Zusammenfassung
Weinrichs Theorie der Bildfelder zieht die Konsequenz aus dem Dilemma der linguistischen Metaphorologie; er nimmt die Metaphern (jedenfalls die meisten Metaphern) in das Sprachsystem auf. Diese Theorie scheint mir allen noch so ambitionierten Versuchen der Texttheorie in mehrfacher Hinsicht weit überlegen1. Leider wird sie kaum rezipiert und noch weniger diskutiert. Indem sie eine Unterscheidung zwischen Metaphern einführt, die mit den Bildfeldern einer Sprache potentiell gegeben sind und solchen, die radikal neu sind, erreicht sie eine wesentliche Reduktion der Problemstellung (4.1 und 4.2). Metaphern werden von der Bildfeldtheorie nicht isoliert betrachtet, sondern im Verbund mit anderen Metaphern. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, jenen eigenartigen Denkzwang, der von Metaphern ausgeht, zu beschreiben (4.4). Schließlich sind Bildfelder Charakteristika für eine Kultur, so daß die Theorie einen Beitrag zu einer historischen Metaphorologie liefert, die sich selber einer historischen Semantik eingliedert (4.5).
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Literatur
Vgl. die kurze Darstellung texttheoretischer Ansätze bei Nieraad 1977, 70ff.
So bezeichnet er den für Metaphern typischen Verstoß gegen die Determinationserwartung.
Vgl. Blumenberg 1960, 38. Dieses Argument wurde innerhalb der Metaphorologie zuerst von Rothacker gegen Curtius’ toposgeschichtliche Untersuchungen vorgebracht; vgl. Rothacker 1979, 11, Perpeet 1979, 9.
Black hält seine Vulkanmetaphorik allerdings selber nicht konsequent durch und spricht auch von einer “künstlichen Wiederbelebung” von Metaphern. Das Adjektiv “ruhend” verbindet die Vulkanmetaphorik mit der entsprechenden Klassifizierung in tote, schlafende und lebendige Metaphern.
Er könnte dann nicht parallel zu ihr die “Konterdeterminationstheorie” vertreten.
Beardsleys Metapherntheorie kann als Versuch in dieser Richtung gedeutet werden. Er bemerkt den Unterschied zwischen Klischee-Metaphern (“die Sonne lacht”) und wirklich aktiven Metaphern (1962, 131). Um solche erklären zu können, führt er das “Feld potentieller Konnotationen” (130) eines Wortes ein. Wörter bezeichnen Dinge, Dinge haben Eigenschaften und diesen akzidentellen Eigenschaften entsprechen die Konnotationen, die Beardsley zu einer Menge zusammenfaßt. “Zu einem gegebenen Zeitpunkt in der Geschichte des Wortes wird jedoch vielleicht nicht von allen diesen Eigenschaften Gebrauch gemacht” (130); einige “liegen sozusagen in der Beschaffenheit der Dinge versteckt und warten auf Aktualisierung” (131). Es ist klar, wie jetzt neue Metaphern erklärt werden: Wenn dem Hörer ein Ausdruck in einem Zusammenhang begegnet, der sinnvolle Rede erwarten läßt und wenn zwischen der Hauptbedeutung dieses Ausdrucks und dem Kontext ein Widerspruch besteht (129), dann ist er aufgefordert, “ihn sinnvoll zu machen” (133), indem er eine Verschiebung von der Hauptbedeutung zu einigen Nebenbedeutungen aus dem Feld potentieller Konnotationen vornimmt (129 und 132f). “Wir können dann sa(Forts.) gen, daß die Metapher eine (...) Eigenschaft in eine Bedeutung verwandelt.... Auf diese Weise würden die Metaphern nicht nur eine potentielle Konnotation aktualisieren, sondern sie sogar zu einer Hauptkonnotation machen” (133).- Damit aber sind neue Metaphern nicht neu; sie sind angelegt in jenem seit Urzeiten vorhandenen Feld potentieller Konnotationen und warten nur darauf, aufgerufen zu werden: das Neue ist nur das bisher noch nicht benötigte. 7 Sartre sagt dies über Foucaults “Die Ordnung der Dinge”.
