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„... denn es war doch extra gesagt, daß mit diesen Sachen aufgeräumt werden müsse.“

Der Beitrag der deutschen Bevölkerung zur Verfolgung „Homosexueller“ während der NS-Zeit

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Zusammenfassung

Am Abend des 16. Juni 1938 wartete der 37-jährige Buchhändler Heinrich Erich Starke im Zimmer seines Freundes August Hünefeldt, wo sie sich verabredet hatten. Dessen Vermieterin hatte Starke in die Wohnung gelassen und ihm gesagt, Hünefeldt komme gleich. Hünefeldt, ein 70-jähriger Rentner, wohnte bei dem Fuhrunternehmer-Ehepaar Willi (* 1911) und Herta V. (* 1913) in einer Wohnung im Hamburger Zentrum zur Untermiete. Herta V. sperrte Starke im Zimmer ein und holte die Polizei, die Starke wegen Verdachts auf widernatürliche Unzucht mit zur Wache nahm. Das Ehepaar V. hatte Hünefeldt wochenlang durch das Oberlichtfenster beim Sex beobachtet und zwei Tage zuvor denunziert. Das Ehepaar konnte der Polizei so bis ins letzte Detail über Hünefeldts und auch Starkes Sexualleben Auskunft geben.

Der Aufsatz ist eine stark gekürzte und überarbeitete deutschsprachige Fassung von: Stefan Micheler: Homophobic Propaganda and the Denunciation of Same-sex Desiring Men under National Socialism. In: Journal of the History of Sexuality 11 (2002), Heft 1/2, 95–130.

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Literatur

  1. Der Aufsatz ist eine stark gekürzte und überarbeitete deutschsprachige Fassung von: Stefan Micheler: Homophobic Propaganda and the Denunciation of Same-sex Desiring Men under National Socialism. In: Journal of the History of Sexuality 11 (2002), Heft 1/2, 95–130.

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  2. StA HH (Staatsarchiv Hamburg), 213–11 Staatsanwaltschaft Landgericht — Strafsachen, Reponierungs-nummern (Rep.) 2905/37, 9467/38, 255/39.

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  3. Über die Auflösung der Verbände ist wenig bekannt. Vgl. hierzu und zu den Freundschaftsverbänden allgemein: Stefan Micheler: Kampf, Kontakt, Kultur. Die Freundschaftsverbände gleichgeschlechtlich begehrender Männer und Frauen in der Weimarer Republik in Norddeutschland. Ein Werkstattbericht. In: Querschnitt — Gender Studies. Ein interdisziplinärer Blick nicht nur auf Homosexualität. Hg. von Paul M. Hahlbohm und Till Huriin. Kiel 2001, 42–81.

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  4. Ein reichsweiter Überblick ist bisher ein Forschungsdesiderat; den ersten Vergleich verschiedener Großstädte liefern: Stefan Micheler/Jürgen K.Müller/Andreas Pretzel: Die Verfolgung homosexueller Männer in der NS-Zeit und ihre Kontinuität. Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Großstädten Berlin, Hamburg und Köln. In: Invertito. Jahrbuch für die Geschichte der Homosexualitäten 4 (2002), 8–51.

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  5. Hierauf hat zuerst Jellonnek in seiner Dissertation von 1990 hingewiesen: Burkhard Jellonnek: Homosexuelle unter dem Hakenkreuz. Die Verfolgung von Homosexuellen im Dritten Reich (Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart). Paderborn 1990, 327.

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  6. Oosterhuis hat diese These 1994 unterstrichen: Harry Oosterhuis: Reinheit und Verfolgung. Männerbünde, Homosexualität und Politik in Deutschland (1900–1945). In: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 5 (1994), 388–409 (fast gleich lautende englische Version: Medicine, Male Bonding and Homosexuality in Nazi Germany. In: Journal of Contemporary History 32 [1997], 187–205). Die empirische Grundlage für diese Feststellung hatten aber Lautmann, Grikschat und Schmidt bereits 1977 geliefert, die damit auch der Vorstellung eines „Homocaust“, die deutsche Schwulengruppen während der 1970er Jahre vertraten, eine Absage erteilten. Rüdiger Lautmann / Winfried Grikschat / Egbert Schmidt: Der rosa Winkel in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern. In: Seminar: Gesellschaft und Homosexualität. Hg. von Rüdiger Lautmann. Frankfurt/Main 1977, 325–365.

