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Zum Bewußtsein von Frauen zwischen Erwerbs- und Familienarbeit

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Karriere oder Kochtopf?
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Zusammenfassung

Die Leerstellen sozialwissenschaftlicher Forschung und Theoriebildung in Sachen Frauen und Themen, die sich grundlegend der weiblichen Sozialisation und spezifischen Lage und Rolle der Frau annehmen, werden neuerdings zunehmend als dringend zu bearbeitende Problemfelder identifiziert. Angesichts zahlreicher wissenschaftlicher Aktivitäten der allerdings noch jungen Frauenforschung1 in der BRD könnte angenommen werden, daß sich diese Lücken schließen. Ein kurzer Rückblick auf die Versäumnisse soll i. F. verdeutlichen, wie erheblich die Defizite sind. Sie verweisen darauf, welch lange Tradition das wissenschaftliche Vorbeidenken an Frauen hat und wie fest auch hier ideologische Zuschreibungen von Geschlechtsspezifika etabliert sind. Deren Relativierung und Überwindung ist nicht im ersten Anlauf zu bewerkstelligen. Die sozialwissenschaftlichen Disziplinen verfügen über eine nahezu ungebrochene kognitive wie soziale Identität gegenüber Frauen, deren Lage sie als Problem einer gesellschaftlichen Randgruppe begreifen. Ihr wesentliches Merkmal, so die verbreitete These, sei eine defizitäre Sozialisation. Dies Verständnis führt dazu, daß — z.B. im Bildungssektor — Konzepte der „Nachhilfe“ für Frauen entworfen werden. Die neue Frauenbewegung, die in einem beträchtlichen Umfang Aktivitäten als Frauenbildungsbewegung entfaltet2, begegnet dieser Haltung mit Skepsis und Vorbehalt. Emanzipation sei nicht mit der Angleichung des weiblichen an den männlichen Sozialcharakter und an dessen Kompetenzen und Haltungen erreicht.

Sittenstrolche

„Von welchen Interessen leiten wir unsere Sittlichkeit ab, wenn der Kampf gegen die Unterdrücker und Ausbeuter entschieden ist? Kunze antwortete wider Erwarten: Vom Kampf gegen die Unterdrücker, die wir selber sind. — Wie das? fragte Hinze. — Einige Glückliche, fuhr Kunze fort, versuchten, statt überhaupt noch nach Interessen zu fragen, nun endlich eine allgemein verwendbare Moral auszufertigen, 10 sozialistische Gebote. Das war natürlich voreilig, so große Fehler brauchen Zeit. Es stellte sich heraus, daß wir mehr Unterdrückung zu furchten haben als die eine, und viel mehr zu gewinnen als den einen Kampf. Sehn wir aus wie Leute, die auf der ganzen Linie gesiegt haben? Freilich, wenn wir nicht kämpften, wie sollten wir dann eine Sittlichkeit haben. Dann brauchten wir keine; zufriedne Sittenstrolche.“

(Volker Braun 1983: Berichte von Hinze und Kunze, Leipzig)

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Anmerkungen

  1. Zu den Versuchen, feministisches und sozialistisches Gedankengut zur Emanzipation der Frau zusammenzubinden, vgl. die Veröffentlichungen der Argument-Frauenredaktion Berlin seit 1982.

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  2. Ebenda. Aber dieses Verhalten scheint sich nur schichtspezifisch in einem bestimmten Ausschnitt von Gesellschaft abzuspielen. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes weisen für den Bevölkerungsdurchschnitt ein Ansteigen der Ehedauer bis zur Geburt des 2. Kindes aus, vgl. Statistisches Bundesamt 1983, S. 27.

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  3. Ulrike Prokop 1976: Weiblicher Lebenszusammenhang. Von der Beschränktheit der Strategien und der Unangemessenheit der Wünsche, Frankfurt/Main, S. 48; vgl. Helge Pross 1975: Die Wirklichkeit der Hausfrau, Reinbek und A. Wagnerova 1976: Mutter — Kind — Beruf, Reinbek, S. 98.

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  4. Mädchen 1982. Eine repräsentative Untersuchung über die Lebenssituation von Mädchen in der BRD, durchgeführt vom Deutschen Jugendinstitut München im Auftrag der Zeitschrift Brigitte, Hamburg; vgl. auch Janssen/Packmohr 1981, S. 140.

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  5. M.M. Ferree 1982: Hausarbeit und Erwerbsarbeit. Neue Entwicklungen in der amerikanischen Frauenforschung. In: Sektion „Frauenforschung“, S. 88.

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  6. Becker-Schmidt 1982: Lebenserfahrung und Fabrikarbeit, psycho-soziale Bedeutungsdi-mensionen industrieller Tätigkeit. In: Materialien zu Industriesoziologie, Sonderheft 24 der KZfSS, hrsg. von König u. a., S. 301.

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Milz, H. (1984). Zum Bewußtsein von Frauen zwischen Erwerbs- und Familienarbeit. In: Karriere oder Kochtopf?. Jahrbuch für Sozialökonomie und Gesellschaftstheorie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89400-7_9

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