: Jahrbuch 1998/99 zur Geschichte und Wirkung des Holocaust. Hg. vom Fritz-Bauer-Institut. Frankfurt/Main-New York 1999, 275–304, v.a. 279–285; sowie Beatrice Fleury-Vilatte: Cinéma et Culpabilité en Allemagne, 1945–1990. Perpignan 1995, 48–50. Dabei erreichte selbst In jenen Tagen Teile des deutschen Publikum zunächst offenbar gar nicht erst, wie das Hamburger Echo vom 10.10.1947 unter der Überschrift „Hamburger Filmfragen — kurz belichtet“bezüglich der Auffuhrung und Rezeption in einer „anonymisierten“deutschen Stadt berichtete: „[…] Nennen wir sie Ostburg, denn es gibt die Stadt nicht nur einmal. In Ostburg fand der wohltemperiert antifaschistische Käutner-film,In jenen Tagen‘zunächst volle Häuser. Dann war es vorbei. Wie abgeschnitten. Und der Film-theaterbesitzer meinte, es müsse sich herumgesprochen haben, daß der Streifen politisch’ sei. Das gibt zu denken. Zeigt es doch einmal mehr die im geistigen Sinne absolut reaktionäre Situation, in der wir uns heute noch befinden.“Dabei zeigt In jenen Tagen Deutsche lediglich als Opfer oder Helfer von Opfern, nicht als Täter — ein Umstand, der nicht zuletzt in der Begründung für die Prädikats-Verleihung „Besonders wertvoll“positiv hervorgehoben wurde: „Den beiden Drehbuchautoren, der Regie und den Schauspielern ist es tatsächlich gelungen, die verborgene Menschlichkeit jener Tage tröstlich ans Licht zu bringen […].“Filmblatt (undatiert), Deutsches Institut für Filmkunde, Frankfurt/Main, zitiert nach: Greffrath (Anm. 2), 161.

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  41. Siehe: Der deutsche Film ist zu entdecken. Eine Art Aufruf von Friedrich Luft. In: Hamburger Echo, 6.5.1947. Pikanterweise geriet wenige Jahre darauf ein von Friedrich Luft im Auftrag der dem amerikanischen Hochkommissars in Deutschland unterstellten Film Section produzierter Film, Es liegt an Dir, in den Verdacht, „kommunistische Einflüsse“aufzuweisen -jedenfalls in den Augen des Hamburger Polizeisenators Lothar Danner, der Kultursenator Landahl mit Schreiben vom 10.11.1951 berichtete: „Dieser Film […] ist eine geschickte Sammlung mit der Tendenz, dass aus wirtschaftlicher Not ein Ausweg in der Aufstellung nationalistischer Verbände mit anschliessender Wiederaufrüstung, die dann zum Krieg fuhrt, gesucht wird. Er entspricht vollständig der Argumentation des,ohne mich’ der KPD.“Danner bat den Kultursenator zu prüfen, „ob dieser Film etwa mit staatlicher Unterstützung oder Garantieleistung“gedreht worden sei. Vgl. StA HH, 363–6 I Kulturbehörde I, A 162 (unpag.).

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  42. Vgl. StA HH, 131–14 Verbindungsstelle zur Militärregierung, m 1 Bd. 9 (unpag.): Schreiben Brauer an Berry, 1.7.1948.

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  43. Vgl. hierzu und auch zum Folgenden Peter Stettner: Vom Trümmerfilm zur Traumfabrik. Die „Junge Film-Union“1947–1952. Eine Fallstudie zur westdeutschen Filmproduktion. Hildesheim-Zürich-New York 1992, 21–33; sowie Walter Pröhl: Anfänge der Hamburger Filmproduktion. In: Neues Hamburg IV. Hamburg 1949, 55–61, 59f. Die Unterstützung der JFU durch die Film Section beruhte v.a. auf den guten persönlichen Kontakten, die Rolf Meyer zu dem für die Kontrolle der Filmproduktion in der britischen Zone zuständigen George Dessauer und seinen Mitarbeitern pflegte; vgl. Greffrath (Anm. 2) 94–96.

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  44. Die Handlung ist schnell zusammengefasst: Familie Meier aus der Stadt tauscht mit ihren Verwandten vom Land für einige Zeit ihr Dasein, wobei beide die Nöte der Lebenssituation der jeweils Anderen kennen und besser verstehen lernen. Nachdem beide Familien wieder in ihrem gewohnten Umfeld sind, beschließen sie, einander künftig zu helfen. Am Ende stellt sich heraus: Die „Stadtmeiers“haben das ganze Szenario nur geträumt, da sie auf dem beschwerlichen Weg zu den ländlichen Verwandten vor Erschöpfung eingeschlafen sind.