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  7. Da der Begriff „Homosexuelle“ fiir einen erheblichen Teil der von mir betrachteten gleichgeschlechtlich begehrenden und handelnden Männer eine Fremdzuschreibung und nicht die Selbstbeschreibung ist, verwende ich ihn apostrophiert. Der Begriff „Homosexuelle“ verweist grundsätzlich auf die Konstruktion der „homosexuellen Persönlichkeit“ im ausgehenden 19. Jahrhundert und ist damit keine ahistorische Kategorie. Nicht nur in Bezug auf die vorausgegangenen Epochen, sondern auch auf die folgenden ist es wissenschaftlich nicht korrekt, alle Männer, die Männer begehrten oder mit Männern Sex hatten, als „Homosexuelle“ zu betrachten. Wenn in den Quellen von „Homosexuellen” die Rede ist, waren in den allermeisten Fällen „homosexuelle Männer“ gemeint.

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  8. Meine Forschungen anhand Hamburger Strafjustizakten zeigen, dass viele männerbegehrende Männer verheiratet waren und auch Kinder hatten. In der Regel hatten diese Männer keine Identität als Homosexuelle.

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  9. Nach wie vor sind Untersuchungen über Männlichkeiten im nationalsozialistischen Regime rar. Grundlegende theoretische Arbeiten sind noch immer die Untersuchungen von George L. Mosse und Klaus Theweleit, wobei ich Theweleits Analysen zum Teil für homophob halte, weil er nicht korrekt zwischen männerbündischen Vorstellungen und homosexuellen Handlungen differenziert: Georg L. Mosse: Nationalism and sexuality. Respectability and abnormal sexuality in Modern Europe. New York 1985; ders.: The Image of Man. The Creation of Modern Masculinity. New York 1996;

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  10. Klaus Theweleit: Männerphantasien. 2 Bde. Reinbek bei Hamburg 1977.

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  11. Peter von Rönn: Politische und psychiatrische Homosexualitätskonstruktion im NS-Staat. Teil I: Die politische Genese des Homosexuellen als Staatsfeind. In: Zeitschrift für Sexualforschung 11 (1998), 99–129; Teil II: Die soziale Genese der Homosexualität als defizitäre Heterosexualität. In: Ebd., 220–260.

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  12. Lautmann / Grikschat / Schmidt (Anm. 5), 359.

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  13. S. u.a.: Robert Gellately: The Gestapo and German Society. Enforcing Racial Policy 1933–1945. Oxford 1990; Gisela Diewald-Kerkmann: Politische Denunziation im NS-Regime oder die kleine Macht der „Volksgenossen“. Bonn 1995.

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  14. Frei und Schmitz unterstrichen 1989, es habe während der gesamten nationalsozialistischen Herrschaft keine totale Presselenkung gegeben, aber auch kein Entziehen vom Einfluss des Nationalsozialismus. Norbert Frei / Johannes Schmitz: Journalismus im Dritten Reich. 3., überarbeitete Auflage. München 1999, 96 (zuerst 1989).

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  15. Die Ehe im neuen Staat. Schutz der Mutter. In: Hamburger Fremdenblatt, 17.4.1934 (Morgenausgabe), 2; Warum sie einmal Ja“ gesagt haben. Junge Ehepaare erklären die Gründe, die zur Ehe führen — Es gibt auch noch Romantik. In: Hamburger Fremdenblatt, 25.10.1934 (Morgenausgabe), 8; Jung-Hamburg heiratet. In: Hamburger Fremdenblatt, 1.11.1934 (Abendausgabe), 5. Die Propagierung der „Familie als Keimzelle“ findet sich auch in: Eröffnung der HJ-Ausstellung. In: Hamburger Fremdenblatt, 22.10.1934 (Morgenausgabe), 5.

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  16. Förderung von Frühehe und Kinderreichtum. In: Hamburger Nachrichten, 6.6.1937 (Morgenausgabe), 2.

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  17. Reichstagsrede von Adolf Hitler, 13.7.1934; abgedruckt in: Max Domanis: Hitler. Reden und Proklamationen 1932–1945. Kommentiert von einem deutschen Zeitgenossen. Teil I: Triumph 1932–1938. 4. Aufl. Leonberg 1988, 410–424 (zuerst 1962).

