Zusammenfassung
Wenn man Menschen beim gemeinsamen Fernsehen beobachtet, kann man feststellen, daß sie in der Regel nicht schweigend nebeneinander sitzen und gebannt auf den Bildschirm starren, sondern daß sie reden — über das Geschehen im Fernsehen, aber auch über ganz andere Dinge: über den Blumenstrauß auf dem Tisch, über die neue Polstergarnitur, über den nächsten Urlaub. Es gibt keine thematischen Beschränkungen.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Auch nach der Rezeption unterhält man sich immer wieder über Medienereignisse. Ausführlich werden diese sekundären Thematisierungen’ u.a. beschrieben von Keppler (1993 und 1994a); Ulmer/Bergmann (1993).
Auch in den Cultural Studies wird, allerdings unter anderen Gesichtspunkten, die Rezeption im Rahmen von Gruppen untersucht (vgl. z.B. Morley (1980), Fiske (1987)).
Als ‚Fernsehakteure‘ bezeichnen wir alle Handelnden im Fernsehen.
Ausführlich vgl. Abschn. 3.2.4 bzw. Kap. 4.
Krotz (1996, 55) unterscheidet zwischen ‚sozialem Handeln‘ als ‚Zedeutung tragendes und auf Bedeutung sich beziehendes Handeln“und kommunikativem Handeln‘ „wenn Bedeutungsvermittlung an andere dabei bewußt angestrebt wird.“ Wir sehen allerdings Absicht, Wille und Bewußtsein nicht als notwendige Kriterien für Handeln an (Holly/Kühn/Püschel 1984) und sprechen dann von kommunikativem Handeln, wenn Bedeutungen kontrollierbar vermittelt und ausgetauscht werden.
genaue Klärung des Begriffs s.u.
Auf diese „Sonderform“wird ausführlich eingegangen in Kap. 4. Wir betrachten sie hier nur am Rande.
„bläken“ist ein regionaler Ausdruck für „schreien“.
Genaugenommen ist damit jedoch nur eine Seite des Ausstellungsbesuchs beschrieben. Gleichzeitig nehmen wir natürlich die anderen Besucher wahr, die sich, ebenso wie wir, durch den Raum und an uns vorbei bewegen. Nicht selten werden auch diese thematisiert.
Zum Begriff des Rahmens vgl. Goffman (1974/1993)
siehe auch Rölz (1979, 219)
Wenn wir im folgenden zwischen ‚kognitiv‘ und ‚emotional‘ trennen, so handelt es sich um eine analytische Trennung im Sinne einer durchschaubaren Systematik. Näheres s.u.
vgl. z.B. die Zusammenfassung bei Salmon (1986), Besnier (1994) oder Caffi/Janney (1994, 343–348)
vgl. z.B. Mikos (1994)
„personal participation in communication is evidenced cognitively, in information processing, and affectively, in emotional reactions to the message.“(Perse 1990, 18)
Wir sprechen hier von Tätigkeiten, die das Spektrum des Beobachtens im weiten Sinne umfaßt. Es handelt sich um Wahrnehmungs-, Denk- und Gefühlsakte, denen Sprechhandlungen entsprechen können (wie in unseren Beispielen), aber nicht müssen.
Zur Wirklichkeitskonstruktion vgl. ausführlich Kap. 9
Zu Gattungen und Gattungswissen aus Zuschauersicht vgl. auch Rusch (1994).
Stuart Hall (1980/1996) unterscheidet drei ‚Lesarten‘ eines (Fernseh)textes: die Vorzugslesart (‚preferred reading‘), eine ausgehandelte Lesart (‚negotiated reading‘) und eine oppositionelle Lesart (‚oppositional reading‘) Weiter ausgebaut, kritisch hinterfragt und an empirischem Material verdeutlicht wird dieses Konzept u.a. bei David Morley (1980), Ien Ang (1985), John Fiske (1987, 62–83) und (1992). Dabei zeigt sich das Interesse der Rezeptionsforschung im Umkreis der Cultural Studies an oppositionellen Lesarten — zum Beispiel von Frauengruppen, Fangemeinschaften oder Subkulturen (vgl. Tulloch (1990, 210–242); Winter (1995, 127–213) oder Vogelgesang 1991)) Wie Morley (1997, 10) bemerkt, darf diese durchaus notwendige Konzentration auf die „semiologische Guerilla“(Eco 1985) jedoch nicht dazu führen, „die vermeintliche ‚Kreativität‘des Publikums unkritisch zu feiern.“Zur Kritik an Halls Dreiteilung vgl. auch Winter (1995).