Den zu Ende gedachten Strukturalismus, den Castoriadis kritisiert, kann man auf weite Strecken mit der Philosophie des Tractatus vergleichen, während Castoriadis in seiner Kritik den späten Wittgenstein, ohne ihn zu erwähnen, aufnimmt und fortführt.
Mitteilung in einer Vorlesung über Systemtheorie 1983.
Jede Theorie, die Metaphern als implizite Vergleiche betrachtet, gerät hier in Schwierigkeiten, denn Bacon referiert implizit auf das Bauen und auf die veredelnde Tätigkeit eines Gärtners; trotzdem haben wir keine Schwierigkeit, die Äußerung zu verstehen und empfinden die Nebeneinanderstellung der Metaphern auch nicht als “Stilbruch”.
Man achte auf die Differenz zwischen Sehen und Sprechen: Heisenberg sieht etwas, hat aber keine Worte dafür, um es zu beschreiben, d.h. genauer: um es zu denken. — Hier liegt der Ursprung jenes speziellen Kantianismus, den Bachelard auf die neue Physik hin entwickelte.
Ich zitiere aus Bachelard 1971 wie folgt: Jahreszahl der Erstveröffentlichung E, Seitenzahl; der Text erscheint dann nicht noch einmal im Literaturverzeichnis.
Rorty richtet sich speziell gegen M. Dummet.
Diese Stelle wird auch von Blumenberg in seinem Buch über die Schiffsmetaphorik interpretiert, vgl. 1979, 73f.
Ich muß fairerweise anmerken, daß Krüger hier in Parenthese formuliert. Er selbst versucht “Eroberung” und “Revolution”-zusammenzudenken, um den Gefahren der Inkommensurabilität der Theorien zu entgehen.
Vgl. Bornscheuer 1976; insbesondere: “Vier Strukturmomente eines allgemeinen Topos-Begriffs (Habitualität, Potentialitat, Intentionalität, Symbolizität)”, 91–108. Für alle Momente lassen sich direkte Entsprechungen für Bildfelder gewinnen. Das hat Künzli in seiner Habilitation aus dem Jahre 1983 ausgeführt (vgl. Künzli 1985, 362f); obwohl mir die Arbeit nicht — zugänglich war, stelle ich den Zusammenhang nicht nochmals dar.
Nur zwei Jahre nach Weinrich betonte Black die Notwendigkeit, Metaphern im Zusammenhang zu studieren, in seiner wichtigen Arbeit I960. Black wählte die etwas irreführende Bezeichnung “Archetypus” für solche Konstellationen von Metaphern und grundlegenden Ideen, die Ricoeur durch die treffendere Bezeichnung “Metaphernnetz” ersetzte (1975s 307).
Neben dem linguistischen Metaphernbegriff des letzten Kapitels und dem nächsten ist dies ein dritter, eigenständiger Metaphernbegriff, an den ich im zweiten Teil dieser Arbeit anknüpfe.
Natürlich gibt es auch vollständig ausgemalte Bilder: “Zwar hat auch die Stadt wie die Sprache ihre Gasröhren, die ein vergiftetes Licht in alle Kammern treiben, die Bleiröhren, die ein verseuchtes Wasser in alle Küchen liefern, die Kanäle, die den Unrat der Millionen in schöner Symmetrie zu dem oberirdischen Leben munter unter der Erde weiterplätschern lassen nach neuen Gebieten der kommenden Menschheit, den Rieselfeldern” (Mauthner 1901/02, I, 27).
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Schöffel, G. (1987). Die Theorie der Bildfelder. In: Denken in Metaphern. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89755-8_5
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