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  18. Z.B. in einer Rede von Propagandaminister Joseph Goebbels vom 29.5.1937: Deutschlands Antwort. In: Hamburger Nachrichten, 29.5.1937 (Abendausgabe), 1; Abrechnung: Dr. Goebbels spricht. In: Hamburger Nachrichten, 29.5.1937 (Abendausgabe), 2f. Vgl. Hans-Georg Stümke / Rudi Finkler: Rosa Winkel, Rosa Listen. Homosexuelle und „Gesundes Volksempfinden” von Auschwitz bis heute. Reinbek bei Hamburg 1981, 206.

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  19. Deutschland-Berichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Sopade) 1934–1940. Neu hg. von Klaus Behnken. Salzhausen-Frankfurt/Main 1980. Bd. 1 (1934), Juni/Juli 1934, 198f.; ebd., Bd. 1 (1934), Juli/August 1934, 2971, 309, 310 (Originalveröffentlichung hg. von Erich Rinner im Auftrag des Exilvorstandes der SPD. Prag-Paris 1934–1940).

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  20. Ebd., Bd. 1 (1934), Juni/Juli 1934, 210.

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  21. Z.B. StA HH, 213–11 Staatsanwaltschaft Landgericht — Strafsachen, Rep. L189/35, 709/39.

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  22. Z.B. Jellonnek (Anm. 5), 329.

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  23. Gegen die Sittenentartung. Strafprozesse im Bereiche des § 175. In: Hamburger Fremdenblatt, 26.8.1936 (Abendausgabe), 5; Der Durchgriff gegen Sittenentartung. In: Hamburger Fremdenblatt, 29.8.1936 (Abendausgabe), 5; Säuberungsaktion in Hamburg. Massenverhaftungen von Homosexuellen. In: Hamburger Nachrichten, 26.8.1936, 2; Der Kampf gegen die Homosexuellen. In: Hamburger Nachrichten, 30.8.1936, 6; Es wird durchgegriffen ... Im Kampf gegen die Homosexualität. In: Hamburger Anzeiger, 26.8.1936 (Erste Beilage), 1; Die Abrechnung mit der Homosexualität. In: Hamburger Anzeiger, 30.8.1936 (Erste Beilage), 1.

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  24. Es wird durchgegriffen ... Im Kampf gegen die Homosexualität. In: Hamburger Anzeiger, 26.8.1936 (Erste Beilage), 1.

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  25. Frei / Schmitz (Anm. 12), 97.

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  26. Günter Grau dokumentiert verschiedene Quellen, die dies unterstreichen, insbes.: Sonderrichtlinien. Die Bekämpfung gleichgeschlechtlicher Verfehlungen im Rahmen der Jugenderziehung. Hg. von der Reichsjugendfühning. Berlin, 1.6.1943. In Auszügen abgedruckt bei: Günter Grau (Hg.): Homosexualität in der NS-Zeit. Dokumente einer Diskriminierung und Verfolgung. Frankfurt/Main 1993, 294–299.

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  27. StA HH 213–11 Staatsanwaltschaft Landgericht — Strafsachen, Rep. 8393/36, Vortrag über Homosexualität beim Reichsarbeitsdienst, 1935 oder 1936 aus Anlass der Verhaftung eines ehemaligen Strichers; ebd., Rep. 7391/36, Schulung bei der HJ, 1935. Vgl. auch Bettina Ramm: Die Verfolgung der Homosexuellen in der Zeit des Nationalsozialismus, dargestellt am Beispiel Hamburgs. Magistra-Arbeit (Geschichtswissenschaft) Ms. Göttingen 1994, 90; Andreas Pretzel: „Als Homosexueller in Erscheinung getreten“. Anzeigen und Denunziationen. In: Andreas Pretzel / Gabriele Roßbach: „Wegen der zu erwartenden hohen Strafe... “. Homosexuellenverfolgung in Berlin 1933–1945. Hg. vom Kulturring in Berlin e.V. Berlin 2000, 18–42, 31.

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  28. Vgl. ebd., 22; Burkhard Jellonnek: Staatspolizeiliche Fahndungs- und Ermittlungsmethoden gegen Homosexuelle. Regionale Differenzen und Gemeinsamkeiten. In: Die Gestapo. Mythos und Realität. Hg. von Gerhard Paul und Michael Mallmann. Darmstadt 1995, 343–356, 350f.