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  45. Der Film wurde am 9.4.1948 im Palast-Theater in Hannover uraufgeführt, und zwar als Vorfilm zu einer weiteren Spielfilmproduktion der „Jungen Film-Union“, Wege im Zwielicht (Regie: Gustav Fröhlich), einem ebenfalls auf dem Hintergrund der Schwarzmarkt- und Kriegsheimkehrer-Problematik entwickelten Generationenporträt entwurzelter, heimatloser Jugendlicher. Zu Wege im Zwielicht vgl. Pleyer (Anm. 2), 108–112; sowie zeitgenössisch den Artikel: Das Bild unserer Jugend. In: Neue Film Welt 2 (1948), Heft 4, 12f.

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  46. Parallel zum Export britischer Dokumentarfilme nach Deutschland, für deren Entwicklung der im Januar 1947 als Film Adviser bei der ISC Branch, Vertreter des britischen Central Office of Information in Deutschland und als britischer Repräsentant von „Welt im Film“bestellte Dokumentarfilmregisseur Arthur Elton maßgeblich verantwortlich war, war im Spätsommer 1947 mit der Herstellung von Dokumentarfilmen durch deutsche Filmschaffende begonnen worden, die unter britischer Aufsicht standen. Dabei handelte es sich sowohl um Filme, die für ein deutsches Publikum produziert wurden, als auch um Filme für das Ausland, die über die Lage in Deutschland und über die Arbeit der Britischen Kontrollkommission informieren sollten; vgl. Clemens (Anm. 2), 180–182.

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  47. Vgl. hierzu Avi Shlaim: Britain, the Berlin Blockade and the Cold War. In: International Affairs 60 (1984), 1–14; sowie John Provan: Big Lift. Die Berliner Luftbrücke, 26. Juni 1948–30. September 1949. Bremen 1998, 106–129.

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  48. Vgl. Clemens (Anm. 2), 181.

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  49. So hatte Stegemann etwa an dem am 8.4.1938 in Wien uraufgefiihrten, mit dem Prädikat „staatspolitisch wertvoll“versehenen dokumentarischen Kompilationsfilm Die große Zeit (in Zusammenarbeit mit Carl Junghans und Hans Weidemann) mitgewirkt, der, als „ein Film vom Neubau des Reiches“(siehe: Film-Kurier, 6.4.1938) konzipiert, zur propagandistischen Unterstützung des „Anschlusses“Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 eingesetzt wurde. Für diesen Hinweis danke ich Thomas Tode (Hamburg).

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  50. Frank hatte beispielsweise als Co-Drehbuchautor an dem 1943 als Projekt der Tobis begonnenen Film Ein Rudel Wölfe (Regie: Gustav Ucicky) mitgewirkt, einer Huldigung an die angeblichen „Kardinaltugenden“deutscher U-Boot-Besatzungen im Zweiten Weltkrieg (Pflichterfüllung, Heldenmut und „seelische Größe“); vgl. Boguslaw Drewniak: Der deutsche Film 1938–1945. Ein Gesamtüberblick. Düsseldorf 1987, 386–387. Vgl. auch Wolfgang Frank: Die Wölfe und der Admiral. Hamburg 1953; sowie die vom Deutschen Marinebund e.V. erstellte Publikation: Dokumentation zur Zeitgeschichte: Großadmiral Karl Dönitz. Wilhelmshaven 1981, für deren redaktionelle Bearbeitung Frank verantwortlich zeichnete.

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  51. Frappierende Ähnlichkeit mit derartigen Schilderungen des Kalten Krieges weist etwa folgende Passage aus einem Erinnerungswerk an den letzten „heißen“Krieg (hier: die deutsche Westoffensive) auf, verfasst vom ehemaligen Kriegsberichter Georg Schmidt-Scheeder: Reporter der Hölle. Die Propaganda-Kompanien im 2. Weltkrieg. Erlebnis und Dokumentation. Stuttgart 1977, 131: „Die Kriegsmaschinerie war in Bewegung gekommen. Präzise wie ein Uhrwerk lief nun ab, was die Generalstäbler am Kartentisch berechnet hatten. Eine knappe Stunde später pendelten Pontonfahren über die Maas und setzten schwere Geschütze über.“(meine Hervorhebung, U.P.)

