Zusammenfassung
Nachdem im vorangehenden Kapitel die Hauptmerkmale möglicher Metatheorien der generativen Linguistik herausgearbeitet worden sind, ergibt sich als nächster Schritt folgendes Problem: Wie lassen sich die unter These (Tl)(a)-(d) zusammengefaßten sehr allgemeinen Merkmale dahingehend spezifizieren, daß ein bestimmter metatheoretischer Apparat entsteht, der adäquate Mittel zur Lösung von (A) liefert? Da das interne Verhältnis zwischen theoretischer Linguistik und ihrer Metatheorie nur gewisse Möglichkeiten eröffnete, aber keinen spezifischen Untersuchungsrahmen bereitstellen konnte, muß die Lösung des in diesem Kapitel zu behandelnden Problems durch unabhängige Argumente ermittelt werden, die außerhalb dieses Verhältnisses liegen.
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Literatur
Z.B. Hansson (1979), Gärdenfors (1980), Stegmüller (1983), Achinstein (1983).
Die ausführliche Argumentation für diese Annahme findet sich in Kertész (1988) — sie soll hier nicht wiederholt werden.
Quine (1969), Komblith (Hrsg.) (1985), Giere (1985), Brown (1988).
Bloor (1976, 1982, 1983, 1988), Barnes (1977, 1982, 1985), Barnes — Bloor (1982), Gellaüy, (1980, 1988), Hesse (1988, 1988a), Nola (1990), McCarthy (1988) Hollis — Lukes (Hrsg.) (1982), McMullin (Hrsg.) (1988) Brown (Hrsg.) (1984), Hronszky (Hrsg.) (1988), Stud. Hist. Phil. Sci. 36/4(1982).
Vgl. dazu auch u.a. folgende Deklarationen:...there seems to be no non-arbitrary standard of minimal scientific correctness based on some particular subset of methodological values (Achinstein 1983: 192); The main thesis is that the study of science must itself be a science (Giere 1985: 355); In a very orthodox way I have said: only proceed as the other sciences proceed and all will be well (Bloor 1976: 141). Andersartige Argumente für eine ähnliche Beurteilung der heutigen Wissenschaftstheorie finden sich auch in Kantorovich (1988) und Ginev — Polikarov (1988).
Auch ohne weitere Hinweise auf die Details ist leicht einzusehen, daß im Prinzip alle drei Ansätze den im Kapitel 1 ermittelten Anforderungen der Einzel wissenschaftlichkeit, der nicht-monistischen Beschaffenheit und der Intradisziplinarität Genüge tun. Weniger direkt ergibt sich aus dem Gesagten die Konstruktivität der drei Theorien. Wie aber Kantorovich überzeugend nachgewiesen hat, impliziert das Merkmal der Einzel wissenschaftlichkeit einer Wissenschaftstheorie eindeutig deren Konstruktivität (Kantorovich 1988). Die Probleme der wissenschaftstheoretischen Konstruktivität werden wir im Kapitel 6 ausführlicher diskutieren.
Für eine detailliertere Begründung dieser Schlußfolgerung s. u.a. Hesse (1980, 1982, 1988), Gellatly (1980, 1988), Fehér (1984, 1986, 1988); die Diskussionen, die dabei auszuwerten sind, finden sich etwa in Hollis-Lukes(Hrsg.) (1982), Stud. Phil. Hist. Sci. 36/4 (1982), Brown (Hrsg.) (1984), Hronszkyet.al. (Hrsg.) (1988), McMullin (Hrsg.)(1988), Hesse (1988, 1988b), McCarthy (1988), Nola (1990).
Diese Interpretation der Diskussionen weist auch darauf hin, daß man mit Fehér (1984, 1986, 1988) eine echte Grundlagenkrise in der Wissenschaftstheorie annehmen und das Starke Programm als einen Kandidat für ein neues Paradigma ansehen könnte, obwohl, zugegeben, die hier angeführten Argumente nicht stark genug sind und die Bewertung der Situation keinesfalls eindeutig ist. Wenn diese Frage im vorliegenden Rahmen auch nicht zufriedenstellend beantwortet werden kann, so zeugen die Fakten doch zumindest davon, daß, falls die Grundideen des Starken Programms mit den Eigentümlichkeiten generativ-grammatischer Sprachforschung überhaupt verträglich sein sollten, die auf Bloors Ansatz aufgebaute Metathorie der Linguistik sich auf jeden Fall in die Haupttendenz der Entwicklung wissenschaftstheoretischen Denkens einordnen ließe.