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  29. Z.B. gibt es Hinweise auf Gerede in: St. Georg: StA HH, 213–11 Staatsanwaltschaft Landgericht -Strafsachen, Rep. 5885/39; Langenhorn: Rep. 7523/38; Jenfeld: Rep. 373/37; Bergedorf: Rep. 3101/37, 2111/37; Neuengamme: Rep. 10814/39; Altona: Rep. 1090/38; Ottensen: Rep. 10960/39; Harburg: Rep. 424/38; Barsbüttel: Rep. 7272/41.

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  30. Ebd., Rep. 467/39.

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  31. Ebd., Rep. 1138/36.

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  32. Ebd., Rep. 7573/37, 8451/38, 9828/38.

    Google Scholar 

  33. Ebd., Rep. 1224/37, 6001/38, 2298/42.

    Google Scholar 

  34. Ebd., Rep. 7435/37, 9942/38, 10531/39.

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  35. Ebd., Rep. 2524/35 (Lager), 2111/37 (SA), 7907/37 (NSDAP), 56/38 (NSDAP), 38/46 (HJ), Al 5955

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  36. (SA).

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  37. Ebd., Rep. 6376/37.

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  38. Das Verbrechen am Brunnenhof. War Krepp mit seinem Opfer allein? In: Hamburger Anzeiger, 12.6.1936 (Erste Beilage), 5.

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  39. Alle Privatpersonen, die nach dem 1.1.1911 geboren wurden und von denen kein Todesdatum überliefert ist, sowie solche, deren Lebensdaten unbekannt sind, wurden anonymisiert. Die genannten Abkürzungen der Nachnamen entsprechen nicht dem Initial des Nachnamens.

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  40. StA HH, 213–11 Staatsanwaltschaft Landgericht — Strafsachen, Rep. 7218/39.

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  41. Ebd., Rep. 2111/37.

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  42. Ebd., Rep. 2111/37.

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  43. Ebd., Rep. 373/37.

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  44. Ebd., Rep. 9180/36.

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  45. Gellately (Anm. 11), 138f.

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  46. Martin Broszat: Politische Denunziationen in der NS-Zeit. Aus Forschungserfahrungen im Staatsarchiv München. In: Archivalische Zeitschrift 73 (1977), 221–238, 223.

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  47. Zur Auseinandersetzung innerhalb der NS-Eliten, ob Denunziationen gefördert oder unterbunden werden sollten, s. Gisela Diewald-Kerkmann: Denunziantentum und Gestapo. Die freiwilligen „Helfer“ aus der Bevölkerung. In: Paul / Mallmann (Anm. 26), 288–305, 285–287; dies.: Politische Denunziation — eine „weibliche Domäne“? Der Anteil von Männern und Frauen unter Denunzianten und ihren Opfern. In: 1999 Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts 11 (1996), 11–35, 32; dies.: Politische Denunziationen im NS-Regime. Die kleine Macht der „Volksgenossen“. In: Denunziationen: historische, juristische und psychologische Aspekte. Hg. von Günter Jerouschek, Inge Marßolek und Hedwig Röckelein. Tübingen 1997, 146–156, 153; Gellately (Anm. 11), 139.

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  48. Pretzel/Rossbach (Anm. 25); Stefan Micheler /Moritz Terfloth: Homosexuelle Männer als Opfer des Nationalsozialismus in Hamburg (Materialien zur Geschichte gleichgeschlechtlichen Lebens in Hamburg 1). Hamburg 2002. Untersuchungen aus anderen Städten können wegen der geringeren Quellendichte nicht zum Vergleich herangezogen werden.

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  49. Fälle nach §§ 175, 175a StGB, in denen es zu einer Anzeige wegen sexueller Handlungen mit Kindern nach § 176 StGB kam, wurden zwar in der Gesamtzählung berücksichtigt, aber nicht zu den Denunziationen gezählt.

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  50. Es handelt sich hierbei für Hamburg um eine statistisch valide Einschätzung, da aufgrund der Lücken in der Überlieferung ein Verfolgen der Ermittlungsgründe und eine statistische Erhebung nicht möglich sind.