vgl. u.a. Fröhlich 1992; Bommert 1995
Fröhlich (1992) beschreibt, inwiefern die Wahrnehmung bereits durch Erwartungen gesteuert wird (‚selektive Wahrnehmung‘, ‚selektive Aufmerksamkeit‘). Daß Erwartungen, ‚Vorurteile‘ eine Grundlage des Verstehens bilden, hat die Hermeneutik immer wieder betont (Gadamer 1965, 255ff.) Mit dem Begriff des ‚hermeneutischen Zirkels‘ will sie diesen Verstehensprozeß erklären: „Wer einen Text verstehen will, vollzieht immer ein Entwerfen. Er wirft sich einen Sinn des Ganzen voraus, sobald sich ein erster Sinn im Text zeigt. Ein solcher zeigt sich wiederum nur, weil man den Text mit gewissen Erwartungen auf einen bestimmten Sinn hin liest.“ebd., 251) So gelangt man in „konzentrischen Kreisen“(ebd., 275) zu einem immer komplexeren Verstehen. Man kann auch — mit einer alten hermeneutischen Metapher (Künne 1983, 196) — von „Stufen des Verstehens“sprechen.
Vorausgesetzt natürlich das Fernsehen ist die Haupttätigkeit. Bei einem „fernsehbegleiteten Gespräch“ließe sich eher die Tätigkeit Fernsehen als Nebenkommunikation beschreiben. Von fernsehbegleitendem Sprechen zum fernsehbegleiteten Gespräch bzw. zu einer anderen durch Fernsehen begleiteten Tätigkeit (z.B. Kochen oder Bügeln) gibt es einen fließenden Übergang. Vgl. dazu auch die Ausführungen zur ‚weichen Kopplung‘ in Abschn. 3.2.2 und bei Spangenberg (1995).
Etwa von der Arbeitsgruppe Braunschweig (1983) und Baurmann u.a. (1981). Dabei versteht man in der Regel unter Nebenkommunikation „alle nichtlehrzielorientierten Interaktionen von Lehrern und Schülern im Unterricht“(Arbeitsgruppe 1983, 103)
Daß man die Teilnahme-Rollen noch genauer systematisieren muß, verdeutlicht Levinson (1988).
Eine Ausnahme bilden nicht-ratifizierte Zuschauer (z.B. Kinder), die Programme sehen, die nicht für sie gemacht sind. Diese nicht-ratifizierten Zuschauer haben den Status von Lauschern.
Allerdings handelt es sich zum Teil nur scheinbar um eine Mehrfachadressierung. Ausf. Kap. 4
Ausführlichere Beschreibungen findet man zum Beispiel bei Hickethier (1995) und bei Holly (1996). Die „spezifische Form der Anordnung des Mediums innerhalb eines […] Kommunikationsprozesses“bezeichnet Hickethier in Anlehnung an Foucault und Baudry als ‚Dispositiv‘ (1993, 172).
Grundlegend zu formalen Unterschieden zwischen Medien vgl. Charlton/Neumann (1990, 61–72), zum Fernsehen auch Mikos (1994, 45ff.)
Zum Konzept des „television flow“, vgl. neben Williams (1974/1990) auch Wulff (1995), der davon ausgeht, daß Fernsehen nicht nur als ‚flow‘ präsentiert, sondern auch als ‚flow‘rezipiert wird.
Ausführlich auch Baldauf (1999)
Mikos(1987)
Ruth Ayaß hat bereits darauf hingewiesen, daß sowohl Fernsehakteur als auch Rezipient sozial handeln. „Das Fehlen ‚echter‘ Reziprozität im massenmedialen Kommunikationsprozeß und die Etablierung situativer und kommunikativer Elemente, die eine scheinbare Reziprozität herstellen, macht dieses Handeln zu einem scheinbar interaktiven Handeln“— man könnte also, so Ayaß (1993, 36), höchstens von „para-interaktiv“sprechen. Von einer „Parakommunikation“spricht auch Friedrich Krotz (1996, 56ff.)
Sowohl ‚Pseudokommunikation‘ als auch ‚Parainteraktion‘ möchten wir nicht als wertend verstanden wissen. Es wird etwas simuliert, aber diese Simulation ist von jedem jederzeit prinzipiell leicht durchschaubar. Sie ist keinesfalls notwendig ein Symptom für die Vereinsamung vor dem Fernsehapparat und nicht unbedingt Ersatz für zwischenmenschliche Interaktion. 34 z.B. Vorderer (1996); Gleich/Burst (1996), Vorderer/Knobloch (1996), Wulff (1996)
Michail M.Bakhtin (1979, 195) beschreibt als ‚hybride Konstruktion‘ eine Äußerung, „die ihren grammatischen (syntaktischen) und kompositorischen Merkmalen nach zu einem einzigen Sprecher gehört, in der sich in Wirklichkeit aber zwei Äußerungen, zwei Redeweisen, zwei Stile, zwei ‚Sprachen‘, zwei Horizonte von Sinn und Wertung vermischen.“
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 2001 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Holly, W., Baldauf, H. (2001). Grundlagen des fernsehbegleitenden Sprechens. In: Holly, W., Püschel, U., Bergmann, J. (eds) Der sprechende Zuschauer. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89599-8_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-89599-8_3
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-13696-7
Online ISBN: 978-3-322-89599-8
eBook Packages: Springer Book Archive