Zusammenfassung
Es war von der zur Zeit sehr intensiven Diskussion um die theoretische Fundierung und um die Fachgeschichte der Germanistik die Rede. Ohne Zweifel wird diese Diskussion weitgehend auf dem dafür notwendig hohen Qualitätsniveau geführt. Vor allem die wissenschaftshistorischen Untersuchungen zeigen dies. Denn, wenn auch nicht immer verwirklicht, so besteht in der Wissenschaft Germanistik doch ein selbstverständlicher Anspruch, die Selbstbestimmung und Selbstbesinnung des Faches nach den Regeln des Forschungszusammenhangs vorzunehmen. Im Gegensatz zur systematischen Qualität der Fachdiskussion gehen über die Qualität der germanistischen Hochschullehre jedoch weitgehend immer noch die abenteuerlichsten Legenden, vorzugsweise des Inhalts, es sei entweder alles oder nichts in Ordnung. Extreme Standpunkte dieser Art lassen im allgemeinen auf drei Defizite schließen:
-
1.
Die einfachen und eindeutigen Anspruchshaltungen, Beurteilungen und Zurücknahmen können dem Problem, um das es geht, nicht unbedingt gerecht werden. Die Problemstellung ist eigentlich gar nicht klar, weil das Problemfeld nicht eindeutig abgegrenzt ist; ‘Reformansätze’ greifen daher notwendig zu kurz oder greifen am falschen Ort ein.
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2.
Je nach Perspektive und Interessenlage werden Positionen gesucht und gefunden, die die eigene Rolle bestätigen. Das Selbstverständnis und die Motivation der Beteiligten sind nicht hinreichend deutlich und damit nicht der Reflexion zugänglich; ‘Reformansätze’ greifen nicht, weil vorher nicht die richtige Problematisierungs- bzw. Handlungsebene lokalisiert werden konnte.
-
3.
Wirkliche Analyse-, Einordnungs- und Bearbeitungsmöglichkeiten fehlen: das Problem ist zwar erkannt, aber nicht analytisch untersucht, systematisch durchdacht, demnach noch nicht als wissenschaftliches erschlossen. Wirkungen von ‘Reformansätzen’ sind weder plan- noch steuerbar, sondern zufällig.
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Literatur
Vgl. Bogdal, Klaus-Michael (Hrsg.): Neue Literaturtheorien in der Praxis. Textanalysen von Kafkas ‘Vor dem Gesetz’. Opladen 1993.
Kafka, Franz: Der Proceß (Auszug aus dem Kapitel ‘Im Dom’). Hrsg. v. Malcolm Pasley, Frankfurt/M. 1990, S. 292–294.
Witte, Bernd: „Das Gericht, das Gesetz, die Schrift. Über die Grenzen der Hermeneutik am Beispiel von Kafkas Türhüter-Legende“. In: Bogdal, Neue Literaturtheorien in der Praxis, a.a.O., S. 94–114, hier S. 96 1990
Kafka, a.a.O., S. 294–295
Ebd. S. 295–297
Ebd. S. 300–301
Ebd. S. 301–302
Ebd. S. 302
Kafka, Franz: Der Proceß (Auszug aus dem Kapitel ‘Im Dom’). Hrsg. v. Malcolm Pasley, Frankfurt/M. 1990, S. 302 Ebd.
Hiebel, Hans H.: „‘Später!’ — Poststrukturalistische Lektüre der ‘Legende’ Vor dem Gesetz“. In: Bogdal, Neue Literaturtheorien in der Praxis, 1990 a.a.O., S. 18–42. S. 19
Vgl. Ebd. S. 19
Ebd. S. 20
Ebd. S. 21
Ebd. S. 31
Kafka, a.a.O., S. 293–294.
Hiebel, a.a.O., S. 37–38
Hiebel, Hans H.: „‘Später!’ — Poststrukturalistische Lektüre der ‘Legende’ Vor dem Gesetz“. In: Bogdal, Neue Literaturtheorien in der Praxis, 1990 Ebd. S. 39
a.a.O., S. 43–63, hier S. 47
Vgl. dazu auch Hermsdorf, Klaus: „Land und Stadt. Soziotopographische Aspekte in Franz Kafkas ‘Vor dem Gesetz’“. In: Bogdal, Neue Literaturtheorien in der Praxis, 1990 a.a.O., S. 83–93, hier S. 84
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Welbers, U. (1998). Literarische Problemanalyse: Aporien des traditionellen Lehrverständnisses. In: Die Lehre neu verstehen — die Wissenschaft neu denken. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89085-6_2
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-13237-2
Online ISBN: 978-3-322-89085-6
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