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  51. Burkhard Jellonnek kam hingegen 1995 zu dem Ergebnis, es seien überproportional viele Frauen gewesen, die gleichgeschlechtlich begehrende Männer denunziert hätten. Jellonnek: Staatspolizeiliche Fahndungs- und Ermittlungsmethoden (Anm. 26), 350. Frank Sparing wies 1997 diese Behauptung für den Düsseldorfer Aktenbestand, der auch von Jellonnek herangezogen worden war, zurück und kritisierte Jellonneks Methoden. Frank Sparing: „...wegen Vergehen nach § 175 verhaftet.“ Die Verfolgung der Düsseldorfer Homosexuellen während des Nationalsozialismus. Düsseldorf 1997, 128. Die Behauptung, insbesondere Frauen hätten im Nationalsozialismus denunziert, ist nach Gisela Diewald-Kerkmann ein Klischee der Forschung zum Denunziantinnen- und Denunziantentum im Nationalsozialismus. Belege für den angeblichen Denunziationseifer von Frauen seien in der (männerdominierten) Forschung nie angeführt worden, ihre eigenen Untersuchungen zeigen, dass es zum weit überwiegenden Teil Männer waren, die denunzierten. Diewald-Kerkmann: Politische Denunziation — eine „weibliche Domäne“? (Anm. 44), 14. Vgl. auch: Katrin Dördelmann: Denunziationen im Nationalsozialismus. Geschlechtsspezifische Aspekte. In: Jerouschek / Marßolek / Röckelein (Anm. 44), 157–167.

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  52. U.a. StA HH, 213–11 Staatsanwaltschaft Landgericht — Strafsachen, Rep. 3549/38, 724/39, 7101/41 (Denunziation durch Vermieterinnen und Vermieter); 8842/37, 3454/38, 5327/39 (Denunziation durch Mitbewohner).

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  53. Ebd., Rep. 5353/41.

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  54. Weitere Fälle von Denunziationen aus der Nachbarschaft: Ebd., Rep. 3185/35, 5688/36, 7394/36, 196/37, 424/38, 1029/38, 1090/38, 467/39, 6355/41. Denunziation durch die Belegschaft eines gegenüberliegenden Geschäfts: Ebd., Rep. 7942/37. Anonyme Anzeigen aus der Nachbarschaft: Ebd., Rep. 1033/38, 10251/38.

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  55. Ebd., Rep. 9210/37.

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  56. Z.B. ebd., Rep. 323/38, 456/38, 7192/41, 2298/42, 3496/44.

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  57. Z.B. ebd., Rep. 2033/38, 7893/38 (Strichjungen), 8938/38.

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  58. Ebd., Rep. 8011/38.

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  59. Z.B. ebd., Rep. 8530/38, 719/39, 5854/41, 6081/41.

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  60. Z.B. ebd., Rep. 371/38, 9942/38.

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  61. Z.B. in: Ebd., Rep. 675/36, 1383/36, 1684/43.

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  62. Vgl. zu den Denunziationen im Logierhaus Concordia: Ramm (Anm. 25), 91.

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  63. Z.B. StA HH, 213–11 Staatsanwaltschaft Landgericht — Strafsachen, Rep. 7184/38, 367/39.

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  64. Ebd., Rep. 5718/41.

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  65. Ebd., Rep. 1033/38, Anonymer Brief an die Gestapo, o.D., gestempelt am 13.10.1937.

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  66. Ebd., Rep. 467/39, Aussage von Elisabeth Cohrs bei der Kriminalpolizei, Abt. K 24, 27.4.1938.

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  67. Ebd., Rep. L189/35, Aussage von Else N. bei der Kriminalpolizei, Abt. F 31, 10.7.1934. Welche Rede von Rudolf Heß hier gemeint ist, konnte bisher nicht eindeutig ermittelt werden. Möglicherweise handelt es sich um eine Rede vom 18.4.1934, in der Heß dazu aufrief, Personen, die nicht in die Partei gehörten, zu benennen. Vgl. Gellately (Anm. 11), 139. Es ist aber auch nicht unwahrscheinlich, dass Frau N. eine Stellungnahme Heß’ zum „Röhm-Putsch“ vom 6.7.1934 meinte. S. Heß und Lutze über die SA. In: Hamburger Fremdenblatt, 7.7.1934 (Abendausgabe), 2.