Es ist zu bemerken, daß das skeptische Paradoxon nicht nur syntaktische Regeln betrifft, sondern Regeln im allgemeinen, so auch Bedeutungen und Begriffe (was unter diesen auch immer zu verstehen sei). Siehe dazu Stegmüller (1986). Wenn wir im folgenden ein Argument, in Anlehnung an die jeweilige Sprechweise Wittgensteins, unter Hinweis auf eine dieser Erscheinungen ausführen, so bezieht sich die Konklusion auch auf die beiden anderen.
Auf diese Differenziertheit von Wittgensteins Mentalismus weist, in einem anderen Zusammenhang, auch Bloor hin. Vgl. Bloor (1983).
Für eine ausführlichere Darstellung dieser zwei Positionen s. Kertész (1990b).
In diesem Kapitel werden die Begriffe “Konvention” und “Übereinstimmung” jeweils auf das Wittgensteinsche Werk bezogen und als Synonyme verwendet. Dies steht in Enklang mit der hier ausgewerteten Literatur wie etwa Bloor (1983) oder Walker (1985). Eine Präzisierung von “Konvention” wird sich, im TM-modularen Rahmen, im Abschnitt 2.5 ergeben.
Vgl. z.B. Bloor (1982: 271); für ein typisches Zitat s. Abschnitt 2.5 Daß diese Interpretation, die vor allem Lukes und Laudan propagieren, auf einem Mißverständnis beruht, wird auch in Hesse (1982) explizit hervorgehoben.
Unter welchen Bedingungen Kenntnisse soziologisch zu erklären sind, hängt von dem jeweiligen Verhaltensbereich ab. Es ist beispielsweise in einer generativistisch geprägten TO-modularen theoretischen Linguistik anzunehmen, daß die Sprachfähigkeit als biologische Gegebenheit durch soziale Institutionen nicht erklärbar ist (Bierwisch 1989). In einer möglichen TM-modularen Wissenschaftstheorie erscheint hingegen die Hypothese als plausibel, daß wissenschaftliche Erkenntnis in einem bedeutenderen Maße durch soziale Institutionen bedingt ist, wenn auch nicht ausschließlich durch diese.
Dieses Resultat ist zugleich eine implizite Kritik der im Abschnitt 2.3.2 mehrmals erwähnten Schlußfolgerungen von Grewendorf (1985) und Grewendorf — Hamm — Sternefeld (1987), weil der Kontrast zwischen der Galileischen und der analytischen Methode nicht vereinbar ist mit der Integration der durch diese erzielten Ergebnisse innerhalb einer modularen theoretischen Linguistik.
Natürlich lassen sich weder über die physiologische noch über die genetische Repräsentanz von sprachlichen, konzeptuellen oder Interaktions-Uni Versalien zur Zeit irgendwelche konkreten Vermutungen anstellen. Bierwisch (1981: 73)
Vgl. etwa Bierwisch (1981), Fodor (1983), Jackendoff (1983), Pylyshin (1984), Garfield (Hrsg.) (1987), Berwick — Weinberg (1984), Marr (1982), Müller (1987), Lang (1985, 1987), Grewendorf — Hamm — Sternefeld (1987), Fanselow — Felix (1987) usw.
Typisch in dieser Hinsicht ist etwa Laudans Vorwurf: Typically, the argument runs like this: ‘Science is a social activity, therefore it is best understood and explained in sociological terms.’... The fact that science is a social phenomenon, the fact that scientists are trained by a society, manifestly does not warrant the claim that all or most parts of science are best understood using the tools of sociology. Only if science were exclusively a social phenomenon would the social character of science support the claim that sociology is the best tool for its study. The fact of the matter is that science is a multifaced process. One could as well say that science is a psychological phenomenon (considering, for instance, the role of cognition and perception in it) and thus should be studied primarily by psychologists. Equally it is an economic and political activity. Alternatively, science is a goal-directed activity and is thus legitimately in the sphere of decision theory and operations research. Insofar as science is carried out by human animals it is presumably a biological activity. The point is that science can be legitimately studied in a variety of ways. We come closer to its essence if we say that science is a human rather than a social activity and that in its turn means that all the various sciences of man are potentially relevant. Laudan (1984: 66–67)
(2)(a) und (b) werden in Bierwisch (1981) als definitorische Eigenschaften von “Traditionszuständen” betrachtet. Der dort ausgeführte Gedankengang steht mit unserem — teilweise anders motivierten — Ergebnis insofern in Einklang, als Bierwisch den Begriff der Konvention letzten Endes auf den des Traditionszustandes reduziert.
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© 1991 Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden
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Kertész, A. (1991). Probleme des Untersuchungsrahmens II: Wissenssoziologie. In: Die Modularität der Wissenschaft. Wissenschaftstheorie Wissenschaft und Philosophie. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88967-6_4
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