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Part of the book series: Wissenschaftstheorie Wissenschaft und Philosophie ((WWP,volume 13))

Zusammenfassung

In den Jahren 1960/61, als Kuhn Mitglied des philosophischen Instituts der Universität Kalifornien in Berkeley war, hatte ich die Gelegenheit, mit ihm über verschiedene Aspekte der Wissenschaft Gespräche zu führen. Ich habe von diesen Diskussionen eine Unmenge gelernt, und ich sehe die Wissenschaft seither in einem völlig neuen Licht. Aber während ich Kuhns Probleme zu erkennen glaubte, und während ich versuchte, gewisse Aspekte der Wissenschaft zu verstehen, auf die er verwiesen hatte (Beispiel: die Allgegenwart von Anomalien), war es mir ganz unmöglich, seine Wissenschaftstheorie zu akzeptieren. Und die allgemeine Ideologie, die meiner Ansicht nach den Hintergrund seiner Überlegungen bildete, schien mir noch größeren Einwänden ausgesetzt. Diese Ideologie, so glaubte ich, war nicht mehr und nicht weniger als die Grundlage für ein eingebildetes und kurzsichtiges Spezialistentum. Den Fortschritt des Wissens würde sie hemmen, und sie würde auch jene antihumanitären Tendenzen stärken, die ein so beunruhigender Zug der nachnewtonschen Naturwissenschaft sind. In allen diesen Punkten blieben meine Diskussionen mit Kuhn ergebnislos. Mehrmals unterbrach er eine lange Predigt von mir mit dem Hinweis, daß ich ihn mißverstanden hätte, oder daß unsere Ansichten einander näher stünden, als ich es hätte erscheinen lassen. Wenn ich nun heute an unsere damaligen Debatten zurückdenke, so scheint es mir, daß ich mit meinen Zweifeln nicht völlig im Irrtum war. Meine Ansicht wird erhärtet durch den Umstand, daß so gut wie alle Leser von Kuhns Struktur das Werk in ähnlicher Weise verstehen und daß gewisse Tendenzen in der modernen Soziologie und Psychologie das Ergebnis genau dieser Interpretation sind. Ich hoffe also, daß mir Kuhn verzeihen wird, wenn ich unsere alten Debatten wieder aufwärme, und daß er es mir nicht übelnehmen wird, wenn ich mich in meinem Versuch zur Kürze gelegentlich etwas schroff ausdrücke.

„Seit Jahren schon hänge ich Leute auf, aber einen solchen Radau hab’ ich noch nie erlebt!“ (Bemerkung Edward ‘Lefty’ Miltons, des ‘Erhebenden’, Scharfrichters auf Halbtagsdauer von Rhodesien, anläßlich von Kundgebungen gegen die Todesstrafe. „Es war ihm von Berufs wegen unmöglich, die Aufregung zu verstehen“ schreibt das Time Magazine vom 15. März 1968.

Eine frühere Fassung dieses Essays erchien als Beitrag zum Symposium Criticism and the Growth of knowledge ed. by Imre Lakatos and Alan Musgrave, Braunschweig 1974) Inch habe den Aufsatz zum Teil umgeschrieben und um eine Diskussion der Geschichte des Problems der Inkommensurabilität vermehrt.

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Literatur

  1. Vgl. Kuhn, ‘The Function of Dogma in Scientific Research’ in Alistair Crombie (ed.) Scien¬tific Change, London 1967, 357

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  2. Popper, ‘Facts, Standards, and Truth: a further criticism of relativism’, Addendum 1 der vierten Auflage von The Open Society and Its Enemies Bd. ii (1962), 390

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  3. Why did Copernicus supersede Ptolemy?’ in R. Westman (ed.) The Copernican Achievement, Berkeley and Los Angeles 1975

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  4. W. Hanfmann, American Journal for Archaeology, Vol. 61, 74

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© 1978 Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig

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Feyerabend, P.K. (1978). Kuhns Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. In: Der wissenschaftstheoretische Realismus und die Autorität der Wissenschaften. Wissenschaftstheorie Wissenschaft und Philosophie, vol 13. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88829-7_14

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-88829-7_14

  • Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag

  • Print ISBN: 978-3-528-08411-0

  • Online ISBN: 978-3-322-88829-7

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