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  68. StA HH, 213–11 Staatsanwaltschaft Landgericht — Strafsachen, Rep. 4536/40.

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  69. Ebd., Rep. 5310/41.

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  70. Ebd., Rep. 6512/41.

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  71. Zu Falschdenunziationen in Berlin vgl.: Pretzel (Anm. 25), 28f.

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  72. Zur Verfolgung frauenbegehrender Frauen siehe insbesondere: Claudia Schoppmann: Zur Situation lesbischer Frauen in derNS-Zeit. In: Grau (Anm. 24), 35–42; dies.: Nationalsozialistische Sexualpolitik und weibliche Homosexualität. 2., überarbeitete Auflage. Pfaffenweiler 1997 (zuerst 1991), dort zum Stigma „Asozialität“, 260f; dies.: Verbotene Verhältnisse. Frauenliebe 1938–1945. Berlin 1999.

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  73. StA HH, 213–11 Staatsanwaltschaft Landgericht — Strafsachen, Rep. 6776/41, Anonymer Brief an die Kripo, 28.4.1941.

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  74. Ebd., Rep. 2448/42.

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  75. Ebd., Rep. 2336/43.

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  76. Ebd., Rep. 7979/38.

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  77. Siehe u.a. Günter Jerouschek / Inge Marßolek / Hedwig Röckelein: Denunziation — ein interdisziplinäres Forschungsfeld. In: Dies. (Anm. 44), 9–25, 17.

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  78. Adolf Seefeld hatte als wandernder Uhrmacher oder „Landstreicher“ in einem Zeitraum von mehreren Jahren im nordostdeutschen Raum vermutlich über dreißig Jungen im Alter von vier bis elf Jahren nach Sexualhandlungen mittels eines betäubenden Giftes ermordet und ihre Leichen in Waldstücken verborgen. Seefeld wurde aufgrund einer Indizienbeweisfuhrung und von Zeugenaussagen, die als schlüssig anzusehen sind, vom Schweriner Landgericht im Februar 1936 wegen Mordes in zwölf Fällen zum Tode verurteilt und soll angeblich kurz vor seiner Hinrichtung im Mai 1936 ein Geständnis abgelegt haben, in dem er weitere Morde zugab.

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  79. StA HH, 213–11 Staatsanwaltschaft Landgericht — Strafsachen, Rep. 6993/36, Bericht der Gerichtshilfe für Erwachsene, 17.3.1936.

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  80. Ebd., Rep. 2632/38.

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  81. Falschdenunziation: Ebd., Rep. 5242/37.

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  82. Ebd., Rep. 1366/41; vgl. Ramm (Anm. 25), 89.

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  83. Gellately (Anm. 11), 136; Diewald-Kerkmann: Denunziantentum (Anm. 44), 302; dies.: Politische Denunziation (Anm. 44), 150.

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  84. Gellately (Anm. 11), 132f.; Diewald-Kerkmann: Denunziantentum (Anm. 44), 302.

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  85. Diewald-Kerkmann: Politische Denunziation — eine „weibliche Domäne“? (Anm. 44), 32.

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  86. Pretzel (Anm. 25), 22, 27. Jürgen Müller führt für Köln allerdings drei Fälle an, in denen die Denunziationen auf persönliche Motive zurückgehen. Vgl. Jürgen Müller: Die alltägliche Angst. Denunziation als Instrument zur Ausschaltung Mißliebiger. In: Cornelia Limpricht / Jürgen Müller / Nina Oxenius (Hg.): „Verführte“ Männer. Das Leben der Kölner Homosexuellen im Dritten Reich. Köln 1991,96–103.

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  87. Vgl. Gellately (Anm. 11), 165.

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  88. Eric A. Johnson: Nazi Terror. The Gestapo, Jews, and ordinary Germans. London 2000, 484 (zuerst New York 1999).

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  89. StA HH, 213–11 Staatsanwaltschaft Landgericht — Strafsachen, Rep. 4985/38, Brief von Oskar Kertscher an die Hamburger Staatsanwaltschaft, 29.4.1949. Für den Hinweis danke ich Moritz Terfloth, Hamburg.

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Micheler, S. (2003). „... denn es war doch extra gesagt, daß mit diesen Sachen aufgeräumt werden müsse.“. In: Hering, R., Nicolaysen, R. (eds) Lebendige Sozialgeschichte. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89787-9_26

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