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  52. Siehe PRO, FO 1005/1856 [= FZH, F 3–12, Rolle 11]: No. 217, Appendix to German Morale Report No. 21.

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  53. Diesen Aspekt betonte z.B. der damalige Direktor der Staatlichen Landesbildstelle Hamburg: Fritz Kempe: Film. Technik — Gestaltung — Wirkung. Braunschweig 1958, 147f; zu Asylrecht, im Untertitel als Report on the REFUGEE SITUATION Jan. 1949 ausgewiesen, vgl. Peter Stettner: Flüchtlingsbilder im Dokumentarfilm. Geschichte und Geschichten 1948–1960. In: Geschichte in Bildern. Von der Miniatur bis zum Film als historische Quelle. Hg. von Irmgard Wilharm. Pfaffenweiler 1995, 129–155.

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  54. Ein weitaus größerer Erfolg war Rudolf Kipp übrigens mit seinem ebenfalls 1949 erstellten Film Hamburg glaubt an seine Zukunft beschieden, der im Vergleich zu Asylrecht viel besser in den Geist der Zeit und in das wunschgemäße Selbstbild der Hafenstadt passte, indem er aus dem „ungebrochenen Glauben“der Bewohnerinnen und Bewohner an sich selbst und an das — in Trümmern höchstens vorübergehend verschüttete — Potenzial der Wirtschaftsmacht der Stadt heraus den Wiederaufbau und Wiederaufstieg Hamburgs beschwörend porträtierte.

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  55. Interessanterweise ist für das Jahr 1953 eine Doppelaufführung von Asylrecht und dem bereits erwähnten Spielfilm Lang ist der Weg in München belegt, wobei sich diese Kombination in zeitgenössischer Perspektive aufgrund einer offenbar als solcher wahrgenommenen thematischen Überschneidung und engen Verwandtschaft des „moralischen Impetus“der beiden „an das Gewissen der Öffentlichkeit“appellierenden Porträts des Massenschicksals von Lagerbewohnern (deutsche Ostflüchtlinge einerseits und jüdische DPs andererseits) aufdrängte; vgl.: Appell an das Gewissen. In: Süddeutsche Zeitung, 12.12.1953, zitiert nach: Kugelmann (Anm. 35), 365.

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  56. Dies ist v.a. hinsichtlich der auf dem Bildungssektor getroffenen Maßnahmen zu konzedieren; vgl. hierzu Rolf Lutzebäck: Die Bildungspolitik der Britischen Militärregierung im Spannungsfeld zwischen „education“und „re-education“in ihrer Besatzungszone, insbesondere in Schleswig-Holstein und Hamburg in den Jahren 1945–47. 2 Teile (Europäische Hochschulschriften 11, 457). Frankfurt/ Main-Bem-New York-Paris 1991; sowie die verschiedenen Aufsätze in: The British in Germany (Anm. 14).

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  57. Vgl. etwa den Abschnitt „Filmstadt Hamburg“in der senatsofFiziellen Darstellung: Alles für Hamburg. Vom Wiederaufbau unserer Vaterstadt 1949–1953. Nach amtlichen Berichten im Auftrage des Hamburger Senats dargestellt von Erich Lüth, Direktor der Staatlichen Pressestelle. Hamburg o.J., 37f. So betont Lüth zwar die Bedeutung der Hamburger Filmproduktion in wirtschaftlicher, kultureller wie massenpsychologischer Hinsicht, benennt jedoch nur äußerst unpräzise Qualitätskriterien („guter“bzw. „schlechter“oder „tendenziöser“Film) bezüglich des erzieherischen Wertes von Spiel-, Kultur-und Dokumentarfilmen; ebd., 38.

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  58. Zu deren Aufbauphase vgl. etwa den Artikel: Wo stehen die Filmclubs? In: Die Neue Filmwoche 4 (1949), Nr. 14, 26.3.1949, 190.

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  59. Zu den Information bzw. Anglo-German Centres vgl. Miriam Phieler: „Die Brücke“. Aufbau und Arbeit der British Information Centres in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands 1946–1959. Magisterarbeit (Geschichtswissenschaft) Ms. Hamburg 1996; sowie George Murray: The British Contribution. In: The British in Germany (Anm. 14), 64–94, 89–94.

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Prehn, U. (2003). Vom „Tor zur Welt“ zum „Tor zur Demokratie“?. In: Hering, R., Nicolaysen, R. (eds) Lebendige Sozialgeschichte. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89787-9_31

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