Zusammenfassung
Coulton Waugh, selbst Comic-Praktiker, war einer der ersten, der vor nun fast dreiβig Jahren mit The Comics ein Standardwerk über die Comics schuf, und er wies als einer der ersten auf die Möglichkeiten der bunten Bilderhefte als Unterrichtshilfsmittel hin. Er verschwieg keineswegs, daβ er die witzigen Figuren den maskierten Superhelden vorzog. Doch er war ein Rufer in der Wüste, den man allenfalls im religiösen Bereich und bei den „Illustrierten Klassikern“ erhörte. Für den Alltagsgebrauch war es sehr viel bequemer, den etwa um diese Zeit aufkommenden und immer schriller werdenden Klagen über die Comics zuzustimmen. Auch in Deutschland griff man gerne die in Amerika aufgekommenen Vorurteile auf, indem man Frederic Werthams Argumente ungeprüft übernahm.2 Inzwischen ist man zu der Ansicht gekommen, daβ „Werthams Argumente unwissenschaftlich, widersprüchlich und irreführend“ sind.3 Die Vorurteile aber sind geblieben und verursachen bei Erwachsenen wie Kindern das hinlänglich bekannte schlechte Gewissen, das in zahlreichen Untersuchungen seinen Niederschlag findet, sei es in Fragestellungen, sei es in Antworten, die das Bemühen erkennen lassen, es dem Frager recht zu machen.4 Es scheint, um mit Otto Hesse-Quack zu sprechen, „daβ aus der in unserer Gesellschaft vorfindbaren, grundsätzlich autoritären Einstellung gegenüber Kindern das Vorurteil gegenüber der Comic-Lektüre recht eigentlich entspringt. Eine solche Einstellung fragt nicht danach, was ein Kind will, sie ordnet an, was Erwachsene für zuträglich halten. Im günstigsten Fall versucht sie, das qua Machtentscheid dekretiert Gute dem Kind durch freundliche Überredung und mit Tricks beizubringen“.5 Trotz der vorhandenen Vorurteile konnten jedoch Comicbefürworter im Gefolge von Coulton Waugh über die Jahrzehnte hin Boden gutmachen. Mit der Gewöhnung an und Ausbreitung von Comics kam die mehr oder weniger begeisterte oder resignierende Hinnahme und die pädagogisch wie ideologisch manchmal bedenklich zähneknirschende Beschäftigung mit Comics. Aber auch die Massenmedien griffen auf Stilelemente der Comics zurück, vor allem in den Bereichen der Werbung, die sich die bildhafte Einprägsamkeit und die Verschmelzung von Wort und Bild in den Comics zunutze machten. Der Bekanntheitsgrad beliebter Comicserien wurde noch starker als früher (und zum Teil noch schamloser) ausgenutzt. In manchen Fällen wurde der gegenseitige Werbenutzen zusehends forciert, nachdem Comicmacher wie Werber Erfolge verzeichnet hatten. So machte etwa die ohnehin gut vermarktete Marvel Comics Group in Variety, dem Fachblatt des Showbusiness, mit einer ganzseitigen Anzeige auf ihr riesiges Werbepotential aufmerksam.6
„Möglicherweise können sich Comic Books, wie wir gesehen haben, als die natürlichste, einfluβreichste Form des Unterrichtens erweisen, die der Mensch kennt. Sie mögen Sprachbarrieren überspringen und eine zersplitterte Welt einen helfen. Auch wenn man den Wert solcher Leistungen zugibt, wären sie doch allein schon gerechtfertigt, wenn sie unsere unbezahlbare nationale Kunst des Humors lebendig erhalten.“
Coulton Waugh, 19471
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© 1977 Leske Verlag + Budrich GmbH, Opladen
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Fuchs, W.J. (1977). Anwendungsgebiete und Einsatzmöglichkeiten von Comics. In: Fuchs, W.J. (eds) Comics. Schriftenreihe des Institut Jugend Film Fernsehen, vol 1. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89768-8_17
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