Zusammenfassung
„Der Forschungsstand im Bereich Öffentlichkeit und öffentliche Meinung erweist sich als unbefriedigend. Es gibt ein Defizit an theorierelevantem empirischen Wissen.“ Mit diesen Worten leitete Friedhelm Neidhardt 1990 eine kleine Broschüre ein, in der die ersten empirischen Projekte der Abteilung „Öffentlichkeit und soziale Bewegung“ des Wissenschaftszentrums Berlin beschrieben wurden. Neidhardt ist 1988 zum Direktor dieser neugegründeten Abteilung des Wissenschaftszentrums berufen worden und leitet diesen Forschungsbereich seit diesem Zeitpunkt. Es ist sicherlich mit sein Verdienst, daß Forschungen zum Thema Öffentlichkeit auf die Agenda soziologischer Bemühungen kamen und das beschriebene Defizit in den letzten Jahren, wenn auch nicht behoben, so doch abgebaut wurde (vgl. Neidhardt 1994; 1994a; 1995; 1996). Dabei standen von allem Anfang an die politischen Funktionen von Öffentlichkeit im Fokus seiner Analysen. Und wie häufig in den Arbeiten von Neidhardt, spielten Fragen der Rationalität und die Suche nach Gütekriterien zur Beurteilung von Strukturen öffentlicher Kommunikation eine gewichtige Rolle: Wer soll eigentlich öffentlich kommunizieren? Welche Strukturen erhöhen die Selbstkontrolle medialer Kommunikation? Gibt es Möglichkeiten der Validierung des öffentlich Gesagten, und welches sind die Bedingungen dafür, daß öffentliche Kommunikation nicht zu einer Agitationsöffentlichkeit verkommt? Diese und andere normative Fragen dienen ihm als Problemaufhängung zur Formulierung von Forschungsfragen.
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Gerhards, J. (1999). Wie responsiv sind die Massenmedien?. In: Gerhards, J., Hitzler, R. (eds) Eigenwilligkeit und Rationalität sozialer Prozesse. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89004-7_9
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